Sunday, August 14, 2011

Verbier 2011 : Treffen der Musikgiganten

Im 18. Jahr seines Bestehens bietet das Verbier Festival seine eigene Festival Akademie, sein eigenes Kammerorchester und ein Orchester – alles Institutionen, die es begabten jungen Musikern erlauben, von den Besten ihres Fachs zu lernen.

Und Jahr für Jahr kommen in Verbier Musiker zusammen, nicht nur um Konzerte, Masterclasses und andere Präsentationen anzubieten, sondern vor allem auch um den sozialen Aspekt dieses Zusammenkommens zu geniessen, und sich – selten genug – im Kreis anderer Musiker zu entspannen. Der Pianist Evgeny Kissin zum Beispiel war dieses Jahr bereits das 16. Mal dabei.

Für das leibliche Wohl und die standesgemässe Unterbringung der Künstler und ihrer Angehörigen sorgten auch dieses Jahr wieder der Begründer und Direktor des Festivals, Martin T:son Engström, und sein Netzwerk grosszügiger Unterstützer.

Natürlich gibt es auch eine ganze Reihe Musiker, die, wie auch das Stammpublikum, Jahr für Jahr die Reise nach Verbier antreten, um in diesem Musikparadies an der Grenze zwischen Frankreich und der Schweiz die Darbietungen der internationalen Superstars der klassischen Musikszene zu geniessen.

Dank Medici.tv und deren Sponsoren werden Konzerte nun auch zum Teil live über das Internet gestreamt, und erfreuen sich einer virtuellen Internationalität.

Unter den exquisiten Darbietungen des Festivals stach dieses Jahr vor allem der für den 26. Juli angesetzte Konzertabend hervor. Dabei hatte die Aufführung mit einer ganzen Menge von Problemen begonnen: Der Geiger Gidon Kremer sollte eigentlich, wie auch in den Jahren zuvor, Teil des Programms sein, hatte aber in letzter Minute abgesagt, und auch der Auftritt von Bass-Bariton Thomas Quasthoff war abgesagt worden. Es musste also improvisiert werden. Doch trotz der Absagen wurde aus dem Abend ein rauschendes Fest internationaler Starpower, die einem Grossereignis in Hollywood in keinster Weise nachstand: Mondäne, attraktive Musiker in spektakulärer Abendrobe, komplett mit Kostümwechseln, wie denen Yuja Wangs, waren genauso Teil des Programms wie es die unverfälscht emotionale Kraft der musikalischen Darbietungen war. Die Interaktion der Hochtalentierten trug weiterhin zur Steigerung dieser Zelebrierung höchsten Musikgenusses bei.

Joshua Bell, Anne-Sophie Mutter, Ivry Gitlis, Leonidas Kavakos, Roby Lakatos, Julian Rachlin, Vadim Repin, Yuri Bashmet, Mischa Maisky, Gautier Capucon, Denis Matsüv, Yuja Wang, Khatia Buniatishvili, Evgeny Kissin, und the grosse Martha Argerich sorgten für den vollen Erfolg des Abends.

Das Ensemble. Photo: Aline Paley

Das Programm bestand aus einer Auswahl kürzerer Beiträge sowie Werken von Mendelssohn, Brahms, Kreisler und Shostakovich, bot aber auch einige überraschende Elemente, wie die Musik von Monti Csardas, dessen charakteristische Zigeuner-Resonanzen die dynamische Atmosphäre im Saal weiter anheizten.

In einem der bewegendsten Momente des Abends würdigte Evgny Kissin den am Vortag verstorbenen Vater des ukrainischen Geigers Yuri Bashmet mit einer Darbietung, die eine symbolische Brücke zwischen Kunst, Leben und Tod schlug.

Bashmet, der trotz seiner tiefen Trauer nicht auf seinen Auftritt verzichtet hatte, liess keinen Zweifel darüber, wie viel ihm Kissins unterstützende Geste bedeutete: Die beiden Musiker hatten eine Komposition des tchechischen Komponisten Benda aufgeführt, obwohl Kissin die in allerletzter Minute aus Moskau gefaxte Partitur erst am Tag des Konzerts zum allerersten Mal sichten konnte. Nur wenige Minuten waren den beiden Musikern vergönnt gewesen, sich mit dem Material vor dem Konzert vertraut zu machen, und beide Musiker arbeiteten von einer einzigen Kopie.

Bashmet/Kissin Photo: Aline Paley

Als Kissins Stern am internationalen Musikhimmel zu leuchten begann, war Bashmet bereits ein bekannter Geiger in Russland. Bashmet erinnert sich daran, wie sehr ihn das Talent des damals 12-jährigen Kissin und dessen Chopin-Interpretationen begeistert hatten: “Es war wie eine Offenbarung, etwas nie zuvor Gehörtes, ganz so, als hätte sich der Himmel geöffnet”, schwärmt er.

Liebevoll kommentierte er Kissins bescheidene Natur und scheue Persönlichkeit, die Kissin immer wieder sein Licht unter den Scheffel stellen lässt. Aber nicht nur Bashmet drückte seine tiefe Bewunderung für Kissin aus, sämtliche Künstler des Abends waren sich an diesem Punkt einig.

Repin/Kissin/Bashmet/Maisky Photo: Aline Paley

In Verbier wurde das Publikum Zeuge der Bewunderung der beiden Musiker füreinander, die sich sowohl musikalisch als auch durch deren Körpersprache ausdrückte. Es war vor allem Kissins Mitgefühl für Bashmet, das den Raum füllte, als der Pianist den Geiger von der Bühne begleitete.

Bis zuletzt war nicht sicher gewesen, ob Martha Argerich an diesem Abend auftreten würde.

Kissin/Argerich Photo: Aline Paley

Glücklicherweise tat sie es, und obwohl sie zögerte, nach ihrem erst vier Tage zurückliegenden, hoch gelobten Konzert wieder auf der Bühne zu stehen, sorgte sie letztendlich für ein überwältigendes Finale des Abends. Tosender Beifall für ihre aussergewöhnliche Virtuosität und ihre atemberaubenden Tempi, die sie zusammen mit Evgeny Kissin in Lutoslawskis Pagagini-Variationen für zwei Pianos demonstrierte, folgten ihrer Darbietung. Bei ihrem Auftritt mit dem legendären Geiger Ivry Gitlis zeigte sie sich als äusserst einfühlsam. Der Virtuose wurde abwechselnd von den jungen Pianisten Khatia Buniatishvili and Yuja Wang begleitet; bei seinem Auftritt mit Martha Argerich bewies sich die ganze Virtuosität des nunmehr 89-jährigen Meisters, der einmal mehr bewies, dass wahres musikalisches Können kein Alter kennt.

Gitlis/Wang Photo: Aline Paley

Die Proben für den Konzertabend hatten schon am Abend zuvor begonnen, und gingen - zeitlich aufgeteilt nach Gruppen von Musikern, die zusammen auftreten würden - am Tag des Konzerts weiter. Auch Kissin probte am Vorabend, und ein weiteres Mal am Tag des Konzerts. Die Probe sollte mit der Klaviersonate Op. 120, No. 2 von Johannes Brahms beginnen; der für den Part der Viola vorgesehene Bashmet hatte sich jedoch verspätet. Nachdem Kissin seine Lederjacke an die Ecke des Klaviers gehängt hatte, verlor er keine Zeit, sich ans Klavier zu setzen und die Sonate durchzuarbeiten.

Die riesig leere zeltartige Struktur des Salle des Combins füllte sich umgehend mit Kissins klar definierten Läufen, die er aus verschiedenen Perspektiven anging. Er suchte sich einen Ausgangspunkt, und dann einen weiteren, vom ersten etwas entfernt, und integrierte seine Läufe in die folgende Passage.

Manchmal legte er dabei den Schwerpunkt auf die eine oder andere Hand, durchlief einen Teil des Stücks, und brachte schliesslich alle Elemente wieder zusammen. Ein andermal variierte er seinen Ansatz, indem er schneller in die Tasten griff, dann wieder langsamer, lange Atempausen schaffend, die die Zeit fast zum Stillstand zu bringen schienen. Er ging mühelos zu Kaskaden über, die die natürliche Kraft von Wasserfällen zu haben schienen. Vor allem in Akkordprogressionen setzte er sein Handgelenk relativ hoch an, was eine starke Angleichung der Finger, der Hand und des Vorderarms bewirkte; dies wiederum erlaubte die totale Kontrolle über die ausgewogene Ausformung seiner durchgängigen melodischen Stränge.

Als Bashmet endlich eintraf, unterhielten sich die beiden Musiker in ihrer Muttersprache – Russisch – und Kissin gab Bashmet das “A” des Flügels zum Stimmen der Viola. Die beiden spielten das Werk ohne häufige Unterbrechungen zügig durch.

Bashmet spielte zumeist sehr zart, und steigerte sich nur sehr vorsichtig zu Crescendos, mit Ausnahme der Höhepunkte. Gegen Ende des absolut wundervollen Appasionata, ma non troppo allegro konnte ein Zuhörer nicht länger an sich halten, sondern applaudierte, obwohl das Musikstück noch nicht ganz zu Ende war. Bashmet lächelte und wies darauf hin, dass es noch weiter ging, verbeugte sich aber trotzdem höflich und dankte dem enthusiastischen Zuhörer mit einer Prise seines Humors.

Kissin ging weiter durch die verschiedenen Abschnitte des Stücks und nahm sich dann des anspruchsvollsten und schwierigsten Teil seiner Proben an – den Paganini-Variationen. Mit denen würde er, zusammen mit Martha Argerich, den Konzertabend beschliessen.

Kissin bei den Proben

Nach der Probe für das Brahms-Stück betrat Martha Argerich den Saal, ganz die statueske Diva des Festivals und Legende der klassischen Musikwelt.

Kissin bei den Proben

Kissin probt

Mit ihren 70 Jahren scheint sie nichts von ihrem jugendlichen Elan eingebüsst zu haben. Kissin erhob sich, um sie zu begrüssen, und die beiden umarmten einander herzlich: zwei Giganten des Klaviers, im Begriff, an zwei gegenüber stehenden Flügeln Platz zu nehmen und sich auf einen einzigartigen Auftritt vorzubereiten.

Kissin eröffnete den musikalischen Dialog mit Vehemenz, während Argerich die feinsten Klangbilder erkundete, und so eine völlig andere Klanglandschaft kreierte. Das Ergebnis dieser Zwiesprache mit ihren atemberaubend schnellen Variationen hätte sich, unter anderer Regie, möglicherweise schnell in Freiübungen aufgelöst. Ganz entspannt diskutierten die beiden Pianisten das Timing bestimmter Eckpunkte ihrer Darbietung, und arbeiteten das Stück auf diese Weise durch. Irgendwann fragte Argerich, an die kleine Zuhörerschaft gerichtet, die sich inzwischen im Raum eingefunden hatte: “C’etait bien?”, worauf die Gäste mit einem empathischen “Oui, merveilleux” antworteten.

Dann besprach sie sich mit Kissin, und sie gingen das Stück noch einmal durch. “Are we safe?” fragte sie ihn dann, und er antwortete mit einem Lächeln: “Yes, we are safe”. Sie tauschten eine weitere Umarmung und kleine Wangenküsse aus, und man ging zum Luftschnappen nach draussen.

Argerich setzte sich auf eine der Bänke vor der Halle, und während sie sich eine Zigarette anzündete, begannen wir unser Gespräch. Ihre Offenheit spiegelte die allgemeine Atmosphäre zwischen den Künstlern des Festivals wieder, und diese trug nicht unerheblich zum Erfolg des Festivals bei. Das freundschaftliche und verbindliche Ambiente war nicht zuletzt auch Argerichs Verdienst; es erlaubte allen Beteiligten eine gewisse Unbeschwertheit und liess sie – trotz der Vorbereitungen für das ambitionierte Konzertprogramm – die Zeit in Verbier fast wie einen Kuraufenthalt geniessen.

Da sass sie nun, die berühmte Martha Argerich: auf Französisch, Englisch und Deutsch grüsste sie alle vorbeigehenden Musiker mit einer Energie und Lebhaftigkeit, die an die Lebenslust eines Teenagers erinnerte.

Es bestand kein Zweifel, dass sie von Kissin sehr beeindruckt war. “Wissen Sie”, sprach sie mich an, “das erste Mal hatte mir Daniel Barenboim von Zhenya erzählt. Dann hab’ ich Aufzeichnungen seiner Chopin-Konzerte gehört: unglaublich! Ich glaube, er war erst 12 zu der Zeit. Und dann traf ich ihn in den späten 80iger Jahren hinter der Bühne eines seiner Konzerte in Moskau; ich war da, um mit Gidon Kremer aufzutreten. Er bat mich um ein Autogramm”, lächelte sie. “ Ich liebe Zhenya – er ist einmalig … und ich spreche nicht nur von seinen musikalischen Fähigkeiten, die wirklich eine Klasse für sich sind, sondern ich meine auch ihn als Person. Wir haben zum ersten Mal hier in Verbier zusammen gespielt; ich glaube, das war 1997. Er ist wirklich so aussergewöhnlich. Er bat mich, seinen 40igsten Geburtstag mit ihm zu feiern; er wird an diesem Tag in Japan auf Tournee sein.

Und dann stand Martha Argerich auf, und fragte mich nach meinem Sternzeichen; als ich ihre Frage beantwortete (ich bin Stier), liess sie mich nicht wissen, warum sie nachgefragt hatte, sondern lächelte nur vielsagend. Sie ging mir zurück in die Konzerthalle voraus, und die nächste Runde von Kissins Proben zum Brahms-Quartett für Klavier Op. 25, No.1 stand auf dem Programm.

Der Geiger Vadim Repin und der ewig-coole Cellist Mischa Maisky gesellten sich zu Kissin, und dem Violisten Bashmet. Somit war die ‘russische All-Star Band’ komplett.

Als ich später mit dem in Moskau und Wien ansässigen Geiger Vadim Repin sprach, drückte der sein Bedauern darüber aus, dass das Schicksal sie alle nicht häufiger zusammen bringe. Aber, meinte er, wenn es denn passiere, sei es immer ein glücklicher Augenblick.

Kissin und Repin kennen sich ursprünglich von einem Konzert in Moskau, bei dem sie beide – ganze 13 Jahre alt – aufgetreten waren. Ihre Freundschaft war über die Jahre gewachsen, und sie blicken auf viele schöne Momente zurück, z.B. auf gemeinsame Schachspiele bei Konzertreisen.

”Ich halte ihn, als Menschen und als Musiker, für einen der kompromisslosesten und stärksten Persönlichkeiten,” sagt Repin über Kissin.”Ich würde ihm mein Leben anvertrauen, und das gilt natürlich auch für die Bühne. Er verkörpert die perfekte Balance zwischen Empfindsamkeit und fähiger Führung. Und nicht nur ich verehre ihn; meine ganze Familie bewundert seine Persönlichkeit.”

Cellist Mischa Maisky erinnerte sich an sein erstes Konzert mit Kissin – ein äusserst anspruchsvolles Konzert, das einen bleibenden Eindruck bei ihm hinterlassen hatte. Das Konzert fand 2001 in Verbier statt. Vor zwei Jahren dann, wieder in Verbier, spielten Maisky und Kissin dort ein Trio mit Joshua Bell. Maisky beschrieb, dass ihm die perfekte Balance sämtlicher Faktoren, die zusammen kommen müssen, um wirklich grossartige Musik zu machen, das ist, was ihn an seinen Auftritten mit Kissin am besten gefällt. “Er hat natürlich eine enorme technische Fertigkeit, ist einfühlsam und hat ein grosses Herz, aber er ist auch sehr intelligent. Und er ist ein Perfektionist mit sehr hohen Qualitätsmassstäben, und weiss, was er will. Seine Hingabe ist jedoch das wirklich Inspirierende; er legt die Latte jedesmal sehr hoch an, und es ist eine grossartige Sache, sich dieser Herausforderung zu stellen.

Die Überzeugung, dass Musiker, die in der Öffentlichkeit stehen, auch die moralische Verpflichtung haben, ihre Stimme gegen Unrecht zu erheben und für Dinge, an die sie glauben, aktiv zu werden, teilen beide Musiker gleichermassen.

Meint Maisky: “Eine einzelne Stimme hört man vielleicht nicht so gut, gemeinsame Bemühungen haben jedoch einen kumulativen Effekt. Darum sollte man nicht passiv bleiben und denken, dass man sowie nichts ändern kann. Zumindest sollte man sich bemühen und an den Erfolg seines Tuns glauben. “

Erst im letzten Monat nahmen die beiden Künstler zusammen mit Martha Argerich and Gideon Kremer an einem Konzert in Strassburg teil, in dessen Rahmen sie anti-demokratische Praktiken in Russland anprangerten.

Verbier bietet zweifelsohne immer wieder die einzigartige Gelegenheit, neue und alte Freundschaften, die weit über gemeinsames Musizieren hinausgehen, zu schliessen bzw. wiederzubeleben - nicht zuletzt auch auf den legendären Afterparties.

Afterparty


Thursday, August 11, 2011

Reflektieren über Werke in Bearbeitung: Neue Musik beim ‘River to River Festival’
















Für seine Vielfältigkeit hinsichtlich innovativer kultureller Veranstaltungsproduktionen bekannt, wurde das faszinierende Programm dieses Abends für das ‘River to River Festival’ von Beth Morrison verwirklicht. ‘River to River’ fördert kulturelles Leben, besonders in ‘downtown Manhattan’ und das Beth Morrison Projekt stellt seine schöpferische Initiative in den Dienst der Planung dieser Veranstaltung. Das Programm des Abends umgab mich mit Kerzenlicht und surrealen Videoinstellationen im Hintergrund, als eine Kostprobe der fantastischen Zusammenarbeit und den Austausch unter den anwesenden Musikern.Trinity Choir performs Nico Muhly
Paola Prestini, eine der dynamischen Komponisten, die zusammen mit Missy Mazzoli und Nico Muhly auftrat, teilte (deren Werke feierlich vom ‘Trinity Choir’ unter der Leitung von Julian Wachner beim Festival aufgeführt wurden), nahm sich die Zeit, mir die Darbietung ihres [Stückes] House of Solitude - A Poet’s Labyrinth näher zu bringen. ”Das Werk ist noch in Arbeit” erläuterte sie, “und die vollendete Version wird im Jahre 2013 am ‘Krannert Center’ Premiere haben. Der KBOW, der Neils Bogen ist und vom berühmten Keith McMillan erfunden worden war, bringt Sounddateien und Effekte hervor, aber setzt schießlich Licht und Film in Gang. Daran arbeiten wir und erweitern das Stück…Keith erfand Zeta Instrumente und Neil führt überzeugend auf .” Mit berauschenden Bewegungen, die Klangwellen jenseits des Klangbogens entstehen zu lassen scheinen, gab der brilliante Cornelius Dufallo Photo: Cornelius Dufallo
(siehe ebenfalls meinen Artikel http://getclassical.blogspot.com/2011/06/ethel-quartets-violinistcomposer.html ) Prestinis Werk in Verbindung mit einem konzeptionell surrealistischen und amorpfen, stimmungsändernden Video zum Besten, das von Carmen Kordas entworfen worden war und auf einem im Hintergrund runtergelassenen Bildschirm gezeigt wurde.
Mazzoli am Keyboard spielte mit der ausdrucksvollen Violinistin Nadia Sirota zu den Videos von Jennifer Stock wie auch von Alice Lovejoy. Das Zusammenspiel dieses Duos war schon vorher gefühlvoll erkundet worden. Und auch Mazzoli reflektiert hinsichtlich dessen, was noch in Arbeit und macht [so] das Leben selbst zu einem selbstreflektierten Werk, dass noch in Arbeit ist, zu einer Konstante in ihrem Leben.
“Das Abenteuer das Auftretens, des Komponierens, des [Musik-] Unterrichtens und des Produzierens, wobei man nie weiß, was morgen passieren wird…”ist ihre Idee mit Musik Spaß zu haben.
“Ich entwickle fortwährend meine eigene Stimme und verändere sie, sie wird immer von neuen Genres beeinflußt, von neuen und alten Komponisten wie auch von den bildenen Künsten. Das verändert unabdingbar das, was ich schreibe. Zum Beispiel, im Moment fasziniert mich der visuelle Einfluss von Sol Levitt oder die Musik von John Luther Adams; es beindruckt mich, wie man ein Stück aus diesen Mustern schaffen und so diese Kollagen schaffen kann,” meint Mazzoli. Das schließt nicht ihre Faszination für den Klassizismus Beethovens aus.
Was laut Mazzoli das beste war, was ihr je passiert ist, war im Alter von 21 Jahren die Gelegenheit zu haben, dank Fulbright Stipendiums Zeit in Amsterdam verbringen zu können, wo sie bei Louis Andriessen studierte, der von ‘Musical America‘ zum Komponisten des Jahres 2010 ernannt worden war. Sie beschreibt diese Zeit ihres Lebens als eine entscheidende Erfahrung in ihrem Leben, als sie in Clubs auftrat, Shows auf die Bühne brachte und mit ihrer ersten Band hills not skyscrapers herumtingelte. Nach ihrer Rückkehr und der Erlangung eines Master Abschlusses von der Yale Universität hatte sie verschiedene, miteinander in Zusammenhang stehende Positionen inne, die vom persönlichen Assistenten von Meredith Monk bis zu einer Führungsposition reichten, als sie das von Philip Glass gegründete MATA Festival leitete, wo sie als eine der Aufretenden angefangen hatte. Alles hängt miteinander zusammen und es geht darum, in der Öffentlichkeit zu stehen und mit Auftrittskünstlern zusammenzuarbeiten, die dann Freunde und zu einem Netzwerk werden, die konstant zu größeren und besseren Dingen führen.Nadia Sirota und Missy Mazzoly tech-rehearsal
Der Aufnahmeproduzent Judd Greenstein, ein guter Freund von Mazzoli, nahm auch ihr erstes Album Cathedral City auf, das von ihrer nur aus weiblichen Mitgliedern bestehenden Band Victoire im letzten September herausgegeben wurde und als eines der besten klassischen CDs im Jahre 2010 von NPR National Public Radio, der New York Times wie auch von Alex Ross vom ‘New Yorker’ Journal plaziert wurde, der Mazzoli als “führend unter den New Yorker jungen Modernen” beschrieb.Missy Mazzoly Probe
Obwohl sie es als rein zufällig beschreibt, dass alle Auftretenden bei Victoire weiblich sind, begrüßt sie die Gelegenheit auf einem Gebiet mit Frauen zusammenzuarbeiten, das immer noch zu einem gewissen Grad von männlichen Komponisten wie auch Instrumentalisten dominiert wird. Das Quintett, das Mazzolis elektrisch verstärkten Werke spielt, wurde im Jahre 2008 gegründet. Mazzoli spielt normalerweise nicht viel von ihren eigenen Werken; stattdessen nimmt sie Auftragsarbeiten von Künstlern aus aller Welt an. Das Kronos Quartett, Eight Blackbird und das American Composers Orchestra sind unter ihren vielen regulären Auftraggebern.
Bevor Mazzoli, die tatsächlich ein bisschen Lampenfieber eingestand, sich für ihren Auftritt an diesem Abend in der Trintity Church, dem Veranstaltungsort des Festivals, vorbereitete, sprachen wir über das Medium der Oper, das momentan musikalische Entdeckungen zu berherrschen scheint. Während die Nachrichten über Nico Muhlys großartige Produktion und Opern-Debüt in Londen gerade in den Schlagzeilen nachzulesen waren, bemüht sich Mazzoli ganz ähnlich, das Medium eines Orchesterstückes oder eines Liederzyklus für eines ihrer neuen Projekte zu erweitern. Von einem Thema inspiriert, das auf dem Leben der nordafrikanischen Entdeckerin Isabelle Eberhardt basiert, was ihrem Empfinden nach eine größere Inszenierung, verschiedene Stimmen und eine zeitliche Ausdehnung erfordert, plant sie eine Oper zu produzieren, die eine abgespeckte Version dessen ist, was normalerweise als eine Opernproduktion gesehen wird, aber dennoch alle wichtigen Bestandteile beinhaltet.
“Die Leute werden sich darüber klar werden, dass die Definition der Oper eine flexible ist. Man braucht nicht Millionen [an Geldern] für eine volle Besetzung von Divas und die MET [Metropolitan Opera]. Meine Oper wird aus einem Fünf-Personen-Orchester, fünf Solisten, Projektionen, einer Videoproduktion bestehen und wird es schaffen, die Geschichte mit verschiedenen Stimmen, Librettos usw. erzählen…und mit der kompletten Inszenierung. Unterstützt durch Gelder der Jerome Foundation, an denen jüngst auch andere Teil hatten, wird es sich um eine ca.70 minütige Aufführung im The Kitchen, einem Black Box Theater mit voller Bühnenaustattung handeln.
‘River to River’ und das Beth Morrison Projekt planen momentan ein ausgefeiltes Programm mit den gleichen Teilnehmern, um den 75-jährigen Geburtstag von Philip Glass zu feiern.
Für Paola Prestini siehe: http://www.paolaprestini.com//
Für Nico Muhly siehe: http://www.nicomuhly.com/
Für Missy Mazzoli siehe: http://www.missymazzoli.com/

Tuesday, August 9, 2011

Pianist Matan Porat findet in Berlin neue Perspektiven















Alle guten Dinge sind drei, aber diesen Sommer zum vierten Mal - bei “dem begehrtesten Rückzugssort der klassischen Welt,” wie Alex Ross es nennt, dem Marlboro Music Festival eingeladen zu werden, erfordert schon ein außergewöhnliches Talent.
Und Talent hat der junge, in Israel geborene Komponist/Pianist Matan Porat reichlich. Was für Porat vor drei Jahren bei Marlboro als ein vierhändiges Klavierkunststück mit dem Pianististen Alain Planes begann, setzte sich fort selbst als er damit beschäftigt war, sich mit Franck Krawczyk in den Piano Begleitungen für die innovative abgespeckte “Zauberflöte” Debüt Produktion am Lincoln Centers des berühmten britischen Direktors Peter Brook abzuwechseln.
Diese Produktion wurde zuerst im letzten Jahr am ‘Théâtre des Bouffes du Nord’ in Paris vorgestellt, das der der Avant-garde zugeneigten britische Regisseur Brook 1974 teilweise wegen dessen Bauschutt Anziehungskraft übernommen hatte. Planes selbst stieg in der letzten Minute aus der minimierten Pariser Produktion aus, was Porat, der eine Schwäche für ungewöhnliche Projekte hat, gerade recht passte.
Ich traf Porat das erstemal diesen Sommer, als er eine Piano Begleitung zu Buster Keatons Stummfilm “Der General” improvisierte, die bei der ‘Downtown Parkside Lounge’ arrangiert wurde. Diese Idee war in Wirklichkeit von Richard Goode inspiriert worden, als, während eines der Marlboro Sommer, Porat mit brillianten Improvisationen am Piano während der Vorführung des Films “Metropolis” unterhielt.

Porat bei Marlboro 2009
Porats Karriere als Pianist begann auf ungewöhnliche Weise, da er erst mit formalem Klavierunterricht begann, als er an der Universität Tel- Aviv eingeschrieben war. Hier begann er Komposition zu studieren. Mit seinem ersten Lehrer Emanuel Krasovsky konzentrierte er sich so sehr spaet auf das Klavier und beschreibt ihn als jemanden, der großen Einfluss auf ihn hatte. Er begann auch im Jahre 2002 an Workshops für Daniel Barenboims berühmtes ‘West-Östliches Divan Orchester’ in Spanien teilzunehmen, als er in Kammermusikgruppen spielte. Nach einem Bachelor–Abschluss traf er bei einer Meisterklasse in Paris die portugiesische Star- Pianistin Maria João Pires, die Porat einlud, als persönlicher Schüler ihr zu ihrem Bauerhof in Belgais in Portugal zu folgen. Dies war, meint er, eine intensive Zeit künstlerischen Ausstausches, als er für mehrstündigen Unterricht spielte, Auftrittskünstlern der Weltklasse, die für ihn spielten, zuhörte und bei vierhändigen Spielsessions interagierte. Die Erfahrung war eine ganz besonderer Natur.
“Es gab auch einen Kinderchor für den ich komponierte. Es war eine einzigartige Ansammlung von Persönlichkeiten und wirklich eine Erfahrung,” erinnert sich Porat und fährt fort zu erklären, wie er nach diesem Jahr für eine ganz andere Erfahrung bereit war, sprich für sein zweijähriges Studium für einen Magisterabschluss bei Julliard unter Joseph Kalichstein. Seine Sommer in New York verbrachte er bei Marlboro, woran er sich gern erinnert, wie auch bei anderen bekannten Festivals wie Verbier und Ravinia. Mit Referenzen ausgestattet, hatte er die Gelegenheit, für Murray Perahia in New York aufzutreten – es handelte sich um Schumans Davidsbündler Tänze, die Perahia, der zu der Zeit sehr an den Auswirkungen einer Handverletzung litt, überzeugten, den talentierten Porat im Jahre 2006 einzuladen bei ihm in London , sein Studium fortzusetzen. Zur selben Zeit setzte Porat sein Kompositionsstudium dort mit George Benjamin fort.

Matan Porat
Seine größte Anstrengung scheint die Frage zu sein, wie am besten seine Zeit zwischen beiden seiner Leidenschaften aufzuteilen sei: Komponieren und Auftreten. Er spielt viel Solo Piano wie auch Kammermusik und nimmt, wie er meint, wenigstens eine Handvoll von Auftragsarbeiten an, ohne zu sehr darum bemüht zu sein.
Aber eine Sache ist klar: sowohl das Auftreten als auch das Komponieren sind für Porat unabdingbar.
“Normalerweise mag ich nicht meine eigenen Werke darbieten,” meint Porat, der in einer kreativen Weise über die Probeerfahrungen nachdenkt – abseits von einem traditionalistischen Konzertrahmen.
“Das Konzert sollte eine Erfahrung sein, auf der der Auftretende sein Publikum mit auf eine wirkliche Reise nehmen kann. Es gibt keine Notwendigkeit, den Auftritt durch die Erwartungen des Programms einzuzwängen. Ich schätze die Freude und Spontanität, die möglich wird, wenn das Publikum dem Auftrittskünstler vertraut und - ähnlich einer Situation während eines Rockkonzertes - folgt.
“Das Programm sollte sich durch das Moment des Auftrittes aufbauen, nicht durch einen Programmplan. Zum Beispiel: Während meiner nächsten Saison in Montreal werde ich mit einer Scarlatti Sonata beginnen und Variationen von dieser schaffen, indem ich ähnliche Stücke von anderen Komponisten von Couperin bis Boulez spielen werde, was ein Spektrum an Möglichkeiten schafft. Dies geschieht, indem man Scarlatti und jedes der fortschreitenden Stücke auf Motive oder Kennzeichen bezieht, anstatt zu versuchen, eine stilistische Einheit zu erzeugen. “

Der immer originelle Porat







Jede paar Monate gefällt es Porat, seine Familie und Freunde in Israel zu besuchen und oft verbindet er seinen Aufenthalt mit Gelegenheiten zur Komposition oder zu einem Auftritt. Im Jahre 2007 schuf er ein Operettenprojekt für die Universität Tel-Aviv, das auf “Animal Farm” basierte und [nun] denkt über eine andere Opernproduktion nach, die er im Kopf hat, aber momentan nicht näher ausfführen möchte.
Im achten Jahr wird er am ‘Jerusalem International Chamber Music Festival’ unter der Leitung von Elena Bashkirova, der zweiten Frau von Barenboim, teilnehmen. Porat hatte viele Gelegenheiten mit Barenboim zu arbeiten und beschreibt ihn als einen der inspirierendsten musikalischen Persönlichkeiten in seinem recht weiten Spektrum von Einflüssen.
Bashkirova, eine bekannte, international auftretende Pianistin, hat soeben zwei Stücke von Porat “Night Horses” und “New Requiem” für ihr jüngst gegründetes Berlin Metropolis Ensemble in Auftrag gegeben.

Matan (skizziert von Roman Rabinovich, Freund und Pianist)
Berlin ist zu einer idealen Umgebung für Porat geworden, der, die kreative Vitalität dieser Metropole genießt. Er vergleicht Berlin mit der aufregenden, lebendigen und künstlerischen Atmosphäre von Paris während der Zwanziger Jahre oder London in den Sechziger Jahren und dennoch hat Berlin seine anheimelnden nicht überheblichen Eigenheiten - wie im Falle von New York oder London - bewahrt. Es ist ein Bonus, dass die Stadt viele Künstler mit wie auch ohne Talent anzieht und dennoch noch bezahlbar ist.

Tuesday, August 2, 2011

After Party – in der Rivington Dachterassen Bar

Der Wodka floss für die anwesenden Gäste und den Ehrengast Valery Gergiev wie auch für die Mini-Rock tragenden Tänzerinnen des Mariinsky (Kirov) Balletts, die es kurz vor Mitternacht in die Dachterassenbar des Hotels an der 107 Rivington [Street] schafften. Sie waren gerade vom Lincoln Center Festival gekommen, bei dem das Mariinsky eine Woche lang Ballettaufführungen gibt, einschließlich der zwei Produktionen und Rodion Shchededrin Orchestrierungen des Balletts Anna Karenina und The Little Humpbacked Horse, die von Alexei Ratmansky, dem Gastkünstler beim American Ballet Theater, choreagraphiert wurden, der –wie sich heraustellt– ebenfalls der ehemalige Leiter des Bolschoi Balletts war.

Es war dank Gergievs Initiative und vielleicht, wie Gerüchten zu Folge zu hören ist, auch dank seiner politischen Verbindungen, dass die Gesellschaft und das Orchester im Jahre 2006 eine aufwendige neue Konzerthalle bekamen. Seit 1988 als künstlerischer und geschäfsführender Direktor im Amt, brachte der charismatische Dirigent nicht nur den ruhmreichen Namen aus Zarenzeiten zurück, indem er ihn von der sowjetischen Bezeichnung Kirov zu Mariinsky änderte, sondern gab damit seine Zustimmung, so eine Verbindung zur großen Tradition russischer Balletts herzustellen.

Das legendäre Bolschoi Theater war dem Mariinsky am Ende des 19. Jahrhunderts übergeben worden und Gergiew gelang es, den Stoff, aus dem die legendäre russische Musik und Tanzkultur gemacht ist, zu institutionalisieren und in die Gegenwart hinüberzubringen.

Gefeierte Komponisten wie Khachaturian, Yakobson, Tishchenko, Schostakowitsch und Prokofjew sind Teil des erworbenen Glanzes von Mariinsky Produktionen; Tänzer wie Nijinsky, Ulanova, Nureyev und Baryshnikov machten es in der künstlerischen Welt zu einem Markenzeichen. Die Washington Post erkannte dies einst an wie folgt: “…Stilperfektion, seine technische Kraft und Sicherheit, seine Einmütigkeit des Geistes und …das majestätische Ausmaß all dessen”.

Der außergewöhnliche Künstler und DJ, der dafür verantwortlich war, selbst die After Party zu einem Erfolg zu machen, war Gabriel Prokofiev, der aus London, seinem Heimatort, eingeflogen wurde und wie er mir gegenüber versicherte, wirklich der Enkel von Sergej ist.

Gabriel Prokofiev

Der junge Prokofiev bringt klassische Musik in die Sphäre von Plattenspielern und findet sich an einem Punkt, wo es sich als ebenso schwierig erweist, mit dem berühmten Namen zu leben und ihm Ehre zu machen wie ohne ihn zu leben.

Prokofiev wird mit wahren Eminenz seines Zeitgeistes in Zusammenhang gebracht, seiner Kreativität, die von einer zu anderen Generation transformiert. Seine nicht-klassischen Produktionen verbeugen sich mit klassischer Huldigung und bringen potentiell die Musik zurück auf die Tanzfläche. Bei solcher Musik und solchen Tänzern wie auch den alkoholischen Getränken wunderte ich mich nur, warum keiner am Tanzen war.

Der Pianist Philip Edward Fisher – pendelnd zwischen den Kontinenten

Vielleicht nicht ganz dem Geiste des amerikanischen Unabhängigkeitstages am 4. Juli entsprechend entschied ich mich mich dazu, einen Teil des Wochenendes um diesen Feiertag in Brooklyn bei ‘Barge Music’ in Begleitung zweier meiner deutschen Freunde zu verbringen: Beethoven und Schubert. An diesem Wochenende war die kleine Barkasse bis auf den letzten Platz besetzt und schaukelte leicht im Wasser gegenüber einem sehr nahen aber dennoch scheinbar fernen Zeichen der Zivilization: den Wolkenkratzern von Manhattan.

Philip Edward Fisher

Das Programm wurde von Steven Beck und Philip Edward Fisher, den zwei äuberst kompetenten Pianisten gespielt, die mit akrobatischer Finesse ihre jeweiligen Teile auf dem gemeinsamen Klavierflügel aushandelten. Beethovens Große Fuge in B-Dur entpuppte sich als ein besonders abenteuerliches Unternehmen, als das Publikum mit grober Begeisterung das miterleben konnte, was der Komponist im Sinn gehabt haben musste, als er die Aufgabe eines ganzen Streichorchesters auf [die] zwei Pianisten an einem Instrument übergab. Nachdem sie das Konzert mit einer Zugabe der leichteren und eher aufbauenden Schubert Militärmärsche Op.51 in D-Dur beschlossen hatten, erkärte Fisher anteilnehmend: ”Wir hätten sie nicht nach dieser emotional auslaugenden Tönen nach Hause gehen lassen können.” Der Geist des 4. Juli wurde wiederbelebt und entließ die Leute in die warme abendliche Brise.

Die Pianisten, beide von ihnen ehemalige Juilliard Absolventen, kamen wieder für diesen Barkassenaufritt zusammen. Ich hatte die Gelegenheit mit Fisher zu sprechen, der seine Zeit zwischen seiner Heimat England und New York aufteilt. Wir diskutierten die Unterschiede englischer Musikausbildung und Geschäftspraktiken im Vergleich zu ihrem amerikanischen Pendant. Es gibt sicherlich subtile Unterschiede wie mir Philip gleich im Anschluss an das Konzert bei ein paar Drinks und am nächsten Tag mitteilte, bevor der vielseitige und zugängliche Künstler zu einem Auftritt nach Grobbritannien zurück musste .

Barge Music Performance

Fisher erzählte mir, wie er im Alter von neun Jahren nach einem relativ späten Start zum Klavier gefunden hatte, sich dann aber Hals über Kopf diesem verschrieb, mit seinem ersten öffentlichen Aufrtitt nur ein Jahr später und dann wieder im Alter von zwölf Jahren, als er das Zweite Concerto von Schostakowitsch in der ‘Symphony Hall’ seiner Heimatststadt Birmingham gab.

Der junge Engländer begann seine musikalische Ausbildung unter dem Pianisten und Komponisten Philip Martin und wurde an der ‘Purcell School’ aufgemommen, da er Empfänger eines John Ogden Erinnerungs-Stipendiums (1993) war, welches es ihm erlaubte, seine Studien im Privatstudio von Professor Christopher Elton, dem Direktor für Keyboard an der ‘Royal Academy of Music’ in London fortzusetzen. Im Jahre 2001 bekam er ein Stipendium vom renommierten ‘Julius Isserlis Scholarship fund’, das ihm von der ‘Royal Philharmonic Society of London’ verliehen wurde, [und] welches Fisher, der immer an einem beitgefächerten Ansatz musikalischer Instruktion interessiert war, als einen sehr verdienstvollen jungen Künstler etablierte, dem es gelang, über seine Entwicklungsjahre hinweg inspirierende Pädagogen zu finden. Immer begierig etwas weiterzuerkunden, hatte Fisher ein Studium auf der anderen Seite des Teiches im Versier, wo er [schließlich] den Master-Abschluss nach einem Studium bei Joseph Kalichstein und Jerome Lowenthal erhielt.

Trifft man Fisher, der in zwei unterschiedlichen Zentren der Musikpädagogie gut aufgezogen wurde, so kommt einem sofort ein gewisses internationales Flair und eine gewisse internationle Anziehungskraft entgegen. Aus meiner Sicht geben ihm die besonderen unterschiedlichen kulturellen Einflüsse, die von seiner Persönlichkeit aufgenommen wurden, eine künstlerische Individualität, die ich vielleicht als eine beschreiben würde, die das beste beider Welten darstellt. Entgegen dem, wie man annnehmen sollte, lässt er verlauten, dass es bei Julliard war, wo er sich (in einer altmodischen Art und Weise) disziplinierter fühlte, als während seiner gesamten Studien in der alten Welt. Und es war durch seine neugefundenen New Yorker Kontakte im Musikgeschäft, dass es ihm gelang, seine beginnende Karriere als Aufnahmekünstler zu initiieren, obwohl er [auch] auf seine Verbindungen und Erfahrungen in der alten Welt zurückgreifen konnte.

Wonach jeder Künstler auf dem heutigen Markt, auf dem sich zuviele talentierte und gutausgebildete Musiker tummeln, Ausschau hält, brachte Fisher irgendwie in seiner Pendleraktentasche mit. Und dennoch, während er auf der Bühne wie auch in einer Konversation Sellbstvertrauen austrahlt, gibt es nichts Arrogantes oder Hochmütiges an ihm. In London würde man ihn am liebsten zu sich nach Hause zum Tee einladen. Da ich in New York lebe, brachte ich ihn zum Brunch mit nach Hause.

Als er sich in meinem Wohnzimmer hinsetzte, um eine wunderschön wiedergegebene Chopin Etüde (Op.25, Nr.1) wie auch eine glanzvolle Momentaufnahmen-Sampler von seiner zuletzt herausgegebenen CD für Chandos, The Mighty Handful, darzubieten, wurde mir klar: Dies ist wirklich eine vielseitige Pianostimme, nicht nur dank seiner Fähigkeit, ein breitgefächertes Repertoire auszudrücken, sondern durch seine Sensibilität, seine eigenen kulturellen und emotionalen Horizonte zu entdecken und auszuweiten.

Teil dieses Prozesses mag sich aus seinen emotionalen Erfahrungen entwickelt haben, die seine Entscheidungen hinsichtlich seiner beruflichen Laufbahn und persönlichen Beziehungen umgaben.

Als wir über seine Erfahrungen dieser letzten Jahre sprachen, berichtete er von seiner ersten Aufnahme der Händel ‘Keyboard Suites’ auf dem Naxos Label, welche als ein erster Teil im März 2010 bei großer Resonanz seitens der Kritik herausgegeben wurden und eine aufregende Erfahrung für Fisher darstellte. Naxos bot ihm die Chance, seine Meisteraufnahme zu machen, [und] sobald sie erstellt war, weiteres Marketing in die Hand zu nehmen, was Fisher zu den berühmten Abbey Road Studios führte, dem aufregenden Ort, den einst die Beatles für ihre eigenen Aufnahmen genutzt hatten. Fisher gelang es, einfallsreich bei der Sicherstellung von Geldmitteln vom Birmingham ‘City Council’ zu sein und engagierte den Produzenten, Ingenieur und Herausgeber Jonathan Allen von den Abbey Road Studios in London, um im August 2008 in der ‘Symphony Hall’ von Fishers Heimatststadt Birmingham die Aufnahme zu machen, dem Veranstaltungsort, an dem er bereits sein Auftrittsdebut mit Orchester hatte. Nachdem er es innerhalb der ersten Woche seit der Herausgabe in die ‘US Classical Billboard’ Charts schaffte, ist es nun der Plan, einen zweiten Teil von Händels Tasteninstrument Werken, die bereits aufgenommen sind, zu Anfang des nächsten Jahres 2012 folgen zu lassen. Für weitere Information zu dieser Aufnahme siehe ebenfalls ein tiefergehendes Interview mit Sean Hickey auf der Naxos Website: http://www.naxos.com/news/default.asp?op=790&displayMenu=Naxos_News&type=2#

Ich habe das Gefühl, dass es sich hier um einen Künstler handelt, der wirklich den Prozess eines Interviews geniebt: Fisher meint: “Genauso wie ich ich auftreten mag, erleichtert es mich, einige meiner Gedanken über das Klavierspielen mitzuteilen. Es ist eine Befreiung von der Begrenzung, in der man sich oft als Musiker wiederfindet, wenn man als Vorbereitung auf seine Konzertprogramme stundenlang übt.”

Fisher zeigt im Hinblick auf all seine Unternehmungen auberordentlichen persönlichen Elan und das wird auch bei seiner jüngsten Aufnahme The Mighty Handful deutlich. Die Aufnahme von Piano Werken von einer Gruppe russischer auf Komponisten, wurde im Juni auf dem Chandos Label veröffentlicht, wobei deren interessantes Werk und Einfluss auf die bekannteren “Schwergewichte” der russischen Schule unter den fähigen Händen von Fisher hervorgehoben wird. Ihm gelingt die inspirierendste musikalische Darstellung, die er angemessen mit seinen Beiheft begleitet, und erklärt er sein emotionales Unternehmen, diese Werke mit einem frischen und individuellen Ansatz zu erkunden zu wollen. Obgleich wohlverdiente Anerkennungen als Album der Woche von John Suchets Classic FM hereinkommen, glaube ich aber, dass es Fishers Auftritte wie seine jüngste Darbietung für das Chandos Label (als Label des Jahres benannt) im April 2011 bei den ‘International Classical Music Awards’ sind, die ihm die Öffentlichkeit bringen, die er verdient.

Diese herausragende Preisverleihung, die in der ‘Tampere Hall’ in Finnland abgehalten und von 1600 Leuten besucht wurde, umfasste Musiker und Repräsentanten der Labels aus der ganzen Welt, brachte den jungen Fisher mit Prokofjews erstem Piano Concerto [und] mit Hannu Lintu als Dirigenten auf die Bühne. Zur illustren Gesellschaft der Preisempfänger gehörten Esa Pekka-Salonen als Künstler des Jahres, Menahem Pressler als Gewinner für die Auszeichnung des Lebenswerkes und David Kadoush als der junge Künstler des Jahres.

Wie der international bekannte Stephen Hough und Mentor von Fisher von sich aus den Kommentar gab: “Philip Edward Fisher ist ein Pianist mit all den Qualititäten der Technik und des musikalischen Könnens, die [auch] andere haben, aber mit dem Zusatz einer undefinierbaren Zutat, die den Zuhörer in Bann zieht und gefangen hält. Er hat etwas Einzigartiges zu sagen und die Möglichkeiten, es am Klavier mit Intelligenz und Wärme mitzuteilen.”