Thursday, June 23, 2011

Vicky Chow: die Eröffnung einer Neuen Partitur











Spricht man mit der begabten jungen Pianistin über ihre Mitwirkung auf dem Gebiet der Darbietung neuer Musik, ist es leicht, vom ansteckenden Enthusiasmus der klassisch ausgebildeten Absolventin von Julliard und der ‘Manhattan School of Music’ hingerissen zu sein und von ihren persönlichen Erkenntnissen eingenommen zu werden. Was ein neues Musik Repertoire angeht, hat sie während der letzten zwei Jahre als die Klavier-/Keyboard-Spielerin des neuen Music Ensembles ‘Bang on a Can All-Stars’ viel nachgeholt.
Das innovative Sextett besteht aus Klarinette,Keyboard/Piano, Cello, elektrischer Gitarre, Bass und Schlagzeug. Das einzigartige Zusammenspiel – das Cello und der Klavierflügel werden regelmäßig auf der Bühne verstärkt – schafft eine zusammengesetzte Klangwelt. Halb eine Rockband, halb verstärkte Kammermusikgruppe sind die ‘All Stars’ für ihre erfolgreiche Avantgarde Initiative bekannt, indem sie sich an neuen Musik-Kollaborationen mit einigen der anregensten Komponisten unserer Zeit beteiligen.
Nach einer Zusammenarbeit mit vielen auf der A-Liste Neuer Musik, einschließlich von Steve Reich, Tan Dun, Ornette Coleman, Philip Glass und Meredith Monk war die Band in einer Vielzahl von Auftrittsprojekten, die sowohl an Luxus- Veranstaltungsorten wie der Carnegie Hall als auch alternativen, manchmal öffentlichen Auftrittsorten abgehalten wurden, unglaublich erfolgreich.
Die Fotos in diesem Artikel entstanden beim Soundcheck dessen, was eines der bekanntesten Kollaborationen der Band werden sollte, dem außerordentlichen, extravaganten Spektakel, das am 19. Juni im ‘Wintergarden’ des New Yorker World Financial Center veranstaltet wird – dem Bang on the Can Marathon. Der Marathon wurde im Jahre 1987 von den Komponisten David Lang, Julia Wolfeu und Michael Garden initiiert, die ein all-umfassendes “Treffen von Bands” schaffen und die Barrieren zwischen den Musik Genres einreißen wollten. Vom ‘River to River Festival’ und von ‘Arts at World Financial Center’ mitveranstaltet, werden an dem diesjährigen Marathon 180 Auftrittskünstkler und Komponisten ein ununterbrochenes offenes Haus für Neue Musik präsentieren.
Innerhalb des Genres neuer Musik sind die ‘All Stars’ für ihren Eklektizismus und ihre Interaktion von Kompositionsstilen bekannt, aber auch für ihre individuelle Auswahl der Instrumentalisierung wie auch für das dynamische Niveau ihres Auftritts. Zusätzlich zu den eigenen Auftritten beteiligen sie sich auch daran, verschiedene musikalische Happenings zu produzieren und zu kuratieren. Für Chow ist der Aktivismus, den es beinhaltet, ein Lebensstil. Derzeit verbringt sie viele ihrer Abende in New Yorks Gershwin Hotel, wo sie ihre eigene Musikreihe – genannt ‘Contagious Sounds’ – betreibt.

Ein Naturtalent als Auftrittskünstlerin von jung an, war die in Kanada geborene Chow im Alter von neun Jahren eingeladen worden, beim Internationalen ‘Gilmore Music Keyboard Festival’ ein anspruchsvolles Soloprogramm darzubieten. Dann hat sie angefangen, an der ‘Vancouver Academy of Music’ zu studieren, wo ihre Lehrerin Lorraine Ambrose ihr empfahl, ihr Studium bei Julliard fortzusetzen, was sie dazu führte, unter den Professoren Yoheved Kaplinsky und Julian Martin zu studieren. Ihre Ankunft in New York war von einer Krisensituation begleitet — mehr noch als von den kleinen Katastrophen, die jeden Umzug begleiten; Chow kam nur zwei Wochen vor dem 11. September nach New York. Sie war in der Juilliard Bibliothek als die dramatischen Ereignisse dieses Tages Gestalt annahmen. Chow erinnert sich noch an die Anweisungen des Julliard Direktors Polisi aus Sicherheitsgründen für den Fall weiterer Angriffe, Kissen mit in den unterirdischen Theaterraum zu bringen. Selbst chinesischer Herkunft half sie später als Freiwillige den Familienmitgliedern asiatischer Opfer.
Aber es gab noch einen anderen Grund, warum Chow, bevor sie bei Julliard anfing, sich in einer Situation befand, wo es nicht recht weiterging. Kaplinsky, die Direktorin des Klavier-Fachbereichs bei Julliard, erkannte, dass Chow am Klavier völlig angespannt war und teilte ihr mit, dass sie große Änderungen an ihrer Technik einleiten müsse. Kaplinsky stellte ihr den Taubman Ansatz vor, der die natürliche Klaviertechnik durch ein intensive Neuausbildung sondiert. “Ich musste lernen, mich mit einem anhaltenden Komflikt zweier sich im Duell befindlichen Tendenzen zu arrangieren: ich hatte daran zu denken, woran ich bei der Anwendung der Technik denken musste, aber meine Intuition stand dem entgegen,” erläutert sie. Aber zu ihrer großen Freude verbesserte sich in diesem Verlauf ihr Spielen und so hat es sich umso mehr gelohnt. Ihre Klangfarbe und Ton, ihre Fähigkeit wirkungsvolle Kontrolle über all das zu haben, was sie zu artikulieren beabsichtigte, eröffnete ihr eine völlig neue Erfahrung, meint sie. “Ich erinnere mich an einen Zeitpunkt an dem die Tatsache, dass ich mit einem begrenzten Repertoire arbeitete, um so ganz die Technik zu beherrschen, für mich völlig entmutigend war. Als der alljährliche Konzertwettbewerb bei Juilliard mit Bartóks ersten Piano Concerto, abgehalten wurde, entschloss ich mich, die Herausforderung anzunehmen. Es bedurfte der Überzeugungarbeit bei Veda [Kaplinsky], da ich einen Monat vor dem Wettbwerb nur den ersten Satz parat hatte. Aber gewissermaßen inspirierte sie mich, es durchzuziehen und da ich den Wettbewewerb gewann, war sie sehr stolz auf meine Leistung.”
Chows gründliche Erkundung des Klaviers und ihre Beziehung zu ihrem Instrument haben ihr das Experimentieren schmackhaft gemacht. Nachdem sie vom Julliard Komponisten Zhou Tian angesprochen worden war, einige seiner Kompositionen darzubieten, entdeckte Chow eine Berufung für das Neue und Nicht-Klassische. “Als ich seine Partitur eröffnete, war mir klar, dass hier etwas passierte, was ich seit langem – während all meinen Musikstudien – vermisst hatte. Obwohl ich Musik liebte und es liebte aufzutreten, sah ich mich nicht gerade für den Rest meines Lebens damit beschäftigt, die Erfahrungen, die mir klassische Musik mitgegeben hatte, immer zu wiederholen. Es war zeitgenössische Musik in der ich den Reiz fand, nach dem ich gesucht hatte.”
Das permanente Lernen neuer Partituren, die Erkundung neuer und unbegrenzter Möglichkeiten des Experimentierens innerhalb neuer Musik entsprach ihrer Neugierdeund führte sie dazu, von ihrer Bewerbung bei Julliard und einem der Doktorprogramme an der ‘Mannes School of Music’ zurückzutreten und sich stattdessen für das ‘Contemporary Performance Program’ an der Manhattan School of Music einzuschreiben. Zur ungefähr gleichen Zeit begann sie mit verschiedenen Kollektiven junger Komponisten von Harvard und New Yorker Universitäten aufzutreten, bei denen sie durch einen anderen Julliard Kontakt, ihren Freund Alex Lipowski, Percussionist beim sich neuer Musik verschriebenen Talea Ensemble, mitmischte.
Nachdem sie fand, wonach sie gesucht hatte, wurde Chow in der neuen Musikszene schnell zu einer bestimmenden Größe. Nicht nur wurde sie zu einer vielseitigeren Pianistin, sondern sie entwickelte auch einen ganz neue Reihe musikalischer Fertigkeiten. “Aus der Perspektive des Klaviers, hat sich nicht nur mein Blattspiel von der kreativen Arbeit mit einer Partitur, an der ich arbeite, verbessert – ganz zu Schweigen von der enormen Anzahl neuer Partituren die ich immerzu lese. Eines der Herausforderungen ist es, das man sich oft auf seine eigenen Interpretationen verlassen muss – [und das] obwohl der Komponist manchmal als Vermittler tätig ist. Das ist eine ganz andere Erfahrung, als [einfach] die Werke von Komponisten zu spielen, die immer wieder gespielt worden sind” sagt Chow und bestätigt damit, dass die Herausforderung oft im Nervenkitzel liegt, eine neue Artikulation zu finden. “Experimentieren ist Teil der Erfahrung neuer Musik und ich habe eine andere Reihe von Fertigkeiten erlangt, neue Klänge, beinflusst von anderen Genres zu schaffen. Es befreit auch die eigene Persönlichkeit, indem es einige Federn mit anderen Klangwelten aufraut und so die Reibungsfläche bietet, die ich brauche.” Ihre website ist: http://www.vickychow.com/

Monday, June 20, 2011

Heilende Musik






In der Zeit ihres sechsjährigen Kampfes gegen Krebs hat er seiner geliebten Ehefrau Célia Cooke, mit der er dreißig Jahren verheiratet war, unterstützend zur Seite gestanden. Um den großen Schmerz über ihre Krankheit und dann am 30. März diesen Jahres ihren Verlust zu verkraften, schaut Pianist/Komponist Jed Distler bei einigen alten Freunden und in der Welt der Musik, in der er zuhause ist, nach Trost.
Eine Nebenerscheinung seines Bedürfnisses nach Heilung ist seine jüngst herausgebrachte CD, “Meditate with the Masters”, welche während diesen harten Zeiten für das ‘Musical Concepts’ Label produziert wurde. Seinen Beitrag sieht er als hilfreich an, ein “schonendes Ambiente” zu schaffen, das ideal für ganzheitliche und therapeutische Behandlungen oder für intime Zusammenkünfte zum Abendessen und zurückgezogene Nachmittage zuhause ist …wie auch für solch öffentliche Gegebenheiten, wie Warteräume, Aufenthaltsräume am Flughafen, Restaurants…”
Der Hauch des Bekannten wird in jeder der fünfzehn Aufnahmen, die Distler entsprechend der bekannten Komponisten betitelt hat – zum Beispiel nach Schumann, nach Chopin, nach Distler – (er setzt sich lässig mit einer Prise des Gut-Gelaunt-Seins mit auf die Liste der Klaviermeister) – bietet, in einem traditionellen Stil komponiert, angenehme Variationen des Klavierspielens, mit rhythmisch besänftigenden, schnörkellosen Klavier-Aufbereitungen. Eines meiner Lieblingsstücke ist sein folklore-ähnliche Behandlung von Schumanns ‘Von fremden Ländern und Menschen’ aus Kinderszenen, welches das wunderbare Thema von Schumann innerhalb eines neuen und originären verbindenen musikalischen Gewebes einfließen lässt. Einige dieser Kompositionen deuten seine großartige Empfindsamkeit für Jazz Rezepturen an, einem Bereich für den Distler durch seine veröffentlichten Art Tatum und Bill Evans Transkriptionen für Solo Piano bekannt ist. Diese wurden berühmt, als der Pianist Jean -Yves Thibaudet für das Decca Label im Jahre 1997, “Conversations with Bill Evans,” aufnahm, die von Distler arrangiert und transkribiert wurden.
Distlers neue Musik wird von Star Interpreten der neuen Musikszene dargeboten und aufgenommen. “Three Landscapes for Peter Wyer, for toy piano,” [“drei Landschaften für Peter Wyer, für Spielzeugklavier”] von Margaret Leng Tan bei ‘Point records’ aufgenommen waren in drei Filmmusiken zu hören und sein “Loose Changes” für zwei Pianos wurde von Quattro Mani bei ‘Bridge recordings’ aufgenommen. Die Pianistin Jenny Lin und ‘ETHELs Violinist Cornelius Duffalo (siehe mein Artikel: http://getclassical.blogspot.com/2011/06/ethel-quartets-violinistcomposer.html ) sind unter den vielen Künstlern, für die er Kommsionsarbeiten in Auftrag nahm.
“Als Komponist werde ich am meisten von Aufträgen und Abgabefristen angeregt. Ich fühle mich in der Pianisten /Komponisten Tradition verankert, aber ich glaube nicht an musikalische musikalischen Snobismus. Ich versuche aufgeschlossen. Jegliche gute Musik ist gleichwertig. Jimi Hendrix, zum Beispiel wird nie passé sein, währenddessen es sogenannte “ernste” Musik gibt, die ich mir nie anhören mag! Für mich geht es bei Musik um gute Kommunikation und es geht auch um einen Lebensstil, der eine gute Arbeitsmoral beeinhaltet, um die großartige Technik aufrechtzuerhalten, die für die Vortragsweise notwendig ist. Ich habe irgendwo gelesen, dass der großartige Jazz Pianist Bill Evans sagte, dass Technik musikalisch das vermochte, was man machen möchte, ohne sich um seine Hände Sorgen machen zu müssen. Noch besser, der andere außergewöhnliche Jazz Pianist Oscar Peterson definierte einst Technik als das, was unsere Ideen hörbar. Diese Gedanken helfen mir bei dem Versuch, das Publikum zu unterhalten und mit diesem wirkungsvoll zu kommunizieren,” meint Distler.
Er gibt nicht eine freiwillige Erläuterung über seine eigenen Kompositionen, fühlt sich ihnen zu nahe, um einen Kommentar zu geben, sondern überlässt das lieber den Musikern, die sie spielen und die sein Oeuvre etablieren werden. Aber dennoch gibt er ausgiebig Kommentare über andere und setzt anhand seiner oft aufschlussreichen Musikbesprechungen, die vornehmlich bei Gramophone and Classicstoday.com publiziert werden, ein Zeichen. Distler fühlt sich verpflichtet, einen Unterschied in der Welt der Musik zu machen, indem er seine vielseitigen Talente als Dozent, Autor, Förderer, Vortragender und Pianist für verschiedene Medien und Konzertaufführungen einsetzt.
Distler ist am Piano und als künstlerischer Leiter von ‘Composers Collaborative’, die er mit seiner verstorbenen Frau Célia Cooke zusammen gegründed hat, aufgetreten, hat Programme mit Arbeiten anderer Komponisten erstellt und ruft weiterhin Musikinitiativen im öffentlich-rechtlichen Radio und an Veranstaltungsorten wie das Cornelia Street Café ins Leben und hat an diesen auch teil. ‘Serial Underground’, eine neue Musikreihe, die seit einigen Jahren in diesem intimen Setting dargeboten wird, brachte mich letzte Woche zum erstenmal mit der ausdrucksvollen Art des Piano Spielens dieses bewährten Musikers in Berührung.
Von TIME OUT NY als ”the subversive nightclub series” tituliert, folgte Distler dem Auftritt einer Gruppe, die “Other Life Forms,” genannt wird, mit einigen seiner sehr intimen Wiedergaben von Thelonious Monk Stücken.
Auf das Publikum zuzugehen ist ein Distler innewohnendes Talent und er erreicht sicherlich das, was er sich vorgenommen hat, genau in der Weise wie er es beschrieben hat: ”Zuerst kommt die Kommunikation und die Ausdruckskraft folgt.”
Da es unmöglich ist, all seine Unternehmungen, die er mir auf einer langen Liste miteilte, zu nennen, werde ich Sie nur auf eines der vielen interessanten Projekte hinweisen, das im Cornelia Street Café stattfindet, die Vorstellung der ComposersCollaborative Inc. vom “Mano-a- Mano” Piano Festival. am 21. , 22. und 23. August, wie auch auf eine vielversprechende Unternehmung von Thelonious Monks gesamten Piano Oeuvre, der einfallsreiche Pianist plant genau hier am 17. Februar 2012, dem 30. Todestag von Monks, aufzutreten.


Friday, June 10, 2011

Cornelius Dufallo, der Violinist/Komponist von Ethel reist ohne Gepäck






Als ich mich mit dem Violinisten/Komponisten Cornelius Dufallo traf, den ich als Mitglied von Ethel, einer sehr originellen, postmodernen und ein bisschen premiere-bezogenen Gruppe von Musikern kenne, gab er mir sogleich die wichtigen Neuigkeiten bezüglich der Gruppe preis: Mary Rowell, eine von Ethels Gründungsmitgliedern wird die Gruppe mit dem 1. Juni verlassen, um anderen Prioritäten im Leben nachzugehen und Jennifer Choi, die wie Dufallo selbst der jüngeren Generation von Julliard Alumni angehört, wird sich der Gruppe anschließen. So ist auf gewisse Art und Weise dieser Artikel ein Abschiedsgruß an die Ethel-Violonistin Mary Rowell und ein Hallo an Jennifer Choi.
Dufallo trat vor sechs Jahren dem Quartett bei, als er mit Freude einem Aufruf zum Vorspielen bei der damals bereits renommierten Ethel-Band folgte, nachdem eine Stelle frei geworden war. Er beschreibt die Beziehung mit allen anderen Mitgliedern als ausgezeichnet und sehr eng. Er erinnert sich: ”Wir hatten von Anfang an den richtigen Draht zueinander. Wir werden Mary vermissen und sie wird in der Zeit des Übergangs mit dabei sein, um sicherzustellen, dass bei Ethel weiterhin alles gut läuft.”
Die Verpflichtung auf ein einfallsreiches Programm zeitgenössischer Musik, das mit großer Kunstfertigkeit wie auch mit persönlicher Hingabe ausgeführt wird, war es, was Dufallo an Ethels Kernidee reizte. Sich auf Musik zu spezialisieren, die nach 1995 komponiert wurde, ist nicht länger und ganz bestimmt nicht im Großraum New York und wenigen anderen Ballungsräumen im Lande [in den USA] ein besonderes Unterfangen. Selbst die Presse ist überwiegend enthusiastisch:
”Man kann nicht gerade sagen, dass Neue Musik während der Hauptzeit der New Yorker Konzert Saison selten ist und Veranstaltungsorte wie der ‘Issue Project Room’, ‘Galapagos’ und ‘Tank’ spezialisieren sich das ganze Jahr hindurch darauf. Aber das Frühjahr und der Sommer sind praktisch eine ununterbrochene Parade von Festivals, die das Experimentelle feiern,” meint Alan Kozinn in seinem Artikel über Ethels Eröffnungsprogramm des diesjährigen Tribeca New Music Festival in der Merkin Hall (siehe Alan Kozinns Besprechung in der New York Times am 24. Mai 2011).
Von seinen Befürwortern geschaffen und mit solch einem Gusto beharrlich betrieben, von Internet Verfechtern wie auch von Bildungseinrichtungen und privaten Institutionen unterstützt – um nicht auch noch das anwachsende jüngere Publikum zu nennen –, hat ein solcher Enthusiasmus aber erst in jüngster Zeit bewiesen, dass sich neue Musik in der Öffentlichkeit einer solchen Hochachtung erfreut.
Was einen wirklichen Unterschied in dieser neuen Wertschätzung gemacht zu haben scheint – verglichen mit der früheren Unwilligkeit des Publikums, der Presse und der Programmgestalter gleicherweise – , mag die tatsächliche hohe Qualität der Musikschaffens sein. Der neue Schub an Musikern bringt eine einzigartige Vielseitigkeit, einen hohen Qualitätsgrad in der Ausbildung wie auch ein innovatives, einnehmendes und belebendes Engagement in die Musik ein.
Es ist schwer, einer Entwicklung einen Zeitstempel aufzudrücken. Manche Veränderungen passieren einfach nur, weil die Zeit dafür reif ist. Sie passieren, durch geringfügige Veränderungen, die nicht gerade ungemein bemerkbar sind und nur zum nächsten Niveau der Dinge führen. Ob das nur nur auf den Zeitgeist zurückzuführen ist oder in einem reflektierenderen Lebensstil diese Änderungen bringen die Wirklichkeit auf eine andere Bewusstseinsebene.
Je mehr ich über einige dieser talentierten Musiker spreche, die sich für neue Musikprojekte engagieren, desto mehr bin ich von ihrer sehr bedachten Art und Weise beeindruckt, ihre musikalische Erzählung mit einem Aktivismus in Verbindung zu bringen und so in diesem Prozess einen tatsächlichen sozio-kulturellen Einfluss auszuüben. Viele setzen ihre Talente für Bildungsbedürfnisse, Fragen der Umwelt oder praktisch-orientierte Lösungen zu verschiedenen guten Zwecken ein. Obwohl das Bedürfnis verbal zu kommunizieren für einige Künstler – und typischerweise schreiben viele von ihnen selbst und betätigen sich wenn nicht sogar als verkappte PR-Manager – eine unmittelbar bevorstehende neue Entwicklung für viele Künstler zu sein scheint, nehmen sie die Notwendigkeit ernst, etwas zu klären und zu konzeptualisieren. Sie verbinden diesen Aspekt mit einer sehr direkten, pro-aktiven und unternehmerischen Betrachtungsweise, die die Dramatik des Auftritts, Musik und das Leben in sehr kreativen Formen miteinander verbindet.
Als wir uns über solch philosophischen Aspekte seines musikalischen Schaffens unterhalten, beschreibt Dufallo, der seine erstklassige Ausbildung von Lehrmeistern an der Julliard School wie Dorothy DeLay, Robert Mann und Marcel Kawasaki erhielt, einige von Ethels Projekten für die nächste Saison: ”Ethel hat bereits in der Vergangenheit so viel Erfolg gehabt und wir haben weiterhin viele großartige Projekte anstehen, wie die Weiterführung unseres “Present Beauty” Projektes. Dieses beschreibt ein Programm, das sich großer Nachfrage erfreut, als wir mit dem im ganzen Land unter großem Beifall auf Tournee gegangen sind. Es bezieht sich auf den Begriff der Schönheit eines Augenblicks und stellt Musik der Komponisten Philip Glass, Huang Ruo (siehe meinen Artikel: http://english.getclassical.org/2010/05/16/180/), Julia Wolfe, Mark Stuart und Terry Riley vor. Das verbindende Element des Musikprogramms ist, dass sich all diese Kompositionen auf die Idee beziehen, die Schönheit des gegenwärtigen Augenblicks zu erleben, und diese, wie auch ihre meditativen Elemente, die in der Musik durch verschiedene musikalische Elemente vertreten sind, im jetzigen Moment zu erleben.”
Ein anderes Programm, das Dufallo beschreibt, ist: “Music of the Sun.” Es ist ein vorbildliches Outreach Projekt, das eine einzigartige Zusammenarbeit mit dem indianischen Flötisten Robert Mirabal aus Taos, New Mexico beinhaltet. Das Programm dreht sich um verschiedene Praktiken von Stammesfesten und die Sonnenmythologie der Kultur amerikanischer Ureinwohner, wie sie in den Taos’ Peblos Reservationen ihren Ursprung haben und [von da] überliefert werden. Diese werden in Verbindung mit einiger Musik aus der Welt der Konzertmusik präsentiert, wie dem Stück von John Luther: ”Sky with Four Suns,” das die scheinbare Existenz mehrerer Sonnen durch spezifische Lichtkonstellationen beschreibt – dem sogenannten “Alaska-Effekt.” Dufallo hält inne und stößt hervor:” Ich möchte auch unsere Beziehung zur amerikanischen Ureinwohnerschaft in Arizona erwähnen, wo wir jeden September am “Grand Canyon Music Festival” teilhaben, und in Kooperation mit lokalen ‘High School’ Programmen vor Ort Jugendliche aus den Reservationen engagieren, um Stücke für Streichquartett zu erstellen. Es ist eine äußerst sinnvolle Erfahrung.“
Die enge Verbindung mit der Natur und den Kräften der Umwelt wird in einigen von Dufallos eigenen Werken sichtbar, die bei diesem Programm vorgestellt werden, wie sein “Aphelion” für Solo-Cello. Dieses Werk beschreibt den äußersten Punkt in der irdischen Umlaufbahn und symbolisiert den Zustand menschlicher Einsamkeit, aber ruft auch Gedanken hinsichtlich anderer kosmologischer Aspekte und unserer Beziehung zur Sonne und zur Erde, unserem eigenen Planeten wach. ”Es ist wichtig, dass wir an diese Verbindungen weiterhin denken”, bemerkt er. “Dorothy spielt das auf wundervolle Weise”, fügt er hinzu, wie er über diese Komposition spricht, was etwas ist, was er nie formal studiert hat, aber dennoch die ganze Zeit weiterstudiert.
“Obwohl ich schon seit ‘High School’- Zeiten komponiere, ist mir nie in den Sinn gekommen, dass ich Komposition richtig auf formale Weise studieren sollte. Ich war mit dem Üben der Violine viel zu beschäftigt, da jeder das so hervorragend kann” erläutert er, als er über seine Jahre an der ‘Juilliard School’ spricht. Er macht sich viele Gedanken über die Programmgestaltung: ”Konzepte innerhalb eines Konzertprogramms geben dem Publikum etwas, woran es sich halten kann. Es hilft den Leuten, sich mit dir auf eine Reise zu begeben. Meine Musik ist nicht programmatisch, aber wir nutzen eine konzeptionelle Idee, auf die sich jedes Stück bezieht und die unterschiedlichen Stücke miteinander in Verbindung bringt. Wir bieten Musik dar, die sehr anspruchsvoll sein kann. Manches davon ist intensiv, laut und schnell. Unserer Erfahrung nach hat es dem Publikum beim Verständnis geholfen, diese unterschiedlichen und neuen Aspekte unserer Musik zu akzeptieren und zu verstehen, wenn wir es in einem Kontext präsentiert haben.”
Es gibt noch einen weiteren Aspekt, was Ethels Auftritte betrifft: Das Bühnenverhalten ist lässiger, weniger formal, was hilft, die Barrieren zwischen dem Publikum und den Auftretenden einzureißen. Indem man spricht, lacht und mit dem Publikum Witze macht, ist das, was in Theateraufführungen die “vierte Wand” genannt wird, geradezu verschwunden und schafft ein Milieu statt eine Bühnenpräsentation.
“Wir spielen immer noch in Konzerthallen, sie haben einfach eine bessere Akkustik. Dennoch treten wir auch in Clubs auf und sind jüngst in ungewöhnlichen öffentlichen Räumlichkeiten, wo wir es mögen, Räume für Installationen zu übernehmen. Zum Beispiel zur Eröffnung der neuen Alice Tully Hall boten wir ein von Phil Kline neu in Auftrag gegebenes Stück in der Lobby des Veranstaltungsortes dar. Wir mögen es ebenfalls, uns im Auftrittsraum so zu positionieren, dass wir aus unterschiedlichen Ecken des Raumes spielen und so ein anderes Bühnenerlebnis kreieren Für unseren 2008 BAM (Brooklyn Academy of Music) Auftritt von “Truck stop” half uns Regisseurin Annie Dorsen mit dem Konzept unterschiedliche verschiedene Disziplinen miteinander zu verbinden. Die Idee war [es], auf Ausflügen mit dem Auto lokale Musiker zu finden, etwas von ihrer Musik zu lernen, während man in diesen verschiedenen Communities war – neue Musik [also], die wir vorher noch nicht auf Instrumenten gehört hatten, die unterschiedliche Klänge hervorbrachten. In Hawaii zum Beispiel fanden wir den ‘Slack Key Guitar’ Spieler Jeff Peterson und in Kentucky den Bluegrass Banjo-Spieler Dean Osborne.
Wir brachten dann die Musiker als Solisten hierher und installierten auf der Bühne ein Aufnahmestudio. Der“Auftritt ” wurde eine Aufnahmesession, die vom Publikum miterlebt werden konnte. “
Unabhängig von allen Ethel Aktivitäten hat Dufallo im Jahre 2003 ebenfalls eine Gruppe namens “ne(x) t works”, ein Kollektiv von Avantgarde Komponisten gegründet. Im Jahre 2009 schrieb er “Mindscape 2” für das MATA Festival. Eine andere Gruppe (seine erste), an der er sich beteiligte und in Wirklichkeit mitbegründete, war “flux” die beim Ojai Festival zum Auftrit eingeladen worden war. “Ich erinnere mich als Jazz Legende Ornette Coleman nach Juilliard kam und ich so von seinem kreativen Quer-Denken jenseits eingefahrener Bahnen beeindruckt war. Er war so inspirierend, so sehr seinem individuellen Ansatz verpflichtet und repräsentierte in den Künsten das Allerbeste, was Amerika zu bieten hatte.”
Als Komponist/Auftrittskünstler kann es schwer sein zu entscheiden, an welcher Rolle man teilhaben möchte:
“Ich spiele mehr Musik von anderen als von meiner eigenen. Manchmal werde ich von meiner eigenen Musik ein wenig krank. Meine Aufnahme von “Dream Streets” im Jahre 2009 besteht aus all meinen eigenen Kompositionen, die ich zu verschiedenen Gelegenheiten gespielt habe.
Indem ich die Musik anderer spiele, lerne ich. Von Zeit zu Zeit spiele ich auch ein klassisches Repertoire; allerdings geniesse ich es nicht genauso, als wenn ich zeitgenössische Musik spiele. Neue Musik trägt nicht die Last, die, sagen wir, romantische Musik besitzt. Für mich ist erst einmal das fehlende, verbindene Glied der “Kommunikation” ein Nachteil, wie es auch das [beschwerende] Gewicht aller historischen Interpretationen, Assoziationen, Lehren ist, kurzum, all der Filter, die einem traditionellen Repertoire inne wohnen. Mit einem zeitgenössischem Repertoire empfinde ich eine direkte Verbindung zu dem Komponisten und es gibt auch die Möglichkeit etwas einzubringen. Ich kann Sachen vorschlagen, während ich mit dem Komponisten an der Aufführung des Stückes arbeite; es gibt ein Geben und Nehmen und es gibt Klarheit, kein Raten. Das heißt nicht, dass ich es nicht genieße, traditioneller klassischer Musik zuzuhören; ich mag sie sehr und sie ist mir tief vertraut. Aber als Auftretender ziehe ich es vor, in das Hier und Jetzt zeitgenössischer Musik einbezogen zu sein. Das beinhaltet die Verwendung von Technologien und die Einbeziehung von populärer Musik, die immer auch in die klassische Musik hineinwirkte. Es mag ein bisschen schockierender sein, dass elektronische Musik ihren Weg in die Instrumentalisierung fand – aber ich bin sicher, dass direkt im Anschluss an das Cembalo auch der Aufstieg des Hammerflügels kein kleiner Schritt war. Warum sollte alles zu einem bestimmten Zeitpunkt aufhören, warum nicht lieber weitergehen? Wir müssen uns weiterbewegen und weiterwachsen und daher müssen wir uns weiterhin verändern.”
Cornelius Dufallo: http://www.corneliusdufallo.com/
Ethels Webseite: http://www.ethelcentral.com/