Jennifer Dautermann, Mitarbeiterin
bei WOMEX (der ‘World Music Expo’) und Projektmanagerin von Classical:NEXT war
beim Aufbau der neuen Plattform für Fachleute klassischer Musik am gut
ausgestatteten und leicht überschaubaren Münchener Kulturzentrum Gasteig, sehr erfolgreich.
Der lang überfällige Auftakt des ersten Forums der klassischen Musik gewidmet ,
fand vom 30. Mai bis zum 2. Juni statt und war Veranstaltungsort für Live- und
Video-Vorzeigeprojekte, Konferenz-Sessions und Präsentationen von führenden
Fachleuten aus der Presse und den Musikinstitutionen, wie der ‘Carnegie Hall’
und der Bayrischen Staatsoper.
Das Forum präsentierte auch anhand von leicht
zugänglichen Messeständen die internationale Musikindustrie, die von der
Allgegenwärtigkeit des großen Naxos Teams dominiert wurde.
Wichtig war die Anwesenheit von
Klaus Heymann, dem eminenten in Hongkong ansässigen Gründer von Naxos und Selfmademan,
der dieses Forum dazu erkor, das 25jährige Jubiläum in der Rolle als größter
Vertreiber klassischer Musik zu feiern.
Das allein mag zum Teil dazu
beigetragen haben, dass viele Labels, die von Naxos vertrieben werden, mit großem
Engagement an Classical:NEXT teilnahmen. Naxos hat
immer wieder bewiesen, dass es über einen innovativen, unternehmerischen Ansatz
und eine Voraussicht verfügt, die mit großen Projekten, wie der Naxos
Bibliothek, Triumphe erzielen. Ihnen ist es gelungen, Kultur und Kommerz zu
verknüpfen und auf eindrucksvolle Art ihre Entwicklung von einer Low-Budget-Unternehmensgründung
zu einem weltweit führenden Unternehmen, mit dem zu rechnen ist, zu
demonstrieren.
Zu schade war es daher, das die
großzügige Geste der Einladung zu ihrer Jubiläums-Feier vom Veranstalter nicht genügend publik gemacht
wurde und so nicht jederman wusste, dass die Party für alle Teilnehmer von Classical:NEXT gedacht war.
Was eine wohl wertgeschätzte Gelegenheit für alle Anwesenden gewesen wäre soziale
Kontakte zu knüpfen und auch das anschliessende, von Naxos gesponserte Konzert
zu geniessen, wurde so nur von einer begrenzten Anzahl wahrgenommen.
Klaus Heymann sagte darüber :“Wir hätten
viel mehr Leute bei der Party und dem anschließenden Konzert haben können und
es war bedauerlich, dass der Veranstalter beides nicht besser publik gemacht hat.
Unter verbesserten Umständen,werden wir aber wieder gerne im nächsten Jahr hinter
einer Veranstaltung stehen.“
Schlielich war es die Vertrautheit der
Welt der Klassik, die jeden für diese neue Veranstaltung zusammen gebracht
hatte, in der es die Nähe ist, die in einer scheinbar kleinen, miteinander
verknüpften Musikwelt für bessere Partner sorgt.
Bis jetzt musste klassische Musik
bei internationalen Messen wie Cannes Midem (Marché International du Disque et
de l'Edition Musicale) die Bühne und das Marketing-Geschäft mit anderen Genres teilen.
Darüber wurde zwar jahrelang
gesprochen, aber im letzten Jahr wurde nun, dank der Initiative von CLASS
(Association of Classical Independents in Germany), die sich zwecks der
erforderlichen finanziellen Unterstützung mit dem Kulturreferat der
Landeshauptstadt München zusammengetan hatte, ein eigenes Forum für klassische Musik auf die
Beine gestellt. Und es war wunderbar zu sehen, wie überwältigend positiv auf
der Messe die Resonanz der Branche war.
Das Forum stand ganz im Zeichen der
klassischen Musik – und legte starkes
Gewicht auf die besonderen Herausforderungen, dem sich das Genre gegenübersieht,
wie auch darauf, Lösungsmöglichkeiten aufzuzeigen. Wer wäre besser in der Lage diese
Belange anzusprechen als die Branche selbst, die sich sehr darum bemüht, klassische
Musik im Mainstream beizubehalten? Und so kam es auch, dass alle Bereiche
aktiven Anteil nahmen und gestärkt aus dem Forum herauskamen.
Wie es der Titel des Forums
andeutet, waren die Gesprächsthemen, die die meisten Vorträge beherrschten, an den
zukünftigen Aussichten im Bereich klassischer Musik orientiert – ihren
Formaten, ihrer Präsentation und dem Marketing, wie auch den Anstrengungen, das
Publikum vermehrt einzubeziehen und differenziert anzusprechen.
Einheitlich angesprochen wurde die
Notewendingkeit neue Plattformen und
Strategien zu finden, um neue Zuhörer einzubinden, wobei es auffällig wurde, wie
unterschiedlich die Ansätze und Einstellungen bzgl. der Frage waren, was der
Industrie diese Veränderungen liefern
könnte. Als ein Beispiel:(Foto links-James Jolly)
begrüßte James Jolly (Pressefoto
links), der Chefredakteur bei Gramophone, voll und ganz die Anwesenheit von
Musikjournalisten im Internet, die nicht von einer Redaktion zensiert werden
und “Amateure im besten Sinne des Wortes sind.”
Umgekehrt wurde der Ansatz von
Oliver Condy, dem Herausgeber des BBC Musik Magazins, schlichtweg von der Hand
gewiesen, der, angesichts einer rapide abnehmenden Anzahl von
Redaktionsmitgliedern innerhalb der Printmedien zu diesem Thema eine recht verengte Ansicht präsentierte. Carsten
Dürer, der Chefredakteur von ‘PIANOnews & ENSEMBLE’, positionierte sich
irgendwo in der Mitte. Foto: Oliver Condy ‘BBC Magazine’
Es gab interessante
Marktforschungsvorträge zur Frage, wie soziale Medien zu Marketingzwecken
genutzt werden könnten, wie auch eine Auskundschaftung von vergleichsweise
neuen Finanzierungsmöglichkeiten, wie zum Beispiel das originelle Projekt ‘Open
Goldberg Variations’, das durch sogenanntes „Crowd-funding“ durch Kickstarter finanziert wird. Während in diesem Fall sich die Initiative auf
eine substantielle Summe bezifferte und das Projekt tatsächlich auf
erfinderische Weise Nutzen aus der Vorstellung, eine ’Community’ durch soziale
Medien zu errichten, zog, stellt dieses immer noch eher einen außergewöhnlichen
Erfolg, statt die Regel dar.
Obwohl jedes Forum nach jedem Vortrag
Fragen zuließ, hätte es allerdings viel dynamischer sein können, hätte es eine
einbeziehendere Sitzanordnung gegeben und wäre ein längerer zeitlicher Rahmen für
eine wirklich interaktive Diskussion angesetzt worden.
Aber unbekümmert dessen reichten die meisten Vorträge (und es gab viele) vom
Informativen bis zum Inspirierenden, besonders dann, wenn
sie einige der wirklich neuen Entwicklungen im Herzen unserer Industrie
angingen, wie die klassische Club-Kultur, präsentiert von Christian Kellerman
von ‘Universal Music Classics &Jazz’, dessen Initiative, ein jüngeres
Publikum in dessen gewohnter Musikklub-Umgebung anzusprechen, bereits aus dem
Jahr 2001 stammt (Polygram- Jazz Label in
Hamburg). Er förderte Universals ’Yellow Lounge, die in jüngster Zeit
mehr Anhänger in ganz Europa gefunden hat und deren ‘New York Franchise’ diesen
Monat ins Leben gerufen wird. Diesem verwandt und durch die gegenwärtige
Musikszene inspiriert, hat Dauterman von Classical:NEXT selbst C3, ein
zeitgenössisches Festival, das klassische Gegenwartsmusik in die Clubs bringt,
im Jahre 2009 in die Wege geleitet.
Es war interessant zu beobachten,
dass auf einem Gebiet, das oftmals als schwerfällig angesehen
wird, es die innovativen Konzepte sind, die unglaublich
an Dynamik gewonnen haben.
Es stand eine bereite Palette neuer
Musik mit Live – und Video- Darbietungen zum Angebot. Die Entscheidung für die
Auswahl, die laut Aussage von Dautermann (genannt im „Internationales
Kunstmanagment“) “ein breites Spektrum an Repertoire und Ansätzen” darstellte, war
aus rund 100 Bewerbungen von einer Jury getroffen worden, um Kontakte junger Künstler zu potentiellen
Managern von Künstlern, Moderatoren und
Journalisten zu erleichtern. Nachdem ich mich auf Deutsch und Englisch mit Rebecca
Schmidt, einer der Jurymitglieder und derzeit Berlin–Korrespondentin von ‘Musical
America' unterhalten hatte, war ich mir sicher, dass diese Auswahl sich in
guten Händen befand.
Die Tatsache, dass die Zeitvorgaben
für die Vorzeigeprojekte sich zeitweise mit anderen im Programm überschnitten
machte es allerdings zuweilen schwierig, so viele zu besuchen, wie man wollte,
was etwas enttäuschend war.
Unter denjenigen, bei denen es mir
gelang, sie zu erwischen und die ich mochte, waren die junge Pianistin und
Komponistin (http://www.sedaroeder.com/) Seda Röder, die John Cage und eine ihrer eigenen Kompositionen spielte
(ein Folgeartikel mit der Künstlerin ist vorgesehen); wie auch der Pianist und
Komponist Moritz Eggert, (Foto von Mara Eggert), der mit noch mehr Cage in der Abschluss Session Eindruck machte und die Jahrhundertfeier des
Meisters würdigte. Das junge Orchester Jakobsplatz München, dessen konzeptionelle
Präsentation jüdischer Komponisten in einem “lebendigen” Kontext - im Gegensatz
zu ihrem üblichen Schwerpunkt, dem Holocaust oder sogenannter “entarteter
Kunst” - erschien mir als eine erfrischende Art,
neue Musik und neues jüdisches Leben in Deutschland mit Begeisterung anzunehmen.
Eine breite Perspektive von
Informationsflüssen wurde auch von teilnehmenden Institutionen geboten, wie den
IAMIC (International Association of Music Information Centers), einem weltweiten
Netzwerk von Organisationen, die Musik dokumentieren und fördern von dem ich
noch nie zuvor gehört hatte.
Nicht zuletzt wurden bei
Classical:NEXT einige der letzten Verbesserungen in der Tontechnik vorgestellt,
wie auch viele neue Wege, Daten zu sammeln und Musikbibliotheken, die besonders
auf das klassische Genre ausgerichtet sind, neu zu organisieren.
Hinter ‘MusiCHI’ verbirgt sich der ehemalige Wall Street IT Experte Phillippe Watel.
(http://www.facebook.com/pages/MusiCHI-Suite-Music-software-organizer-jukebox-for-classical-and-jazz)
Noch nicht für Apple-Nutzer zur
Verfügung stehend, bietet das innovative Software Paket Benutzern von PCs ein
gigantisches Qualitäts- Archivierungs–System, das gesammelte Dateien (einschließlich
selbst importierter CDs der eigenen Sammlung) in eine leicht abrufbare Sammlung
mit überlegenen Anwendungsbereichen organisiert
– mit verschiedenen Kategorien und Abrufoptionen – als derzeit durch die
iTunes-Bibliothek zur Verfügung steht. Als eine Alternative
zu iTunes und für all diejenigen, die das spezifische Problem kennen, wie
Regale voller CDs in ein Datei-Format zu überführen sind, das Sinn macht und in dem jede Datei leicht wieder gefunden
werden kann (mit anderen Worten, für fast jeden gewissenshaften Klassik-Musik-Freak, der sich bemüht, mit
dem Fortschritt in der Technik Schritt zu halten) - hat sich die Reise bereits gelohnt.
Foto: Jessica Duchen
Eine persönliche
Belohnung für mich war es am Ende, sich mit
meiner Lieblings-bloggerin zum Kaffee zu treffen, der unabhängigen
Musikjournalistin und Autorin Jessica Duchen, die
als eine wichtige Pressestimme mitvortrug und ihre eigenen Eindrücke des Forums
mit Ihnen in ihrem Blog teilt. http://jessicamusic.blogspot.com/2012/06/classicalnext-takes-wing-with-whoosh.html
Insgesamt hat Classical:NEXT den Weg
geebnet, Beziehungen zu knüpfen und zu erneuern und, was die vielen
verschiedenen Stimmen betrifft, die heute der klassischen Musikszene neue Einflüsse
geben und sie mit reichlich Stoff zu Denkanstößen bestimmen,
auf dem letzten Stand zu bleiben. Mein einziges Problem ist, dass ich nun jenen
wunderbaren Butter-Bretzeln verfallen bin, einem Hauptnahrungsmittel dieser
gastlichen bayrischen Küche.
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