Tuesday, July 27, 2010

Der Pianist Sandro Russo erkundet den berühmten Steinway CD-75



Russo nennt es “ein magisches Klavier, das jede persönliche Stimmung, die der Auftrittskünstler verspürt, wiedergeben kann und zu dem ich eine so tiefe Verbindung fand, dass ich mich sicher fühlte, meine eigene Klangwelt zu schaffen.”
Sein meisterhaft ausgeführter Auftritt auf dem Horowitz Klavier vom Februar 2010, dem Steinway Konzert CD-75, das auf DVD über seine Webseite http://www.sandrorussopianist.com/ diesen Sommer zu bekommen ist, bietet ein breites Spektrum eines – in seinem Kern – ‘romantischen’ Repertoires, vom frühen 19. Jh. bis zur Mitte des 20.. Jahrhunderts. Die Auswahl reicht vom eher ‘architektonisch’ klassisch strukturierten Arbeiten bis zum höchst ausdrucksstarken und auflammend Virtuosem.
Der “romantische Klangfad
en und der der Spielelemente” war für Russo der inspirierendste Teil. Er meint: “Ich war immer an Stücken interessiert, die einem eine Welt der Kontraste und sehr dynamische Stimmungswechsel liefern. Mich faszinieren die Elemente von Gut und Böse – die widerstreitenden, sich im Duell befindlichen Kräfte – und wie diese sich in einem Stück zusammenfinden und innerhalb des romantischen Repertoires in ihrer ganzen Bandbreite zum Leben kommen.”
MENDELSSOHN (1809-1847)
Andante Cantabile und Presto Agitato.
19 Variations sérieuses, Op.54
CHOPIN (1810-1849)
Nocturne in Des-Dur Op.27 Nr.2
LISZT (1811-1886)
Petrarca Sonette104
MEDTNER (1880-1951)
Märchen in c-Moll Op. 8 Nr.2
SKRJABIN: (1872-1915)
Etüde in cis-Moll Op.42, Nr.5
Etüde in dis-Moll Op. 8 Nr. 12
Sonate Nr. 4 in fis-Dur Op. 30
RACHMANINOW (1873-1943)
Waltzer von der Suite No.2 für zwei Klaviere Op. 17
(Transkription von Vladimir Leyetchkiss Weltpremierenaufnahme)
Teile von Russos sehr ausgewogenem Programm, das teilweise über You-Tube zu bekommen ist, gehören’ wirklich Horowitz, wie die ikonischen Beschwörungen von Horowitz’ historischen Auftritten. Beispiele davon sind die geliebte dis-Moll Skrjabin Etüde, seine hinreißende Zugabe bei seinem berühmten ‘Comeback’ Klavierabend in Moskau – ein Muss bei jeder Repräsentation des Meisters und seines Steinway Klaviers.
“Die Skrjabin Etüde ist natürlich eine seiner einzigartigsten Darbietungen, die seine extreme Vielseitigkeit zeigt. Nie gleich klingend, mit keiner endgültigen Version, offenbaren meine Interpretationen sicherlich weniger an Improvitationsgenie und mehr an organischer Struktur. Insbesondere stelle ich auch klassisch inspirierte Stücke vor, wie das von Mendelssohn, und gebe so ein differenzierteres Bild davon, wie jeder Komponist ensprechend seiner einzigartigen Partitur klingen sollte, egal auf welchem Instrument gespielt wird. Es bleibt dem Pianisten überlassen, die einzigartige Balance zwischen den Anforderungen des Komponisten und den Interpretationen davon von Seiten des Pianisten zu finden.” sagt Russo über seine Programmauswahl.
Franz Mohr, der leitende Aufnahmetechniker an der Steinway Konzert- und Künstlerabteilung, der den le
gendären Pianisten Vladimir Horowitz auf vielen Konzertreisen von 1962 an bis zum Tod des Meisters im Jahre 1987 begleitete, spricht in seinem Buch “Mein Leben mit den großen Pianisten” aus dem Jahre 1992 von dem spezifischen Steinway Klang.
“Der Bedarf an Klavieren, die stärker beanspruchbar sind, um dem bravorösen Klavierspiel und der Virtuosität der herausragendsten Künstler gewachsen zu sein, war eine Herausforderung, die Steinway fabelhaft gemeistert hat. Sie bemühten sich ständig darum, Klaviere zu bauen, die sowohl Beanspruchbarkeit als auch gute Klangqualität aufwiesen.”
Und er führte fort: “Der Steinway Resonanzboden ist die ‘Seele’ des Klaviers. Aus einer feingemaserten Alaska-, Ostküsten- oder europäischer Fichte gemacht – einem Holz das ungewöhnliche Stabilität und Resonanz unter Belastung aufweist – erlaubt das Design völlige Bewegungsfreiheit, indem es eine größere Menge von Schwingungen freigibt und dadurch eine reichere und dauerhaftere tonale Klangresonanz, von einem extremen Pianissimo bis zu einem Super-forte ermöglicht.”
“Im Jahre 1983, als Horowi
tz zum ersten Mal für Auftritte nach Japan fuhr, nahmen wir das Klavier CD-75, das im Jahre 1911 gebaut wurde und von dem ich sagte, es habe die richtige Spielart,” erzählt Franz Mohr.
“Als ich das CD-75 fand, wusste ich gleich, dass es mit ein bisschen Arbeit das perfekte ‘Horowitz Klavier’ werden würde. Er spielte es einige Jahre lang sehr gern, kehrte aber dann zu seinem eigenem 314503 Klavierflügel zurück, derjenige, den wir für seinen Moskau Klavierabend mitbrachten.”
Die derzeitige Eigentümerin des CD-75, die pensionierte Steinway Klavierstimmerin Tali Mahanor, übersetzte den Begriff Spielart so: “Ich mag es, wie es sich anfühlt, wenn ich darauf verweise, wie sich das Klavierspiel unter deinen Händen anfühlt.”
Natürlich ist es für einen jungen Künstler nicht einfach, einem Vorgänger gerecht zu werden, der so legendär wie Horowitz ist.
Russo erklärt: “Auf diesem besonderem Instrument, fühlte ich natürlich einen

Sandro Russo
großen fast zeremoniellen Einfluß. Was ich vom Zuhören bei Horowitz gelernt hatte, inspirierte mich sehr, aber dadurch, dass ich auf diesem Klavier spielte, fühlte ich mich weder so als wäre ich Horowitz, noch empfand ich eine Notwendigkeit, ihn oder seine Manierismen zu imitieren. Vielmehr vergrößerte ich meine eigene musikalische Vision.”
Als ich direkt nach seiner DVD Aufnahme Sandro zu mir nach Hause einlud, gab er mir eine Aufnahmevorschau, indem er das schöne Sonett auf meinem alten Hamburg Steinway Konzerflügel spielte, einem Instrument, das zwar nicht von Horowitz gespielt wurde, aber dennoch von einigen sehr temperamentvollen Pianisten, einschließlich von Sandro Russo. Dann teilte er mir die Geschichte seiner sehr persönlichen Verbindung zu Horowitz mit und erzählte mir von seinen persönlichen Erfahrungen am Steinway CD-75 während der Aufnahme:
“Ich war 12 Jahre alt; ich hörte in meiner Heimat Sizilien eine Ehrung an Horowitz, die vom Weißem Haus in Washington gesendet wurde. Ich war so von Horowitz’ Virtuosität beeindruckt, die eine sehr spezielle intime Qualität besaß und gleichzeitig so brilliant und lyrisch war.
Sein Beugen der Klangfarben und seine unbegrenzte Klangbreite, die von flüsternden Pianissimos bis zu vulkanartigen Fortissimo Ausbrüchen reicht, betonte die noch kompliziertesten Details – wie versteckte Wahrheiten, die noch nie zutage gebracht wurden. Diese offenbarten mir die Weisheit musikalischen Verstehens, etwas nachdem ich mich während dieser eindrucksvollsten Zeit meines Lebens gesehnt habe. Es war in dieser Zeit, dass ich mich entschied, Musik zu meiner Berufung und meinem Beruf zu machen.
Ich erinnere mich besonders an seine Chopin Fantasie Polonaise von seinem Auftritt in der Royal Festival Hall in London, oder an Liszts Mephisto Walzer von seinem Klavierabend an der New Yorker Metropolitan Oper.
Ich habe immer wieder diesen Aufnahmen zugehört, die – wie ich später feststellte – beide auf dem CD-75 gespielt wurden. Ich hatte mich fortwährend gefragt, welche Eigenschaften Horowitz, der anscheinend immer genau wusste, welchen Klang er anvisierte, an einem Klavier schätzen würde.
Im Jahre 2006 machte ich dann meine erste persönliche Begegnung mit diesem Instrument, das bereits große Bedeutung für mich hatte. Tali Mahanor, die ich im Jahre 2000 traf und mit der ich seitdem befreundet bin, war Eigentümerin dieses prächtigen und herrlichen Instruments geworden und sie hatte selber eine bemerkenswerte Geschichte zu erzählen. Ich hatte bereits einmal die Gelegenheit, das Klavier kurz in ihrem Workshop zu spielen und war von seiner Schönheit und Individualität angetan. Jede Note hatte eine spezifische Farbe, mit einer unvorhersehbaren und doch inspirierenden Klangqualität und einem fast auffälligem persönlichen Charakter, die sich jeder weiteren Kategorisierung entzog. Nun war es im Hause von Maureen Walsh in Connecticut untergebracht, einer gemeinsamen Freundin von Tali und mir. Als Musikliebhaberin und Sammlerin guter Instumente lud sie mich im März 2010 zu einem Klavierabend und einer DVD Aufnahme in ihr Haus ein.”
Jedes Steinway kann durch die Modelnummer identifiziert werden; das CD-75 trägt die Nummer “156975.” Diese Serienummer ermöglicht es, den Weg eines Instruments zu verfolgen. Tali Mahanor fand heraus, dass nach dem Tod von Horowitz das Klavier von Juilliard Lehrerin Adele Marcus gekauft wurde. Später verblieb es in dem Steinway Lagerraum und ging dann als Leihgabe an den Pianisten Lang Lang. Schließlich verkaufte die Steinway Company das Klavier an die pensionierte Tali Mahanor, die sich in das Instrument verliebt hatte, als sie sich jahrelang um dessen Herz und Seele gekümmert hatte. Der Kreis der berühmten CD-75 Geschichte schließt sich mit Sandro Russo.
Russo meint: “Ich habe ein Instrument gefunden, das all das mitteilen kann, was ich in meinem Programm ausdrücken möchte, um so einmal mehr meine Empfindungen und Anhänglichkeiten mit einem historischen Abschnitt des Klavierspielens zu verbinden.”
Seitdem ich den Pianisten Sandro Russo im Hause meiner Nachbarn Pierra und Peter getroffen hatte, verfolgte ich viele seiner Auftritte. In meiner Erinnerung sticht seine hinreißende Chopin Große Polonaise, aufgeführt in der Meisel Gallery in Soho, New York heraus. Unter den Abendgästen war der Komponist Lowell Lieberman; Russo hatte sowohl die USA Premiere von Liebermans zehnter. Nocturne (im Jahre 2007 in New York) als auch die Weltpremiere seiner ‘Etüden von Brahms Liedern’, op. 88 (im Jahre 2009 in Atlanta) aufgeführt.
Hier gab es einen sensiblen Pianisten, dessen großartiger Stil mich an die Traditionen und den Glanz des ‘Goldenen’ Klavierzeitalters erinnerte. Er muss einen ähnlichen Eindruck auf Terry McNeill gemacht haben, den Produzenten der Concerts Grand Series am Santa Rosa Junior College in Kalifornien. In seiner Besprechung von Sandros Auftritt im April 2010 sagt er:
“In jüngster Zeit haben Pianisten (z.B. Schiff, Fellner, Biss) die Sonate und besonders das abschließende Allegro ma non troppo in einem ‘architektonischen‘ Stil gespielt, der ganz im Gegensatz zur Leidenschaft die Struktur und die inneren thematischen Beziehungen betont. Mr. Russo wollte davon nichts wissen, indem er die emotionalen Energie und den Elan des Satzes aufgriff und das Publikum am Schluß mit seinen letzten fortissimo Akkorden von ihren Sitzen riss. Das Klavier wäre bei Berührung heiß gewesen, als er unter Jubel die Bühne verließ.”
Im Jahre 2008 hatte Sandro die Gelegenheit ein weiteres,
geschichtsträchtiges Instrument, das 1862er Bechstein Piano (#576) zu spielen, dass einst im Besitz von Liszt war und von ihm selbst gespielt wurde.
Als es aus Anlaß seiner aller ersten Amerika-Tournee im Bechstein Showroom in New York ausgestellt wurde, begann Sandro seinen Auftritt auf einem modernen Konzertflügel, der zu den feuerwerkartigen Werken seines Programms passte.
Dann stellte er die147-jährige ‘Grande Dame’ mit Liszts Cons
olation Nr.3 vor; später nahm er eine Auswahl seines Zugabe-programms auf diesem Instrument auf.
Nachdem an jenem Abend die meisten Gäste den Bechstein Showroom verlassen hatten, blieb ich dort noch weiter mit Sandro und hatte die Gelegenheit, mein Lieblingstück von Liszt – “Un Sospiro” – auf diesem beinah quietschendem Instrument zu spielen, das mir aber nichtsdestotrotz ermöglichte, die historische Relevanz dieses Instruments zu verstehen.
In ihrem Interview mit Russo über die Aufnahme des Liszt Klaviers bemerkt Maria Thompson auf Broadstreetreview.com: “...nach dem Tod von Liszt wurde das Liszt Piano nie aufgenommen oder gar bei öffentlichen Aufführungen verwendet; solch ein Zugang war also in der Tat etwas ganz Besonderes.”
Sandro erinnnert sich: “Es musste als eine ganz außergewöhnliche Chance verstanden werden, Liszts Museumsstück aus einer vergangenen Epoche zu präsentieren und es unseren Herzen nah zu bringen. Ich war ganz begeistert von der einzigartigen Gelegenheit, solch einen historischen Moment für dieses Klavier durch eine Aufnahme unsterblich zu machen und vor allen Dingen aber, in näheren Kontakt mit der Klangwelt meines geliebten Meisters zu kommen.”

Sandro Russo
Sich beim Goldenen Zeitalter des Klaviers zuhause zu fühlen bedeutet für Russo aber nicht, dass er kein Interesse an zeitgenössischen Kompositionen oder an weniger bekanntem Repertoire hat.
Arthur Sato zitiert Russo in seinem NY Rising Star Interview von 2009 wie folgt: “Es gibt viele Werke, die die Superstars unter den Musikern nicht berühmt machen, aber dennoch eine wundervolle Qualität besitzen….Ich bin sehr an der zeitgenössischen Musik von Komponisten interessiert, besonders von denen, die selbst Pianisten sind, da sie wirklich wissen, wie man für dieses Instrument komponieren muss. Außerdem fühle ich mich als Teil der gleichen Lebenstradition...”
Sato schließt: “Das Beste daran ein klassischer Musiker oder ein darstellender Künstler zu sein ist, dass man Teil einer Genealogie, Historie und Tradition der Kunst und seiner Ausübung ist.”
Gleich, ob er auf dem antiken Liszt Klavier oder dem Steinway CD-75 spielt, Sandro Russo vermittelt seine Liebe zur Musik mit großer Einfühlsamkeit und temperamentvoller Leidenschaft. Wenn man dazu noch sein tiefgehendes Verständnis für den historischen Kontext seiner Bemühungen nimmt, kann man sagen, dass der Begriff “gelebte Tradition” in der Tat sehr lebendig ist.

Thursday, July 22, 2010

Applaus für Amateure: Klassische Musik mit "Community Appeal”


Wie wir Musik hören hat sich in den letzten Jahrzehnten drastisch geändert. Jede zweite Person auf der Strasse hat Ohrhörer eingestöpselt und jeder vorstellbare Song ist als “internet stream” zugänglich. Musik ist fest in unser tägliches Leben eingebunden. Dennoch sind die meisten Menschen weit davon entfernt selber aktiv Musik zu machen.

Mit Ausnahme von Spezialprogrammen beruflicher Musikausbildung gehört es — zumindestens in der westlichen Welt — nicht mehr zur normalen Schulausbildung ein Instrument zu erlernen. Das heisst aber nicht, dass klassische Musiker aussterben. Musikbegeisterte füllen die Sitzreihen etablierter Konzertsäle ebenso wie neuere, alternative Musikveranstaltungsorte. Und obwohl nicht alle beruflich eine Ausbildung am Instrument verfolgen, spielen viele von ihnen eines.

Wer also sind diese leidenschaftlichen Musiker, die mit unterschiedlicher Perfektion ihr Instrument üben, und das, obwohl es keine Konzerthallen gibt, die auf eine Buchung warten und keine Fans, die für Tickets anstehen?

Es handelt sich um Amateure — Musiker, die aus reiner Freude musizieren und das zu einem festen Bestandteil ihres Lebens gemacht haben, trotz Beruf, Karriere oder Familie. In einigen Fällen gehen die Hobbyinstrumentalisten ihrer Übungsroutine mit schon fast religiösem Eifer nach und bringen fast genau soviel Zeit dafür auf, wie professionelle Musiker. Doch als Amateur zu spielen ist etwas völlig anderes, als damit seinen Lebensunterhalt zu bestreiten.

Die Schar derer, die als Amateure gelten, ist viel größer und mannigfaltiger als man annehmen sollte und manch ein Musiker wird unfreiwillig Teil davon. Die Konkurrenz in der professionellen Darbietung ist sehr groß und selbst ein Studienabschluss sowie ein beindruckendes Repertoire an Fähigkeiten bieten keineswegs die Garantie, die es erlauben würde, bald den Job, mit dem man seinen Lebensunterhalt verdient, an den Nagel zu hängen. Solange man die Leidenschaft nicht in eine berufliche Karriere umgemünzt hat, solange ist man — ob man es will oder nicht — ein Amateur.

Nicht, dass der Titel abschätzige Gefühle wachrufen soll, mit denen manche ihn auch in Verbindung bringen. Denn im Gegensatz zum Dilettanten mag der Amateur zwar ein Anfänger sein — er muss es aber nicht sein. Und ob auf dem Weg zur beruflichen Karriere oder nicht, einige Amateure sind sehr begabte Musiker. Was es bedeutet ein Amateur zu sein, ist genau das, worauf die lateinischen Wurzeln des Wortes hindeuten, die Liebe dafür.

Diese unentgeltliche Liebe bedeutet die Freiheit eines Lebens ohne Abgabefristen oder ohne die Notwendigkeit, ein Repertoire auswendig lernen zu müssen. Für einige bedeutet diese Liebe ebenfalls die Entwicklung einer ernsthaften Einstellung gegenüber dem gewählten Instrument, d.h. sich einen Wettbewerbsvorteil und, wenn es geht, Auftrittsmöglichkeiten zu verschaffen. Was Aufritte anbelangt, sehen sich Amateure mit den selben mentalen Herausforderungen konfrontiert: Lampenfieber, Selbstzweifel und feuchte Hände, wie bei den Berufsmusikern — nur ohne Bezahlung.

Ein Dokumentarfilm über den Van Cliburn Amateur-Wettbewerb, als einer solchen Sprungschanze für Amateurmusiker, zeigte einige der Wettbewerbsteilnehmer, wie sie ein paar der Hürden nahmen. Was dabei sichtbar wurde war, dass es nicht in erster Linie darum ging, möglichst weit vorn anzukommen, sondern das es sich um eine individuelle Geschichte persönlicher Reifung , der selbstkritischen Reflexion und den gemeinsamen Erfahrungen eines jeden Telnehmers handelte.

Und wie bei jeder Form des Glück, ist es so viel inspirierender Musik zu machen, wenn man es mit anderen teilen kann. Das habe ich vor vielen Jahren erfahren, als ich in die Abendabteilung der Julliard School eintrat.

Julliard bietet mit dem Lincoln Center als Auftrittsmittelpunkt in der New Yorker Upper Westside eine Umgebung, welche Studenten, ob jung oder alt, aus aller Welt anzieht.

Vom neu renovierten Eingang an der West 65th Street, dem Tor zu den höchsten Etagen des musikalischen Himmels, führt eine steile imposante Treppe, die meines Erachtens nur von Teenagern und dem gelegentichen Besucher, der sich verirrt hat, benutzt wird. Alle anderen nehmen vielmehr den Fahrstuhl um die Ecke. Aber egal auf welchem Weg man dort auch ankommt, die Julliard Türschwelle zu überschreiten kann sicherlich eine einschüchternde Erfahrung sein.

Nach dem Besuch von Seminaren und Übungsräumen, hatte ich dort viele der Wächter mit Vornamen kennengelernt, was mir half, diese anfängliche Schwelle zu überwinden. Niemand ist so nett wie Paul, dessen karibische Freundlichkeit sein Gesicht aufleuchten lässt, wenn er sich aus seinem Stuhl hinter dem Rezeptionstisch erhebt, sobald er mich sieht, um mich mit einer großherzigen Umarmung zu begrüßen. Einmal hatte ich draußen gestanden und gewartet, bis das Haus geöffnet wird, als mich Paul fragte, welches Instrument ich lerne. Wie redeten über das Klavierspielen, als er mit seinem Kompliment “das hält Sie mit Sicherheit jung” den Nerv eines jeden Amateurs traf.

Im Jahre 1970 stellte Stanley Wolfe, der Direktor der Abendabteilung, die damals neu gegründet, noch unter dem Namen “Außenabteilung” lief, als erste Klavierlehrerin Lisa Kovalik ein. Lisa, die heute meine Dozentin ist, feiert hier gerade ihr vierzigjähriges Dienstjubiläum. Heute bietet die Abendabteilung ein vielseitiges Unterrichtsangebot mit Klassen, die sich vom Bereich der Musikgeschichte über Musiktheorie und dem “Vomblattspielen” bis zum Ensembleauftritt erstrecken; alle Fächer werden von einer Vielzahl von Lehrern unterrichtet.

Der Kurs, in dem ich Lisa kennenlernte, eine Klavierübungsklasse für Fortgeschrittene, trifft sich einmal in der Woche. Lisa bereichert ihr Curriculum oft mit lebhaften Geschichten aus ihrer eignen, klavierträchtigen Vergangenheit. Von Zeit zu Zeit nennt sie den Namen der Franz Liszt Akademie in Budapest, wo sie aufwuchs. Dort, der Wiege des Klaviertrainings, fand — als zusätzliche Herausforderung — das Auswendiglernen über dem Schreibtisch und nicht über der Tastatur statt. Mit ihren Geschichten über ihren Lehrer Lejos Hernadi, seinerseits selber ein Schüler von Schnabel, bringt Lisa eine historische Dimension in unsere allwöchentliche Klasse ein. Nach ihrem Studium bei Hernadi, verließ sie das kommunistische Ungarn. Mit wenig mehr als einem Künstler-Diplom ausgestattet, kam sie via Kanada nach New York und erlangte — beim Lehrerkolleg (Teacher’s College) der Columbia University und der Julliard School ihren “Master” Abschluß.

Ab und zu hören wir etwas über die berühmte Julliard Lehrerin Adele Marcus, also einem anderen “historischen” Bezug zu großer Klaviervergangenheit. Aber noch leidenschaftlicher nennt sie Lili Kraus, einer ihrer geliebtesten und größten Inspirationen. Lisa ist oft mit dieser berühmten Musikerin aufgetreten, an die sie folgende Erinnerungen hat: “Lili nahm keine Abkürzungen, sie mochte es, musikalische Diskussionen auszuweiten und so konnten die ersten drei Takte einer Schubert Sonate drei Stunden dauern. Aber es handelte sich dann um faszinierende und einen tiefen Einblick gebende drei Stunden.” Lisa bewunderte Lili Kraus, das wurde uns durch die vielen Geschichten über Lilis beindruckende Konzertkostüme ebenso klar wie durch durch Lisas Namenswahl für ihre geliebte Katze Lili.

Lisas Studenten aller unterschiedlicher Unterrichtsstufen kommen Jahr für Jahr zu ihr zurück. Sie wird für ihre natürliche Technik und großartige Musikalität, für ihren praktischen Rat und ihr Performance-Feedback bewundert. Aber am meisten wird Lisa für ihre Gütigkeit und ihre fortlaufenden Bemühungen geliebt, andere Studenten zu inspirieren, um die höchstmöglichen Leistungen zu erzielen. “Die Studenten in der Abendabteilung sind normalerweise sehr motiviert und möchten etwas lernen,” sagt sie. “Es gibt eine Gewissheit: wenn wir uns nicht das Ziel setzen, die Besten der Besten zu sein, was immer das auch genau sein mag, dann geben wir das Verlangen auf, das Unmögliche zu erreichen. Die Erfüllung Musiker zu sein, ist viel zu groß, als das man sich jemals ohne Hoffnung fühlt, selbst wenn sich unsere ursprünglichen Ziele ändern.”

Unsere Gruppe innerhalb der Abendabteilung hat sich, seitdem wir Lisas Klasse besuchen, im Zeitraum von mehreren Jahren kaum verändert. Wir kennen uns gut und mögen einander. Jeder von uns spielt auf völlig unterschiedliche Weise, aber jeder von uns wird von der Gruppe geschätzt.

Obwohl wir Ambitionen haben, fühlen wir uns nicht im Wettstreit miteinander, vielmehr bestärken wir uns gegenseitig in unseren Fortschritten. Es ist nicht immer eine einfache Aufgabe vor einer Gruppe zu sitzen und ein Repertoire zu spielen, an dem man schon lange gearbeitet hat. Viele der aufgegebenen Stücke werden Woche für Woche wieder durchgegangen. Manchmal gibt es Fortschritte und manchmal nicht. Lisa ist geduldig und meistens ermutigend. “Viele schöne Sachen,” das ist nicht mein Lieblingskommentar Lisas, da ich detailliertere Kritik vorziehe. Noch schlimmer ist, was ich viel zu oft höre: “Sie versuchen sich wieder am Martha Argerich Ansatz — aber ohne die die dahintersteckende Technik.” Oder ganz einfach der deutsche Ausdruck, den Lisa und ich beide gut verstehen: “Schlamperei” — Ungenauigkeit, Durcheinander! Aber obwohl sie mir gelegentlich die Richtung weist, weiss ich inzwischen, dass sie mich, Martha Argerich und andere mag.

Lisa muss oft das Unterrichten von uns als einen Dorn im Auge gefühlt haben, uns statt wirkliche Argerich Kandidtaten zu lehren. In einer durch Wettbewerb gezeichneten Umgebung, wie sie es bei Julliard gibt, ist es die Aufgabe von Lehrern, Genies zu unterrichten. Sie gab einmal zu, dass der Rest der Fakultät immer eine etwas hochmütige Haltung genüber der Abendabteilung gehabt hat.

Aber Lisa erkennt auch das darinliegende Glück: “Ich schätze mich glücklich an der Abendabteilung zu arbeiten, “ sagt sie. Das Niveau der Amateure wird zunehmend höher und in dem hart erarbeiteten Erfolg einiger meiner sehr charismatischen Studenten liegt sicherlich sehr viel Charme und Erfüllung.

Lisas Klavierabende am Endes des Semesters stellen den Höhepunkt in unserem heimlichen Leben als Pianisten dar. Normalerweise gehen wir anschliessend als Gruppe zum Abendessen aus. Nachdem wir unsere eigenen Bemühungen, wie auch die der anderen, durchgestanden haben, was beinhaltet Fehler zu machen und manchmal sich nicht richtig auf die Musik konzentrieren zu können, fühlen wir uns miteinader eng verbunden. Jeder schätzt auch einen anderen Aspekt. Die Tatsache, das wir uns so gut miteinander vestehen,“ meint Christine; “Vertrautheit, da wir seit Jahren zusammen sind,” sagt Lisa; “sich am Guten zusammen mit dem weniger Guten erfreuen. Wir versuchen unser persönlich Bestes und freuen uns über den Erfolg des anderen,” meint Ina. “Es ist, als spiele man ebenfalls das Repertoire des anderen.” sagt Ann und Terry kommt zu folgendem Schluß: “Jeder ist so musikalisch und wir teilen miteinander eine Welt der Schönheit. Es gibt unserem Leben eine andere Dimension.”

Jeder Auftritt bedeutet an Größe zu gewinnen, wie auch ein besseresVerständnis von sich selbst zubekommen. Natürlich beinhaltet der Auftritt für jeden von uns unterschiedliche persönliche Gedanken, aber wir alle teilen die Inspiration und die Herausforderung.

Es ist die Erfahrung des Auftritts selber, die jeden Studenten zum Auftrittskünstler macht, zumindestens für den jeweiligen Moment, und obwohl kein Lebensunterhalt davon abängt, ist der Adrenalinausstoß ebenso mächtig. Es erscheint fast, als ob es für den Amateur eine sogar noch größere Prüfung ist, die eigene Befangenheit zu überwinden als für den gestandenen Berufsauftrittskünstler.

Zusätzlich zu den kleineren Auftritten wie unseren Klavierabenden am Ende des Jahres gibt es eine Vielzahl von nationalen und internationalen Wettbewerben, an denen Amateure teilnehmen können, wie der Van Cliburn Wettbewerb für Amateure. Ein anderer Student in Lisas Klasse, der beruflich als Augenarzt tätige Lou Delaveris, erzählte mir einmal von mehreren Wettbewerben, an denen er teilgenommen hatte. Nachdem er fast fünf Jahre lang in fast jedem amerikanischen Wettbewerb versucht hatte, aufgestellt zu werden, gelang es ihm schließich im Jahre 2006 an einem internationalen in Paris teilzunehmen. Sein Durchhaltevermögen führte zu einem Klavierabend an der Sorbonne, der im französischen öffentlichen Radio im Jahre 2007 übertragen wurde.

“Ich erreichte letztlich das Halbfinale in Berlin und schließlich im Jahre 2009 schaffte ich es, an der Endausscheidung in Wien teilzunehmen,” erklärt er mir auf seine sympathische und ruhige Art. “Die gleichen Personen tauchen auf den meisten Wettbewerben auf und ich traf einige wirklich nette Leute, die meisten von ihnen waren sehr unterstützend. Jeder kennt jeden — wir sind eine große Familie. Ich erhalte andauernd e-mails, in denen ich über unterschiedliche Wettbewerbe unterrichtet werde, und die ich als Chance sehe, ein neues Repertoire zu spielen und mich andauernd zu verbessern. Es gibt eine New Yorker Amateur Organisation und Treffen, die jeden Monat in den Wohnungen der Teilnehmer stattfinden, wo wir für uns spielen. In der Tat, es wird eines in meinem Haus geben,” sagt er mir und lädt mich freundlicherweise ein dazuzukommen.

Lehrer von Ausbildungseinrichtungen im ganzen Land sind daran beteiligt, Veranstaltungsorte zu organisieren, an denen Amateure auftreten können. Selbst Berufsorganisationen wie Anwalts- und medizinische Vereinigungen erkennen in ihrer Mitte musikalische Talente und organisieren Konzerte.

Die virenmäßige Ausbreitung sozialer Vernetzung, wie sie die Internetkultur bietet, hilft der weiteren Explosion von Amateurengemeinschaften, die miteinander in Verbindung stehen und die in der Vielzahl ihrer kreativen Ideen gewaltig sind. Es gibt Facebook Gruppen, mit Namen wie Late Starter Musician, Dilettante, Piano Salon, und andere, welche musikalische Interessen fördern und Amateure ansprechen oder die von Amateuren organisiert sind und sowohl Berufsmusiker als auch Amatuere als Zielgruppe haben. In jüngster Zeit haben sich durch das Internet organisierte “meet-up” Gruppen aller Art gebildet, die Konzertausflüge and Zusammenkünfte organisieren und sich des Vorteils von Gruppennachlässen erfreuen.

Viele von ihnen sind Amateure, die an verschiedenen Lebensstationen eine musikalische Berufsausbildung hinter sich gelassen haben oder zu einem späterem Zeitpunkt in ihrem Leben Musik fanden und nun ihr Interesse und ihre Verbindung zur Welt der Musik erneuern möchten. Obwohl der Übungsraum oft zur Erfüllung wird, kann man dabei aber auch einsam sein; es ist sicherlich schön zu wissen, dass es andere gibt, die diesen Enthusiasmus teilen.

Wednesday, July 7, 2010

Bei der Aufnahme von Beethovens 5. Klavierkonzert: ein Blick hinter die Kulissen bei der Aufzeichnung der jüngsten CD von Yevgeny Sudbin






“Musik muss zuallererst einmal geliebt werden. Sie muss einfach von Herzen kommen und sie muss sich an das Herz wenden. Sonst kann sie nicht den Anspruch erheben, währende, unzerstörbare Kunst zu sein.” — Sergji Rachmaninow

Die Worte des Meisters könnten im Wesentlichen meine Reaktion wiedergeben, als ich zum allerersten Mal Yevgeny Sudbins Darbietung von Rachmaninows zweiter Sonate hörte.
Sudbins extrem kompetente, ersthafte und angstfreie Wiedergabe, die voller Vitalität und emotionaler Tiefe war, erscheint mir wie ein musikalischer Botschafter, der seine zerbrechliche Fracht liefert, um von Seele zu Seele mit größter Dringlichkeit weitergereicht zu werden. In der Tat – ich mochte dieses Werk unzerstörbarer Kunst sehr und es wandte sich direkt an mein Herz.
Hört man Sudbin zu, scheint es, als sei er ein Seelenverwandter von Rachmaninow. Wie sonst war es ihm möglich mit solch einer intuitiven Erkenntnis das Wesen der Musik des Meisters zu verstehen? Ich machte mich daran, mehr über diesen außergewöhnlichen Künstler zu erfahren.
Dank der Tatsache, dass Sudbin und ich gemeinsame Pianistenfreunde haben, war es recht einfach ihn zu kontaktieren. Darauf folgte die Einladung zu einer sehr besonderen Aufnahmesitzung in Minneapolis; Sudbin wollt Beethovens Konzert Nr.5, im Englischen “Emperor” genannt, mit dem Minnesota Orchester unter der Leitung des gefeierten finnischen Intendanten und Dirigenten Osmo Vänskä aufnehmen.
Zum Glück nahm sich der New Yorker Aufnahmeproduzent Joe Patrych, der jeden jungen Aufnahmekünstler in New York und über die Stadt hinaus zu kennen scheint, die Zeit, mich auf das Ereignis, dem ich beiwohnen würde, vorzubereiten. Ihm zufolge ist es die menschliche Interaktion und enge Zusammenarbeit zwischen allen Beteiligten, was das Alles oder Nichts einer erfolgreichen Aufnahmesession ausmacht. Abgesehen von den technischen Herausforderungen einer jeden solchen Session, ist es die “menschliche Komponente,” die es geübten Individuen erlaubt, als Team zusammenzukommen und ein Meisterwerk zu schaffen , das mehr als nur die Summe seiner Bestandteile ist.

Inspiriert von Patrychs Überzeugung machte ich mich eines morgens im Juni auf, um das selbst zu sehen und zu hören.
In der “Minnesota Orchestra Hall” half mir Scott Mays, ein sehr freundlicher Mitarbeiter, den Weg entlang der langen Flure zu finden, die mit dicken, auf den Boden geklebten Kabeln sowie großen Türstoppern ausgelegt waren, um Stoßgeräusche während der Aufnahme zu verhindern. Als ich die heilige Stätte des Aufnahmeraums betrat, hatte ich eine gute Möglichkeit die Bühne zu sehen, wo gerade der Dirigent, das Orchester und Yevgeny Sudbin — alle in Freizeitkleidung — mit den letzten Vorbereitungen beschäftigt waren. Ein Dirigent in Jeans und einem T-shirt, das Orchester ohne die üblichen schwarzen Kravatten und der Pianist in Jeans und einem langärmeligen Hemd? Ein für mich wirklich recht ungewöhnlicher Anblick.
“Musik muss zuallererst einmal geliebt werden. Sie muss einfach von Herzen kommen und sie muss sich an das Herz wenden. Sonst kann sie nicht den Anspruch erheben, währende, unzerstörbare Kunst zu sein.” — Sergji Rachmaninow

Die Worte des Meisters könnten im Wesentlichen meine Reaktion wiedergeben, als ich zum allerersten Mal Yevgeny Sudbins Darbietung von Rachmaninows zweiter Sonate hörte.
Sudbins extrem kompetente, ersthafte und angstfreie Wiedergabe, die voller Vitalität und emotionaler Tiefe war, erscheint mir wie ein musikalischer Botschafter, der seine zerbrechliche Fracht liefert, um von Seele zu Seele mit größter Dringlichkeit weitergereicht zu werden. In der Tat – ich mochte dieses Werk unzerstörbarer Kunst sehr und es wandte sich direkt an mein Herz.
Hört man Sudbin zu, scheint es, als sei er ein Seelenverwandter von Rachmaninow. Wie sonst war es ihm möglich mit solch einer intuitiven Erkenntnis das Wesen der Musik des Meisters zu verstehen? Ich machte mich daran, mehr über diesen außergewöhnlichen Künstler zu erfahren.
Dank der Tatsache, dass Sudbin und ich gemeinsame Pianistenfreunde haben, war es recht einfach ihn zu kontaktieren. Darauf folgte die Einladung zu einer sehr besonderen Aufnahmesitzung in Minneapolis; Sudbin wollt Beethovens Konzert Nr.5, im Englischen “Emperor” genannt, mit dem Minnesota Orchester unter der Leitung des gefeierten finnischen Intendanten und Dirigenten Osmo Vänskä aufnehmen.
Zum Glück nahm sich der New Yorker Aufnahmeproduzent Joe Patrych, der jeden jungen Aufnahmekünstler in New York und über die Stadt hinaus zu kennen scheint, die Zeit, mich auf das Ereignis, dem ich beiwohnen würde, vorzubereiten. Ihm zufolge ist es die menschliche Interaktion und enge Zusammenarbeit zwischen allen Beteiligten, was das Alles oder Nichts einer erfolgreichen Aufnahmesession ausmacht. Abgesehen von den technischen Herausforderungen einer jeden solchen Session, ist es die “menschliche Komponente,” die es geübten Individuen erlaubt, als Team zusammenzukommen und ein Meisterwerk zu schaffen , das mehr als nur die Summe seiner Bestandteile ist.

Inspiriert von Patrychs Überzeugung machte ich mich eines morgens im Juni auf, um das selbst zu sehen und zu hören.
In der “Minnesota Orchestra Hall” half mir Scott Mays, ein sehr freundlicher Mitarbeiter, den Weg entlang der langen Flure zu finden, die mit dicken, auf den Boden geklebten Kabeln sowie großen Türstoppern ausgelegt waren, um Stoßgeräusche während der Aufnahme zu verhindern. Als ich die heilige Stätte des Aufnahmeraums betrat, hatte ich eine gute Möglichkeit die Bühne zu sehen, wo gerade der Dirigent, das Orchester und Yevgeny Sudbin — alle in Freizeitkleidung — mit den letzten Vorbereitungen beschäftigt waren. Ein Dirigent in Jeans und einem T-shirt, das Orchester ohne die üblichen schwarzen Kravatten und der Pianist in Jeans und einem langärmeligen Hemd? Ein für mich wirklich recht ungewöhnlicher Anblick.
recording with the Minnesota Orchestra
Im hinteren Bereich der Bühne, der in ein Aufnahmestudio umgewandelt worden war, teilte Scott Mays Kopien von Partituren von Beethovens gesamten Konzerten an die Gäste aus: Vorstandsmitglieder, Sponsoren und Musikliebhaber, die ohne Unterschied an einfachen Tischen saßen. Eine von ihnen, Mary Sigmond, die Präsidentin der Frederic Chopin Gesellschaft — erkärte mir freundlicherweise das weitere Procedere und stellte mich dem Aufnahmeproduzenten Robert Suff, einem der wichtigsten Leute im Bereich Technik und Organisation, vor. Dieser leise-sprechende, aber durchaus selbstsichere Mann, der für das skandinavische Klassikplattenlabel BIS arbeitet, hatte für den ersten Tag zwei und für den darauffolgenden Tag die dritte Aufnahmesession geplant. Diese Sessions dauern normalerweise ungefähr drei Stunden mit zwischendurch ca. 15-minütigen Pausen.
Später setzte sich Suff mit dem Rücken den Gästen zugewandt an einen kleinen Monitor, auf dem er konzentriert verfolgte, was am Podium des Dirigenten und am Klavier passierte. Neben ihm zu seiner Rechten kontrollierte sein Toningenieur Hans Kipfer und dessen technischer Assistent die technischen Schalter, die die unterschiedlichen Soundtracks regulieren. Zur Linken überwachten die Aufnahmeleiterin sowie deren Assistent den zeitlichen Ablauf für die Orchestermusiker.

Und dann schließlich begann die Musik. Ich war sofort von der mühelosen Intimität angetan, die Yevgeny Sudbin mit seinem majestätischen Adagio von Beethovens letztem und für mich ergreifensten Konzert schaffte. Während einige der Gäste ihren Partituren folgten, entschied ich mich, den Produzenten und seinen Toningenieuer zu beobachten, die, als sie zuhörten, durch effiziente Gestenverwendung ihren Kommentar kommunizierten.
Sich im Rythmus der Musik bewegend unterbrach Suff, der – obwohl er hinter den hinter den Kulissen tätig ist — selbst ein gelernter Dirigent ist, eine lange musikalische Passage: “Die Akkorde sind zu impressionistisch. Ich kann die Harmonien nicht klar hören.” Dann stieß er hervor: “die Intonation des Fagotts ist jetzt gut, die Bläser sind nur ein bisschen instabil. Aber wenn das Klavier einsetzt, wären die Fagotte zu flach und bei dem Takt 60/61 sind das Fagott und die Klarinette nicht ganz zusammen. Es könnte auch ein bisschen sanfter klingen.”
Als Kopf hinter dem musikalischen Prozess muss Suff all die Fähigkeiten eines Dirigenten miteinbringen, was ihn gewissermassen zu einem Mitdirigenten macht. Er erklärt. “Ich nenne das fertige Produkt einen ‘Überauftritt’, da es eine Wirklichkeit schafft, die über die Erwartungen hinausgeht, die man hat, besucht man eine Live-Konzertaufführung. Bei einer erfolgreichen Aufnahme muss sich die Spannung in jedem Moment steigern, um die immer-dahinschwindende Aufmerksamkeitsspanne des Zuhöreres zu treffen. Es geht alles darum, die perfekte Ausgewogenheit auf einer hohen Energiestufe zu schaffen.”
Wenn er eine Unvollkommenheit in der Konzertaufführung hört, muss der Produzent genau in diesem Moment entscheiden, ob er die Musiker stoppen soll oder ob der Fehler später behoben werden kann. Letzteres beinhaltet eine Neuaufnahme einer Korrekturstelle und deren nahtlose Verknüpfung mit dem musikalischem Material.
Manchmal war es der Dirigent, der eine Aufnahme unterbricht, manchmal war es Subin selbst, der es noch einmal versuchen wollte, wenn er glaubte, eine Passage könne noch expresssiver gespielt oder ein melodischer Satz noch besser verbunden werden.
"Yevgeny," unterbrach Suff das Schwingen von wunderschönen Akkordsteigerungen, “wenn du diesen Sprung hier machst, kannst du dann die hohen Töne ein bißchen mehr klingen lassen?”
Und Sudbin erfüllte die Erwartungen. Seine hohen Töne klangen wie russische Glocken und ich dachte für mich, dass ich selten so eine exakte und doch so befreiende Kontrolle erlebt hatte, vielleicht nur im Fall des anderen russischem 'Evgeny' — Evgeny Kissin (ohne das ‘y’ buchstabiert) — der, wie Sudbin mir gegenüber später zugab, eben sein Idol sei. Ich fragte mich, ob irgendetwas eigentümlich Russisches in der Wiedergabe sei…etwas, was eines jeden Instinkt anspricht.
Indem sie den zeitlichen Ablauf während all der Unterbrechungen und Wiederaufnahmen genau verfolgten, hatten die Aufnahmeleiterin und ihre Assistentin ihre Augen fest auf die Uhr gerichtet. Bezüglich meiner Vorstellung von der Orchersterwelt hinterließ es einen tiefen Eindruck, als die Aufnahmeleiterin in der Mitte einer äußerst aufregenden Wiederholung mit 10 beginnend rückwärts zählte, um den Produzenten zu warnen, dass die Zeit auslaufe und alles in Sekunden zum Stillstand käme— für die Nachwelt unsterblich gemachte künstlerische Perfektion, im Gegensatz zum Recht des Orchesters auf eine Mittagspause, [also] einer Realität, die mir die Gelegenheit zu einem Gespräch mit dem Aufnahmeproduzenten Robert Suff und Yevgeny Sudbin im Ivy bot, dem charaktervollen Hotel Minnesotas, das durch einen überdachten Weg direkt mit der Konzerthalle verbunden ist.
Hier war es, als ich mehr über den Plattenvertrag zwischen Sudbin und dem schwedischen Musiklabel BIS erfuhr – diese Beziehung ist weitgehend Suffs Verdienst. Er war es, der umgehend den BIS Eigentümer Robert von Bahr aufmerksam machte, nachdem er Sudbin’s Vorführaufnahme gehört hatte, die ihm vom in London beheimateten Nigel Grant Rogers, Manager und Freund Sudbins zur Verfügung gestellt wurde. Und obwohl es einen Stopp gab, neue Pianisten unter Vertrag zu nehmen, gelang es Suff von Bahr zu begeistern, der sich so entschied eine Ausnahme zu machen. “Ja, wir müssen das machen” waren von Bahrs eigene Worte, die das grüne Licht für das gaben, was ein 14 CD-Aufnahmevertrag mit dem in Russland geboren Pianisten Yevgeny Sudbin werden sollte. Laut Suff veranschaulicht der Deal den Ehrgeiz der Firma, vielversprechende Künstler auf ihrem Weg zum Erfolg zu begleiten.
Sudbins erste BIS Aufnahme, eine Kollektion von Scarlatti-Sonaten, wurden 2005 herausgebracht, sammelte großartige Kritiken und stellte Sudbin fast sofort ins Rampenlicht. Zahlreiche internationale Aufführungen und weitere Aufnahmen — von Rachmaninow, Scriabin, Tchaikovsky, Medtner, und Haydn – folgten dem Karrieredurchbruch des jungen Pianisten. Sudbins Vielseitigkeit brachten weitere lobende Kritiken ein wie auch den “Gramophone’s Editor’s Choice” Preis für seine 2005 Scriabin-Aufnahme.
In seiner Laudatio für Gramophone meint Bryce Morrison: “Kein Pianist irgendeiner Generation hat meiner Erfahrung nach so lebhaft Scriabins Flüchtigkeit wie Sudbin erfasst … All die Aufführungen sind mit einer persönlichen Note wie auch einer Brillianz versehen, die selbst über die wildesten Ansprüche Scriabins weit hinausgeht … Dies ist, um es passend euphorisch zu fassen, eine CD unter Millionen.” Und der Daily Telegraph führt in seiner Kritik aus dem Jahre 2007 aus: "Yevgeny Sudbin wird bereits als einer der größten Pianisten des 21. Jahrhunderts bejubelt.” Applaus kam auch von Pianistenkollegen, wie von dem in London lebenden Stephen Hough, der selbst ein nachgefragter Künstler ist. Bezüglich Sudbins Rachmaninow Aufnahme meint Hough: “Sein Spielen ist kühn, anregend, tiefempfunden und in jedem Moment absolut lebendig”, (wie auf Sudbins Webseite zitiert wird).
Als ich schließlich mit Sudbin allein sprechen konnte, driftete unser Interview bald in eine lebhafte Unterhaltung beim Abendessen ab und ließ eine weniger formelle und sehr warme persönliche Atmosphäre entstehen. Und es war hier, als ich zu verstehen begann, dass jenseits der Aura von Seriösität, die einen Künstler umgibt, wenn dieser seiner “Pflicht” nachgeht, es sich bei dem privaten Sudbin um eine sehr geistreiche, fürsorgliche , und großzügige Person handelt. Er fragte sogar nach meinen eigenen Bemühungen am Klavier und nach der Taubman Klaviermethode bei der ich leidenschaftlich involviert bin. Wir fühlten uns in Bezug auf unsere persönlichen Erfahrungen verbunden, da wir beide einige Zeit in Deutschland verbracht hatten und Sudbin erzählte mir von seinen allerersten Tagen als aufstrebender Pianist und dass er im Alter von acht Jahren seine erste Aufführung an der Internationalen Spezialmusikschule von St. Petersburg nicht genoss. Als Student von Ljubov Pevsner war er den Drill gewohnt, der notwendig zum Erreichen hervorragender Leistungen ist, aber er fühlte sich dennoch nicht ganz soweit öffentlich aufzutreten. Aber dann führte gerade dieser Auftritt zu weiteren Gelegenheiten. Im Alter von neun Jahren spielte er mit einem Orchester im Rudolfinum in Prag; das Konzert wurde von 2000 Leuten besucht und im nationalen Radio übertragen. Nie zuvor war er mit einem Orchester aufgetreten, und nie vor einem so großem Publikum. Dies war ein Wendepunkt für den Neunjährigen, der ihn überzeugte, dass das Auftreten die Berufung seines Lebens war.
Im Jahre 1989, direkt nach dem Fall der Berliner Mauer, ging seine Familie nach Deutschland und ließ sich in Berlin nieder. 1996 zog er nach London, um sich an der ‘Purcel School of Music’ und später an der ‘Royal Academy of Music’ einzuschreiben, während seine Mutter und Schwester in Berlin blieben. Trotzdem hielt er den engen Kontakt mit seiner Familie aufrecht, die auch die Piano- “Mutterfigur” Galina Iwanzova umfasste. Wie Sudbins, und viele andere russische Familien jüdischer Herkunft, war auch sie aus der Sowjetunion nach Berlin gezogen. Es ist nicht überraschend, dass er in der Musik seine Heimat sieht und nicht in einer spezifischen Nationalität oder Religion.
Als ich ihn fragte, die Situation des Aufnehmens mit der eines Live-Auftritts zu vergleichen, erklärt er: “beide Situationen bringen ihre eigenen Schwierigkeiten mit. Es ist ein Mythos, dass es nur die Energie eines Live-Auftritts gibt. Obwohl es wahr ist, dass ein Publikum einen Extra-Adrenalinstoß auslösen kann, spiele ich auf gewisse Weise immer für ein Publikum, ob es aus dreitausend Leuten oder aus nur wenigen entscheidenen Leuten in einem Aufnahmestudio besteht. Während man spielt, konzentriert man sich vollständig auf die Musik und das Publikum ist ausgeblendet, ansonsten würde jeder Husten, jedes belebte Geräusch das Auftreten unmöglich machen.”
“Natürlich, jeder Live-Auftritt ist eine Herausforderung, da es keine Wiederholungen gibt. Fehler können nicht korrigiert, aber kleine Schnörkel verziehen werden, da es das Ganze ist, was zählt. Und der Applaus ist ein fantastischer Auftrieb für das eigene Ego und macht in der Unmittelbarkeit seiner Reaktion süchtig, was man nicht im Aufnahmestudio bekommt. Er läßt einen die harte Vorbereitungsarbeit vergessen und läßt einen gewillt sein, das nächste Mal für mehr zurückzukommen,” gibt er ein ein wenig keck zu.
Dann fuhr er fort: “In einer Aufnahmesituation ist es natürlich nach einer dritten Aufnahme schwerer, Spontanität einzubringen, aber es gibt ein Element von Perfektionismen, das zu einem viel höheren Grad befriedigt warden kann. Man kann bestimmte musikalische Ideen betonen und diese — soweit es die Zeit zuläßt — ausprobieren, bis sie stimmen. Sicher, es kann ein schwieriger Prozess sein durch musikalische Häppchen zu gehen, d.h. anzufangen und aufzuhören, nur um ein Detail richtig hinzukriegen. Aber nichts ist mit dem Moment vergleichbar, wenn man die erste Ausgabe in die Hand bekommt und wirklich mit dem Resultat zufrieden ist.”
Und dann fügt er mit einem stolzem Lachen hinzu: “Meine Aufnahmen sind für mich wie Kinder. Ich gebe mir, was sie angeht, große Mühe, behandele sie mit Liebe und sie sind mir sehr nahe. Und wie im Fall von Kindern mache ich mir Sorgen um sie. Nachdem ich ihnen anfänglich zuhöre, mag ich es nicht, ihnen ausgebig zuzuhören, da ich fürchte, Fehler zu finden, die ich nicht mehr abändern kann. Sobald sie heraus sind, haben sie ein ein eigenes Leben.”
Als ich das kontroverse Thema Applaus zwischen den Sätzen erwähne, erwidert er: “Es stört mich nicht. Es sollte nicht als Zeichen der Ignoranz gewertet werden, sondern als Anzeichen großer Wertschätzung und Dankbarkeit.”
Wertschätzung und Dankbarkeit für die Musiker und Komponisten, die vor ihm kamen, mögen es auch sein, die Sudbin in seiner Erkundung der Künstler motiviert, deren Musik er aufführt und aufnimmt.
Aber hier hört er nicht auf, sondern er teilt seine Erkenntnisse mit seinen Freunden und Fans — in Form von ‘liner notes’ auf seiner Webseite. Er genießt auch das Transkribieren von Musik, was er nicht als Komponieren begreift, da es auf bekanntem Material aufbaut, aber dennoch ein kreatives Ventil ist, das er schon früh aufgriff. Es beindruckte mich zu erfahren, dass er ebenfalls ein Fotograf ist, der es liebt, die Schönheit der Natur zu erfassen und all ihre Facetten in kühnen und deutlichen Farben darzustellen.
Unsere Unterhaltung neigte sich dem Ende als Sudbin nach dem Abendessen seine Frau Sally Wei anrief, die in jedem Augenblick die Geburt ihres ersten Baby — eines Mädchen —erwartete.
Und dann, nach der Aufnahmesession am zweiten Tag, galt es für alle, die an diesem außergewöhnlichem Ereignis beteiligt waren, Auf Wiedersehen zu sagen. Die letzten Worte Subins zeugen von seinem Engagement und Liebe dessen, was er macht, egal ob auf der Bühne oder im Aufnahmestudio.
“Ich bin eigentlich sehr traurig, dass es vorbei ist,” sagt er, als Mary Sigmond alle draussen anweist, vor der Konzerthalle sich fotografieren zu lassen. Dann entschwand er mit ihr, nur um sich noch einmal umzudrehen und zu winken.
Auf meinem Flug von Minneapolis nach New York dachte ich über meine Erlebnisse nach. Ich hatte die Fähigkeit Sudbins miterlebt, den poetischsten Klavierklang hervorzubringen, egal ob in einem ganzen Durchlauf oder den kleinsten ‘Soundbites‘wiederholt — selbst bis zu dem Punkt, eine nach der anderen Note neu einzupassen, um so zur Erreichung größter Vortrefflichkeit die Klangfarbe und aufeinander abzustimmen.
Ich war vom aufwendigen Prozess fasziniert, die Stimme eines jeden Instruments auf vielen verschiedenen Tonspuren von den verschiedenen Positionen in der Halle einzufangen und von der Klangaufbereitung, dass in einer sehr ausgewogenen, höchst ausdrucksvollen endgültigen letzten Version, die in Stereo-Suround– Klang ausgefertigt ausgeführt wurde. In der Tat, das Klavier und die Akkustik der Halle waren sehr wichtig gewesen, aber für mich ging es dennoch um die Persönlichkeiten aller an der Aufnahme Beteiligten. Ich verspürte, dass ich große Meister getroffen hatte und ihnen, als sie ihren magischen Zauberttrank schufen, über ihre Schulter gesehen hatte.
Wie Mary Sigmond von der Chopin Gesellschaft es so passend beim Verlassen des Aufnahmestudios ausgedrückt hatte: “Ich werde nie wieder eine Aufnahme auf die gleiche Weise hören.” Ich kann mich ihr nur anschließen and dafür dankbar sein, dass ich die Gelegenheit hatte, bei einem solch augenöffnenden Ereignis dabei zu sein.
Zurück in New York erfuhr ich wenige Tage später, dass Sudbin in seinem Londoner Heim gerade noch rechtzeitig ankam, um sein erstes Baby – Isabella Yi-Ning – zu begrüßen. Aus diesem freudigem Anlass wird er sich zwei Monate beurlauben lassen; kein Zweifel, seine Pianisten-Ehefrau wird diese Entscheidung sicher zu schätzen wissen. BIS hofft auf das Erscheinen von Sudbin’s ”Emperor‘“ CD zusammen mit Beethovens viertem Klavierkonzert, die beide mit dem Minnesota Orchester unter der Leitung von Osmo Vänskä auch „live“ aufgeführt wurden, im kommenden Herbst.

Photo: Teamwork at it's best




Im hinteren Bereich der Bühne, der in ein Aufnahmestudio umgewandelt worden war, teilte Scott Mays Kopien von Partituren von Beethovens gesamten Konzerten an die Gäste aus: Vorstandsmitglieder, Sponsoren und Musikliebhaber, die ohne Unterschied an einfachen Tischen saßen. Eine von ihnen, Mary Sigmond, die Präsidentin der Frederic Chopin Gesellschaft

Photo : Sudbin and Mary Sigmond
erkärte mir freundlicherweise das weitere Procedere und stellte mich dem Aufnahmeproduzenten Robert Suff, einem der wichtigsten Leute im Bereich Technik und Organisation, vor. Dieser leise-sprechende, aber durchaus selbstsichere Mann, der für das skandinavische Klassikplattenlabel BIS arbeitet, hatte für den ersten Tag zwei und für den darauffolgenden Tag die dritte Aufnahmesession geplant. Diese Sessions dauern normalerweise ungefähr drei Stunden mit zwischendurch ca. 15-minütigen Pausen.
Später setzte sich Suff mit dem Rücken den Gästen zugewandt an einen kleinen Monitor, auf dem er konzentriert verfolgte, was am Podium des Dirigenten und am Klavier passierte. Neben ihm zu seiner Rechten kontrollierte sein Toningenieur Hans Kipfer und dessen technischer Assistent die technischen Schalter, die die unterschiedlichen Soundtracks regulieren. Zur Linken überwachten die Aufnahmeleiterin sowie deren Assistent den zeitlichen Ablauf für die Orchestermusiker.

Und dann schließlich begann die Musik. Ich war sofort von der mühelosen Intimität angetan, die Yevgeny Sudbin mit seinem majestätischen Adagio von Beethovens letztem und für mich ergreifensten Konzert schaffte. Während einige der Gäste ihren Partituren folgten, entschied ich mich, den Produzenten und seinen Toningenieuer zu beobachten, die, als sie zuhörten, durch effiziente Gestenverwendung ihren Kommentar kommunizierten.
Sich im Rythmus der Musik bewegend unterbrach Suff, der – obwohl er hinter den hinter den Kulissen tätig ist — selbst ein gelernter Dirigent ist, eine lange musikalische Passage: “Die Akkorde sind zu impressionistisch. Ich kann die Harmonien nicht klar hören.” Dann stieß er hervor: “die Intonation des Fagotts ist jetzt gut, die Bläser sind nur ein bisschen instabil. Aber wenn das Klavier einsetzt, wären die Fagotte zu flach und bei dem Takt 60/61 sind das Fagott und die Klarinette nicht ganz zusammen. Es könnte auch ein bisschen sanfter klingen.”
Als Kopf hinter dem musikalischen Prozess muss Suff all die Fähigkeiten eines Dirigenten miteinbringen, was ihn gewissermassen zu einem Mitdirigenten macht. Er erklärt. “Ich nenne das fertige Produkt einen ‘Überauftritt’, da es eine Wirklichkeit schafft, die über die Erwartungen hinausgeht, die man hat, besucht man eine Live-Konzertaufführung. Bei einer erfolgreichen Aufnahme muss sich die Spannung in jedem Moment steigern, um die immer-dahinschwindende Aufmerksamkeitsspanne des Zuhöreres zu treffen. Es geht alles darum, die perfekte Ausgewogenheit auf einer hohen Energiestufe zu schaffen.”
Wenn er eine Unvollkommenheit in der Konzertaufführung hört, muss der Produzent genau in diesem Moment entscheiden, ob er die Musiker stoppen soll oder ob der Fehler später behoben werden kann. Letzteres beinhaltet eine Neuaufnahme einer Korrekturstelle und deren nahtlose Verknüpfung mit dem musikalischem Material.
Manchmal war es der Dirigent, der eine Aufnahme unterbricht, manchmal war es Subin selbst, der es noch einmal versuchen wollte, wenn er glaubte, eine Passage könne noch expresssiver gespielt oder ein melodischer Satz noch besser verbunden werden.
"Yevgeny," unterbrach Suff das Schwingen von wunderschönen Akkordsteigerungen, “wenn du diesen Sprung hier machst, kannst du dann die hohen Töne ein bißchen mehr klingen lassen?”
Und Sudbin erfüllte die Erwartungen. Seine hohen Töne klangen wie russische Glocken und ich dachte für mich, dass ich selten so eine exakte und doch so befreiende Kontrolle erlebt hatte, vielleicht nur im Fall des anderen russischem 'Evgeny' — Evgeny Kissin (ohne das ‘y’ buchstabiert) — der, wie Sudbin mir gegenüber später zugab, eben sein Idol sei. Ich fragte mich, ob irgendetwas eigentümlich Russisches in der Wiedergabe sei…etwas, was eines jeden Instinkt anspricht.
Indem sie den zeitlichen Ablauf während all der Unterbrechungen und Wiederaufnahmen genau verfolgten, hatten die Aufnahmeleiterin und ihre Assistentin ihre Augen fest auf die Uhr gerichtet. Bezüglich meiner Vorstellung von der Orchersterwelt hinterließ es einen tiefen Eindruck, als die Aufnahmeleiterin in der Mitte einer äußerst aufregenden Wiederholung mit 10 beginnend rückwärts zählte, um den Produzenten zu warnen, dass die Zeit auslaufe und alles in Sekunden zum Stillstand käme— für die Nachwelt unsterblich gemachte künstlerische Perfektion, im Gegensatz zum Recht des Orchesters auf eine Mittagspause, [also] einer Realität, die mir die Gelegenheit zu einem Gespräch mit dem Aufnahmeproduzenten Robert Suff und Yevgeny Sudbin im Ivy bot, dem charaktervollen Hotel Minnesotas, das durch einen überdachten Weg direkt mit der Konzerthalle verbunden ist.
Hier war es, als ich mehr über den Plattenvertrag zwischen Sudbin und dem schwedischen Musiklabel BIS erfuhr – diese Beziehung ist weitgehend Suffs Verdienst. Er war es, der umgehend den BIS Eigentümer Robert von Bahr aufmerksam machte, nachdem er Sudbin’s Vorführaufnahme gehört hatte, die ihm vom in London beheimateten Nigel Grant Rogers, Manager und Freund Sudbins zur Verfügung gestellt wurde. Und obwohl es einen Stopp gab, neue Pianisten unter Vertrag zu nehmen, gelang es Suff von Bahr zu begeistern, der sich so entschied eine Ausnahme zu machen. “Ja, wir müssen das machen” waren von Bahrs eigene Worte, die das grüne Licht für das gaben, was ein 14 CD-Aufnahmevertrag mit dem in Russland geboren Pianisten Yevgeny Sudbin werden sollte. Laut Suff veranschaulicht der Deal den Ehrgeiz der Firma, vielversprechende Künstler auf ihrem Weg zum Erfolg zu begleiten.
Sudbins erste BIS Aufnahme, eine Kollektion von Scarlatti-Sonaten, wurden 2005 herausgebracht, sammelte großartige Kritiken und stellte Sudbin fast sofort ins Rampenlicht. Zahlreiche internationale Aufführungen und weitere Aufnahmen — von Rachmaninow, Scriabin, Tchaikovsky, Medtner, und Haydn – folgten dem Karrieredurchbruch des jungen Pianisten. Sudbins Vielseitigkeit brachten weitere lobende Kritiken ein wie auch den “Gramophone’s Editor’s Choice” Preis für seine 2005 Scriabin-Aufnahme.
In seiner Laudatio für Gramophone meint Bryce Morrison: “Kein Pianist irgendeiner Generation hat meiner Erfahrung nach so lebhaft Scriabins Flüchtigkeit wie Sudbin erfasst … All die Aufführungen sind mit einer persönlichen Note wie auch einer Brillianz versehen, die selbst über die wildesten Ansprüche Scriabins weit hinausgeht … Dies ist, um es passend euphorisch zu fassen, eine CD unter Millionen.” Und der Daily Telegraph führt in seiner Kritik aus dem Jahre 2007 aus: "Yevgeny Sudbin wird bereits als einer der größten Pianisten des 21. Jahrhunderts bejubelt.” Applaus kam auch von Pianistenkollegen, wie von dem in London lebenden Stephen Hough, der selbst ein nachgefragter Künstler ist. Bezüglich Sudbins Rachmaninow Aufnahme meint Hough: “Sein Spielen ist kühn, anregend, tiefempfunden und in jedem Moment absolut lebendig”, (wie auf Sudbins Webseite zitiert wird).
Als ich schließlich mit Sudbin allein sprechen konnte, driftete unser Interview bald in eine lebhafte Unterhaltung beim Abendessen ab und ließ eine weniger formelle und sehr warme persönliche Atmosphäre entstehen. Und es war hier, als ich zu verstehen begann, dass jenseits der Aura von Seriösität, die einen Künstler umgibt, wenn dieser seiner “Pflicht” nachgeht, es sich bei dem privaten Sudbin um eine sehr geistreiche, fürsorgliche , und großzügige Person handelt. Er fragte sogar nach meinen eigenen Bemühungen am Klavier und nach der Taubman Klaviermethode bei der ich leidenschaftlich involviert bin. Wir fühlten uns in Bezug auf unsere persönlichen Erfahrungen verbunden, da wir beide einige Zeit in Deutschland verbracht hatten und Sudbin erzählte mir von seinen allerersten Tagen als aufstrebender Pianist und dass er im Alter von acht Jahren seine erste Aufführung an der Internationalen Spezialmusikschule von St. Petersburg nicht genoss. Als Student von Ljubov Pevsner war er den Drill gewohnt, der notwendig zum Erreichen hervorragender Leistungen ist, aber er fühlte sich dennoch nicht ganz soweit öffentlich aufzutreten. Aber dann führte gerade dieser Auftritt zu weiteren Gelegenheiten. Im Alter von neun Jahren spielte er mit einem Orchester im Rudolfinum in Prag; das Konzert wurde von 2000 Leuten besucht und im nationalen Radio übertragen. Nie zuvor war er mit einem Orchester aufgetreten, und nie vor einem so großem Publikum. Dies war ein Wendepunkt für den Neunjährigen, der ihn überzeugte, dass das Auftreten die Berufung seines Lebens war.
Im Jahre 1989, direkt nach dem Fall der Berliner Mauer, ging seine Familie nach Deutschland und ließ sich in Berlin nieder. 1996 zog er nach London, um sich an der ‘Purcel School of Music’ und später an der ‘Royal Academy of Music’ einzuschreiben, während seine Mutter und Schwester in Berlin blieben. Trotzdem hielt er den engen Kontakt mit seiner Familie aufrecht, die auch die Piano- “Mutterfigur” Galina Iwanzova umfasste. Wie Sudbins, und viele andere russische Familien jüdischer Herkunft, war auch sie aus der Sowjetunion nach Berlin gezogen. Es ist nicht überraschend, dass er in der Musik seine Heimat sieht und nicht in einer spezifischen Nationalität oder Religion.
Als ich ihn fragte, die Situation des Aufnehmens mit der eines Live-Auftritts zu vergleichen, erklärt er: “beide Situationen bringen ihre eigenen Schwierigkeiten mit. Es ist ein Mythos, dass es nur die Energie eines Live-Auftritts gibt. Obwohl es wahr ist, dass ein Publikum einen Extra-Adrenalinstoß auslösen kann, spiele ich auf gewisse Weise immer für ein Publikum, ob es aus dreitausend Leuten oder aus nur wenigen entscheidenen Leuten in einem Aufnahmestudio besteht. Während man spielt, konzentriert man sich vollständig auf die Musik und das Publikum ist ausgeblendet, ansonsten würde jeder Husten, jedes belebte Geräusch das Auftreten unmöglich machen.”
“Natürlich, jeder Live-Auftritt ist eine Herausforderung, da es keine Wiederholungen gibt. Fehler können nicht korrigiert, aber kleine Schnörkel verziehen werden, da es das Ganze ist, was zählt. Und der Applaus ist ein fantastischer Auftrieb für das eigene Ego und macht in der Unmittelbarkeit seiner Reaktion süchtig, was man nicht im Aufnahmestudio bekommt. Er läßt einen die harte Vorbereitungsarbeit vergessen und läßt einen gewillt sein, das nächste Mal für mehr zurückzukommen,” gibt er ein ein wenig keck zu.
Dann fuhr er fort: “In einer Aufnahmesituation ist es natürlich nach einer dritten Aufnahme schwerer, Spontanität einzubringen, aber es gibt ein Element von Perfektionismen, das zu einem viel höheren Grad befriedigt warden kann. Man kann bestimmte musikalische Ideen betonen und diese — soweit es die Zeit zuläßt — ausprobieren, bis sie stimmen. Sicher, es kann ein schwieriger Prozess sein durch musikalische Häppchen zu gehen, d.h. anzufangen und aufzuhören, nur um ein Detail richtig hinzukriegen. Aber nichts ist mit dem Moment vergleichbar, wenn man die erste Ausgabe in die Hand bekommt und wirklich mit dem Resultat zufrieden ist.”
Und dann fügt er mit einem stolzem Lachen hinzu: “Meine Aufnahmen sind für mich wie Kinder. Ich gebe mir, was sie angeht, große Mühe, behandele sie mit Liebe und sie sind mir sehr nahe. Und wie im Fall von Kindern mache ich mir Sorgen um sie. Nachdem ich ihnen anfänglich zuhöre, mag ich es nicht, ihnen ausgebig zuzuhören, da ich fürchte, Fehler zu finden, die ich nicht mehr abändern kann. Sobald sie heraus sind, haben sie ein ein eigenes Leben.”
Als ich das kontroverse Thema Applaus zwischen den Sätzen erwähne, erwidert er: “Es stört mich nicht. Es sollte nicht als Zeichen der Ignoranz gewertet werden, sondern als Anzeichen großer Wertschätzung und Dankbarkeit.”
Wertschätzung und Dankbarkeit für die Musiker und Komponisten, die vor ihm kamen, mögen es auch sein, die Sudbin in seiner Erkundung der Künstler motiviert, deren Musik er aufführt und aufnimmt.
Aber hier hört er nicht auf, sondern er teilt seine Erkenntnisse mit seinen Freunden und Fans — in Form von ‘liner notes’ auf seiner Webseite. Er genießt auch das Transkribieren von Musik, was er nicht als Komponieren begreift, da es auf bekanntem Material aufbaut, aber dennoch ein kreatives Ventil ist, das er schon früh aufgriff. Es beindruckte mich zu erfahren, dass er ebenfalls ein Fotograf ist, der es liebt, die Schönheit der Natur zu erfassen und all ihre Facetten in kühnen und deutlichen Farben darzustellen.
Unsere Unterhaltung neigte sich dem Ende als Sudbin nach dem Abendessen seine Frau Sally Wei anrief, die in jedem Augenblick die Geburt ihres ersten Baby — eines Mädchen —erwartete.
Und dann, nach der Aufnahmesession am zweiten Tag, galt es für alle, die an diesem außergewöhnlichem Ereignis beteiligt waren, Auf Wiedersehen zu sagen. Die letzten Worte Subins zeugen von seinem Engagement und Liebe dessen, was er macht, egal ob auf der Bühne oder im Aufnahmestudio.
“Ich bin eigentlich sehr traurig, dass es vorbei ist,” sagt er, als Mary Sigmond alle draussen anweist, vor der Konzerthalle sich fotografieren zu lassen. Dann entschwand er mit ihr, nur um sich noch einmal umzudrehen und zu winken. Photo: Sudbin mit Autorin Ilona Oltuski
Auf meinem Flug von Minneapolis nach New York dachte ich über meine Erlebnisse nach. Ich hatte die Fähigkeit Sudbins miterlebt, den poetischsten Klavierklang hervorzubringen, egal ob in einem ganzen Durchlauf oder den kleinsten ‘Soundbites‘wiederholt — selbst bis zu dem Punkt, eine nach der anderen Note neu einzupassen, um so zur Erreichung größter Vortrefflichkeit die Klangfarbe und aufeinander abzustimmen.































Ich war vom aufwendigen Prozess fasziniert, die Stimme eines jeden Instruments auf vielen verschiedenen Tonspuren von den verschiedenen Positionen in der Halle einzufangen und von der Klangaufbereitung, dass in einer sehr ausgewogenen, höchst ausdrucksvollen endgültigen letzten Version, die in Stereo-Suround– Klang ausgefertigt ausgeführt wurde. In der Tat, das Klavier und die Akkustik der Halle waren sehr wichtig gewesen, aber für mich ging es dennoch um die Persönlichkeiten aller an der Aufnahme Beteiligten. Ich verspürte, dass ich große Meister getroffen hatte und ihnen, als sie ihren magischen Zauberttrank schufen, über ihre Schulter gesehen hatte.
Wie Mary Sigmond von der Chopin Gesellschaft es so passend beim Verlassen des Aufnahmestudios ausgedrückt hatte: “Ich werde nie wieder eine Aufnahme auf die gleiche Weise hören.” Ich kann mich ihr nur anschließen and dafür dankbar sein, dass ich die Gelegenheit hatte, bei einem solch augenöffnenden Ereignis dabei zu sein.
Zurück in New York erfuhr ich wenige Tage später, dass Sudbin in seinem Londoner Heim gerade noch rechtzeitig ankam, um sein erstes Baby – Isabella Yi-Ning – zu begrüßen. Aus diesem freudigem Anlass wird er sich zwei Monate beurlauben lassen; kein Zweifel, seine Pianisten-Ehefrau wird diese Entscheidung sicher zu schätzen wissen. BIS hofft auf das Erscheinen von Sudbin’s ”Emperor‘“ CD zusammen mit Beethovens viertem Klavierkonzert, die beide mit dem Minnesota Orchester unter der Leitung von Osmo Vänskä auch „live“ aufgeführt wurden, im kommenden Herbst.