Sunday, December 23, 2012

Bruce Brubaker – Nico Muhlys gemeinschaftsstiftender Aspekt von Musik



In diesem Monat präsentierten der Pianist Bruce Brubaker und die Viola-Spielerin Nadia Sirota im Poisson Rouge Musik von Philip Glass und Nico Muhly. Beide Musiker sind äußerst vielseitig und talentiert, was das traditonelle klassische Genre ihrer Instrumente betrifft. Außerdem machen sich beide für einige der faszinierendsten Beispiele heutiger Musik stark: die Art von Musik, die auf der klassischen Idee von Komposition und Notensätzen beruht, aber hinsichtlich einer positive Wirkung weniger von der perfekten Planung abhängig ist. Beide Musiker kommunizieren großartig und in bester Ausführung. “Die Freiheit, die mit dieser Musik einhergeht,” staunt Brubaker, “wo der Prozess des Spielens ein solch integraler Bestandteil deren Formulierung ist, ist auch sehr inspirierend und unterstützt eine andere Art von Anerkennung. Sie ist nah am Puls der Zeit – eine Momentaufnahme, die sehr aussagekräftig, eine Art Ausdruck des Zeitgeistes ist.” Er führt fort: “Teil dessen, was Nico vielleicht eine noch nie da gewesene breite musikalische Reichweite gibt, verleiht ihm in der Musikwelt eine einzigartiges Ansehen.” Durch seine Reichweite und Vielseitigkeit, haben Muhlys Arrangements für die Pop Szene und Filmmusik seine Partituren von Pop Ikonen wie Björk und Grizzly Bear bis zur ‘Metropolitan Opera’, zur ‘Alice Tully Hall’ und darüber hinaus gebracht.
Brubaker hat soeben mit Nico ‘Drones’ in Island auf dem ‘Bedroom-Community’ Label aufgenommen: eine Auftragsarbeit vom “S. Gilmore International Keyboard Festival’ aus dem Jahre 2010. Das Album beinhaltet ‘Drones’ & Piano, ‘Drones’ & Viola und ‘Drones’ & Violine, dargeboten von Brubaker, Sirota und Pekka Kuusisto Seite an Seite mit Nico Muhly und gemischt von Valgeir Sigurðsson & Paul Evans, der ebenfalls der Produzent ist. Im Begleitinfo zu ‘Drones’, beschreibt Muhly “die Erstellung harmonischer Ideen zu einer statischen Struktur,” und weisst darauf hin, dass, “die Idee nicht viel anders ist, als beim Staubsaugen mitzusingen.”
Sirota, eine langjährige Mitarbeiterin und enge persönliche Freundin von Muhly meint: “’Drones’ erwuchs aus einer Reihe von Stücken für Viola und Elektronik und dadurch, dass ich immer wieder meine Telefonnummer herleierte, woraus die Etüde Nr. 2 entstand, das erste der ‘Drone’ Stücke. Viele ‘Drone’ Stücke wurden in vorab-aufgenommenem Sound zusammengefasst, der tiefgreifend strukturiert ist und (das ist jetzt Brubaker zufolge) sehr klar den großen Einfluss von Valgeir auf Nicos Werk aufzeigt. Es zerbarst an Struktur und wurde wirklich drei-dimensional.”
Foto: Copyright Stern Weber Studio / Bruce Brubaker und Nadia Sirota im lePoisson Rouge


Brubaker erläutert: “Nico machte den ursprünglichen elektronischen ‘Backtrack’, aber was man auf der Aufnahme hört, ist ganz anders. Es klang sogar zum Teil noch mehrschichtiger. Aber darin besteht der aufregende Prozess mit einem lebenden Komponisten wie Nico zusammen zu arbeiten – die Aufnahme ist nicht mehr die endgültige Fassung, aber ebensowenig der Auftritt. Musik wird im Moment viel lebendiger. Vielleicht vergleicht man es am besten mit den Zeiten von Komponisten wie Mozart, Bach, Monteverdi …, die ein Stück für ein Orchester schrieben, aber im Laufe der Zeit von verschiedenen Instrumenten gespielt wurden, so dass das Stück jedesmal ein anderes wurde.”
Im Geiste der Spontanität ist Nico der Typ von Musiker, der nicht exakte Anweisungen gibt. Dies könnte daher kommen, dass er seine Auftrittskünstler sehr gut kennt; Nico ist mit Brubaker seit seinen Jahren bei Julliard vertraut, als Brubaker, der gegenwärtig bei NEC unterrichtet, ebenfalls Fakultätsmitglied bei Julliard war und eines seiner Werke in Auftrag gab. Sirota ist ja sowieso eine langährige Freundin und begeisterte Promoterin von Nicos Werk. Es könnte jedoch ebenso die Folge eines fehlenden Perfektionismus sein, der das begeitet, was bei diesem kreativen Material herauskommt, das manchmal von Muhly selbst wie auch von seinen Kritikern als auffällig umfangreich betrachtet wird. Auf seinem Blog klagt Muhly: “Ich habe sehr viel an Musik geschrieben, viel davon besteht aus langen Stücken für große Ensembles. Es verschaffte mir eine Pause, denn ich hatte in den vielleicht letzten achtzehn Monaten nicht wirklich einen Moment mich umzuschauen, was passiert und diese Liste war eine Art vergrößerter, zehnfacher Ruck für mein System. Mein erstes Gefühl war eines totaler Erschöpfung, der nächstliegendste Vergleich, den ich ziehen kann, ist es, einfach eine lange Zeit zu laufen – die wirkliche Müdigkeit setzt ein bisschen später ein, mit Verspätung und wird manchmal von einem entstellten Zehnagel oder einem schmierigen Schweißflecken auf dem Unterarm ausgelöst. Die zweite Gedankenrunde, die sich auf dieses Dokument bezog, war alamierender: taugt irgendwas von dieser Musik?”

Foto: Copyright Stern Weber Studio - Bruce Brubaker und Nadia Sirota im lePoisson Rouge

Aber Brubaker ist eher einer unbeschwerteren, großzügigeren und weniger kritischen Haltung zuzuordnen: “Nico sagt immer selbst: man muss jeden Tag essen und nicht jede Mahlzeit wird die großartigste sein,” was Nicos Weigerung hinsichtlich des Spielens seines Werkes sowohl von Brubaker als auch Sirota erhellt, zu kritisch oder eigen zu werden.
“Er ist der ungewöhnlichste, großartige Mitarbeiter, der herausfindet, was an den Leuten um einen herum faszinierend ist und das kann ein großartiges gemeinschaftliches Ergebnis hervorbringen,“ meint Sirota. “Ich mag das wirklich sehr und das ist der Grund, warum ich es sehr gut kann. Und er weiß das und gibt mir einen Freibrief. Er erstellt nur Gesten, keine harte Partitur für mich, keine Angabe- es ist nur Kurzschrift und lässt viel Raum für Interpretation.”
Im Februar nahm Muhly mit Philip Glass an einem Komponisten Panel in der ‘Armory’ an New Yorks Park Avenue teil. Glass, für den Muhly über sechs Jahre hinweg arbeitete und den Muhly als einen großartigen Mentoren beschreibt, sagte etwas bemerkenswertes über den kreativen Prozess, den er und Muhly weiter durchlaufen: “Musik ist ein Raum.”

Foto: New York Times - Nico Muhly
Stellt Musik für Glass einen Raum dar, so ist es mein Eindruck, dass Muhly mit seinem einzigartigen Ansatz bezüglich von Komposition und Auftritt danach Ausschau hält, diesen Raum mit Gemeinsamkeit auszufüllen. Die Überlagerung des Komponierten mit dem Improvisierten schafft eine freistehende, unabhängige Struktur und die Bandbreite deren Möglichkeiten verleiht der Musik ihr Eigenleben.
Gemäß Brubaker: “…fügt sich alles zusammen und man gelangt dahin, verschiedene Perspektiven zu sehen.” In den ‘Drone’ Stücken hört man nicht eine einzige Improvisation, aber die Schichten an Fantasie schaffen eine eingestellte Aufnahme, die eine ‘live’ Perspektive verkörpert. Als ich Brubaker fragte, ob der Auftritt schwer ist, führt er an: ”Einiges ist eine Herausforderung, was die pianistischen Fähigkeiten betrifft, wie die wiederholten Akkorde und Arpeggio Figuren über längere Zeit, die es erforderlich machen, die Hände zu überkreuzen und längere Distanzen zu überspringen. Und dann tut er es mit einem Lachen ab und wirft er ein: “es ist wie Rock ‘n Roll.”
Einiges von Muhlys Musik scheint wirklich beim Spielen Spaß zu machen und es macht Spass anzuhören; bestimmte Strukturen und hohe Tonlagen in seinen Stücken erscheinen fast leichtfertig unbeschwert, aber beinhalten auch viele ernste Elemente. Brubaker ist überzeugt, dass Muhlys Musik “sorgfältig durchdachte Strukturen” vermittelt “und mit den darin gegebenen Querverweisen anerkennt, dass Musik uns allen gehört – es ist ein gemeinschaftliches Produkt.”
In seinem Buch Far From the Tree [Weit vom Baum] widmet Andrew Solomon Wunderkindern und ihrem Aufwachsen ein Kapitel und stellt heraus, dass ihre Kindheit bemerkenswert anders verläuft, als es die Norm ist. In diesem Kapitel wird Muhly als “Fabeldichter” zitiert, “für den die Wahrheit nicht in Glanze erstrahlt”, aber das selbstzerstörerische Verhalten, das in Muhlys Leben in Form “der Ausbildung einer Zwangneurose mit einem starken depressiven Unterton trat,” wie sowohl Solomon als auch Muhly selbst beschrieben, stand im Dienste seiner musikalischen Komposition. Darüberhinaus hatte er seine Kunst immer besonders im Kopf und das zog ihn oft sehr schnell in sehr unterschiedliche Richtungen. Er reichte “eine manischen Fuge” ein, als er sich für ein Doppelstudium an der ‘Julliard School’ und der ‘Columbia University’ einschrieb. Wie er darstellt: An einem Tag war es Messaiën und am Nächsten war es – als ob ich alles über Marimba in Erfahrung bringen wollte … Diese Musik machte mich so wahnsinnig und glücklich, als ob sie ein Betäubungsmittel wäre.” Muhlys Neugierde das zu entziffern, was sich hinter der Musik verbirgt – das Verstehen und das Wiedererschaffen musikalischer Bedeutung – stellt sowohl eine Herausforderung als auch eine Begabung dar. Er sagt über seine Auseinandersetzung mit seinem Talent: “Ich habe keine Ambition, ich habe nur eine Bessessenheit.”
Ich erwähnte gegenüber von Sirota, dass, nachdem ich Muhly bei der Premiere seiner Far Away Songs in der Alice Tully Hall persönlich kennen gelernt hatte, ich das Gefühl gehabt hätte, dass seine Musik seiner Persönlichkeit total entsprechen würde. Sie umarmte mich fast und sagte: Das genau ist es, wenn man das fühlt und das versteht, mag man es.”
Ilona Oltuski

Wednesday, December 12, 2012

Julian Rachlin auf der Violine/Viola – Itamar Golan auf dem Klavier - Brahms’ vollständiger Sonaten Zyklus für Violine/Viola in fantastischer Teamarbeit dargebracht

Man höre die zweite Hälfte diesen Samstag, dem 8.Dezember, als Violinist/Violaspieler Julian Rachlin und Pianist Itamar Golan am 92Y ihre Suche fortsetzen, die Kunstfertigkeit von Johannes Brahms’ vollständigem Zyklus für Violine und Viola zu erkunden (das Konzert beginnt hier um 19 Uhr 30). Das temperamentvolle Team begann mit großem Gusto während ihrem ersten von zwei Auftritten gestern Abend (dem 5. Dezember) ihr ambitiöses Unternehmen, das den vollständigen Sonaten Zyklus für Violine /Viola von Brahms umschließt. “Julian ist ein Künstler, der wirklich spontan und in diesem Sinne fabelhaft abenteuerlich, jedoch zur gleichen Zeit für den Partner ein bisschen unberechenbar ist. So muss man immer auf Überraschungen gefasst sein. Das hält einen auf Trab, aber es ist sehr spannend!” meint Itamar Golan, der mich mit seinem unglaublich sensiblen Anschlag gestern abend beeindruckte. Es war oft so, als ob er den hinreißenden Klang von Rachlins Violine (oder abwechselnd von seiner Viola) mit hervorragender Zurückhaltung aufrecht erhielt, dennoch war Golans Entschluss, die Violine /Viola scheinen zu lassen, ein Zeichen der Stärke und Beherschung, nicht der Schwäche. “Besonders als Partner gibt es Momente, wenn die Musik mit all ihrer Stärke aus dir hervorbrechen muss und es gibt solche Momente, wenn man die Musik in einem selbst aufrecht erhalten, bestimmte Farben hervorholen, das volle majestätische Gewicht zurückhalten muss und nicht den (die) Partner. Man muss auf natürliche Weise fähig sein, sich einander dem Klang des anderen anzupassen. Das ist das Schöne daran, was ich tue; als Partner bringen wir in uns gegenseitig unterschiedliche Sachen hervor. Das ist ein wichtiger Bestandteil der Magie des Zusammenspielens, es geht nicht nur darum, sich gegenseitig zu unterstützen, oder auf der gleichen Seite oder vielmehr gleichen Wellenlänge zu sein, es gibt eine größere, geistige Verbindung; etwas, was weniger sichtbar, aber sehr beständig ist: man entlockt der anderen Person, der man sich gegenübersieht, andere Kräfte; und auch umgekehrt, die Person, mit der man zusammenarbeitet, bringt in dir andere Qualitäten hervor.” Wie Golan andeutete, seine gemeinsamen Auftritte mit Julian sind immer etwas besonderes, da viele Aspekte ihrer Arbeit ungeplant bleiben und spontan aus der Dynamik auf der Bühne erwachsen, was ihre gemeinsamen Shows einzigartig und unglaublich aufregend macht. Diese Spontanität kam besonders in ihren bezirzenden virtuos aufgeführten Zugaben zum Ausdruck: Kreislers Liebesleid und Liebesfreud. Golan beschreibt sich selbst in seiner bescheidenen und dennoch direkten Ehrlichkeit als ein bisschen komplizierter Charakter und erläutert mir, dass er sehr emotional auf die Umstände des persönlichen Lebens reagiert und auch jede Menge Fluktuationen in seinen persönlichen Beziehungen erfahren hat. Ungeachtet dessen weist er darauf hin, dass er und Rachlin es geschafft haben, eine bemerkenswert enge Freundschaft und professionelle Beziehung über vierzehn Jahre aufrechtzuerhalten: “Wir hatten uns zum ersten Mal bei den Konzertauftritten des jeweils anderen in Wien und Paris getroffen und entschlossen uns schon kurz darauf zusammen aufzutreten und aufzinehmen und wir planten fortwährend viele Projekte in ganz unterschiedlichen Umgebungen zusammen.” Das Duo tritt oft mit Misha Maisky auf und mit Rachlins ehemaliger Freundin, der Violinistin/Violaspielerin Janine Jansen, um nur wenige von ihrer berühmten Liste zu nennen. Heute konzertiert Golan um die Welt und schätzt, dass es sich um ca. neunzig Auftritte jährlich handelt. Golan war zuvor mit Brahms Sonaten Zyklus für Viola/Violine mit dem hervorragenden Künstler Shlomo Mintz aufgetreten und nahm den Set im Jahre 2003 auf dem Avie Label auf. Beide schlossen sich auch mit dem Cellisten Matt Heimovit zu einem Trio zusammen. Weitere eindrucksvolle Duo-Partnerschaften umfassten die Violinisten Vadim Repin und Maxim Vengerov. Golan hat für solche renommierten Labels Deutsche Gramophone, Decca, Teldec, Sony Classical, EMI und Warner Classics Aufnahmen gemacht. Zu einem früheren Zeitpunkt seiner Berufslaufbahn, als er in Israel aufwuchs, verfolgte Golan zuerst eine Karriere als Konzertpianist und trat im Alter von sieben Jahren auf den Bühnen für Klavier in Israel auf. Er wurde mit einem Stipendium am NEC von dem berühmten Pädagogen Robert Shure akzeptiert, der ihn bei einem Besuch in Israel hörte, aber Golan entschloss sich dazu, seinen Platz am Konservatorium freizugeben, da er sich ungenügend ausgerüstet fühlte, sich daran zu gewöhnen, Teil einer großen Institution zu sein. Golan durchlief eine rebellische Phase.Er verbrachte seine angsterfüllten Teenager Jahre indem er unterschiedliche Identitäten auskundschafte, verschiedene Länder und Religionen erkundete und “sich selbst suchte.” Golan fand schließlich einen Weg, um zurück zur Musik zu finden: “Ich dachte, ich würde nie wieder spielen, aber es schien mein Schicksal zu sein, ein Partner am Klavier zu werden. Meine Teenager Angst war notwendig, um für eine gewisse Zeit mein Leben völlig von der Musik zu trennen und das ermöglichte es mir, meine Liebe für sie erneut zu entdecken. Als ich mit einer Gruppe von Freunden spielte, erkannte ich, dass es das war, was ich am liebsten machen wollte.” Im Jahre 1991 wurde Golan der jüngste Lehrer an der ‘Manhattan School of Music’ und seit 1994 hat er eine Stelle als Professor für Kammermusik am Pariser Konzervatorium inne, wo er mit seiner Ehefrau Natsuko und ihrem gemeinsamen Sohn wohnt.
Ilona Oltuski

Sunday, December 2, 2012

Pianist Roman Rabinovichs kreative Huldigung des künstlerischen Ausdrucks

(Selbst-Porträt des Künstlers)
Am Samstag, dem 15. Dezember 2012, um 19 Uhr, wird die Arthur Rubinstein International Music Foundation ihr Zankel Hall at Carnegie Hall Konzert zu Ehren eines der größten aller Pianisten des goldenen Zeitalters päsentieren – Arthur Rubinstein. Der Pianist Roman Rabinovich ist einer der zwei ausgewählten Pianisten /Pianistinnen, die bei dieser Veranstaltung spielen werden, die andere ist Anna Fedorova. Jeder dieser beiden talentierten Musiker besitzt innerhalb seines Handwerks besondere Eigenschaften und zusammen werden sie sicherlich dem Gedächtnis des großen Meisterpianisten Arthur Rubinstein gerecht werden. An diesem Abend wird ebenfalls ein kurzer Dokumentarfilm über Rubinsteins historischen Konzert-Auftritt im Jahre 1945 in San Francisco präsentiert, wie auch eine Ausstellung von Porträtaufnahmen und Fotografien, auf denen Rubinstein zu sehen ist und die teilweise aus der Sammlung seiner Tochter Eva stammen. Das Musikfestival der Stiftung begann im Jahre 2008 in Lodz, dem Geburtsort von Rubinstein. Rabinovich, der als Preisträger des ‘Arthur Rubinstein International Piano’ Wettbewerbs (nicht mit der zuvor genannten Gastgeberorganisation in Beziehung stehend) in Israel, aber auch mit großem Beifall in Europa und Amerika aufgetreten ist, wurde die Gelegenheit gegeben, ein Programm auszuwählen, das ihm besonders am Herzen liegt. Er teilte mir mit Enthusiamus mit, dass Prokowjews Romeo und Julia (drei Stücke), seine Arrangement von Ravels ‘Daphnis und Chloé’ wie auch Strawinskis ‘Petruschka’, welche sich seiner im Programm stehenden Haydn-Sonate in As-Dur Hob.XVI/46 anschliessen, schon seit einiger Zeit seine volle Aufmerksamkeit erfahren.
“Petruschka und Ballerina” Zeichnung von Roman Rabinovich
Eine Aufnahme dieser auf das Ballet bezogenen Klavier Interpretationen wird im Frühjahr 2013 auf dem Orchid Classic Label herauskommen. Die Faszination, die Rabinovich diesen Stücken und deren Aufnahme entgegenbrachte, erwuchs aus seiner Bewunderung dieser Epoche und ihrer unverwechselbaren künstlerischen Ausrichtung: Paris im frühen 20. Jhrd., angefüllt mit vitaler Schöpfungskraft und gegenseitiger Befruchtung der Künste und Künstler, mit einem charismatisch aufgeladen Duft von Kreativität. “Je mehr ich über dieses Zeitalter gelernt habe, desto mehr wollte ich ihm persönlich Ehre erweisen” meint Rabinovich. Alle drei Komponisten haben eng mit den Ballet Russes zusammengearbeitet, wenngleich zu etwas unterschiedlichen Zeiten: ‘Daphnis und Chloé’ wurde im Jahre 1910 geschrieben, ‘Petruschka’ im Jahre 1911 und ‘Romeo and Julia’ erst 1935. Trotz all ihrer ästhetischen Unterschiede sieht Rabinovich den roten Faden, der sich durch sie hindurchzieht: “Sie wurden von der Energie und dem Charme eines einzigen Mannes, einer Naturkraft inspiriert– Sergei Djagilew! Sie gehören zum Zeitalter der Ballets Russes, die auch noch auf die künstlerischen Tendenzen der nächsten Generationen einen tiefgreifenden Einfluß hatten, indem sie Avantgarde Musik, Tanz und Ausdrucksform auf eine neue und innovative Weise verschmolzen.” Es war vorallem Rabinovichs besonderes Interesse an dem russischen Künstler Leon Bakst, der berühmt für seine Bühnenbilder vieler Djagilew Produktionen ist, das ihn auch zu anderen Djagilew Stars führte, einschliesslich zu Nijinsky, Pavlova, und Picasso, wie auch Strawinski, Ravel und Prokowjew. Obwohl er keine Ausbildung in bildender Kunst genossen hat, besitzt er offensichtlich künstlerisches Talent, wie aus seinen vielen Zeichnungen, sowohl in gedruckter wie auch in digitaler Form auf seinem iPad skizziert, zu ersehen ist. Er begann mit dem Zeichnen, als er zehn Jahre alt war und gesteht ein: Ich muss sehr viele Informationen während der Klassen versäumt haben, als ich beim Zuhören kritzelte; es handelt sich um einen Zwang, den ich ernst nehme, es ist nicht nur ein bloßes Hobby von mir.” Auf die Frage, ob die eine Kunstgattung die andere beeinflusst, sagt er: “Es gibt viele Parallelen zur Musik, die offensichtlichen Verbindungen wie Farben, Ausgewogenheit und Struktur, ihre Symetrie, Höhen und Tiefen, die Transparenzen der Texturen …. korrespondieren sicherlich mit musikalischem Verständnis. Es hilft mir irgendwie, das andere Medium zu begreifen, indem man einen anderen Bezugpunkt hat; Musik ist eine flüchtige Materie - sie ist vergänglich. während bildende Kunst permanent ist. Man kann auf das Papier /die Leinwand zurückkommen, man kann an bildender Kunst festhalten. Ich habe nie ganz verstanden, wie bei Musik ich ein Stück, das ich spiele, vorbereite und dann, am nächsten Tag, wieder neu beginne, Musik ist nie in der gleichen Weise für immer da.” “Allerdings” wie er erklärt “ist die Natur des Klaviers so beschaffen, dass es eine so weite dynamische Bandbreite an Farben und Effekten erzeugen kann, die es einem ermöglichen, selbst solche Musik zu spielen, die dazu bestimmt ist, die fantastischen und bunten Klangfarben einer vollen Orchestrierung zu zeigen, wie in den Ballett Arrangements und sie in einer selbstgenügsamen Klavierversion zum Leben zu bringen.” Was Ravels ‘Daphnis’ betrifft, fand Rabinovich etwas über die ursprüngliche Reduzierung des Balletts zu Probezwecken heraus, was zum Ansatzpunkt seines Arrangements wurde, dass auf Ravel beruht.
“Daphnis” Zeichnung von Roman Rabinovich Der junge Prokowjew hatte in den Zwanziger Jahren drei Balette für die Ballets Russes geschrieben, deren Aufführungen von ‘Petruschka’ und ‘Daphnis’ er auf seinen ersten Reisen nach Paris und London gesehen hatte. Sein ‘Romeo und Julia,’ das nach seiner endgültigen Rückkehr nach Russland im Jahre 1935 komponiert und vom Kirov Theatre im Jahre 1940 produziert wurde, stellt eine neue, abstraktere Richtung dar. “Romeo und Julia” Zeichnung von Roman Rabinovich
Um einen Bogen zum Programm herzustellen, erwähnt Rabinovich folgende interessante Tasachen: erstens, dass Prokowjew und Strawinski zusammen eine vierhändige Version von ‘Petruschka’ in Rom spielten und zweitens, dass Strawinski persönlich die drei Sätze von ‘Petruschka’ für Arthur Rubinsteins eigenen Auftritt arrangierte. Querverweise zwischen Kunstgattungen wie auch die direkte Interaktion unter den Künstlern schaffen immer neue interessante Symbiosen in Zeiten kultureller Höhepunkte. Im Geiste solcher miteinander verschränkter Schaffensimpulse, möchte Rabinovich uns drei Zeichnungen zeigen, die er für dieses besondere Programm von Ballett Arrangement entwarf. “Der Wunsch etwas auszudrücken und mitzuteilen, ist Teil allen künstlerischen Schaffens und dieses Wesen einzufangen, ist das Ziel eines bildenen Künstlers wie auch eines Auftrittskünstlers.” Wie Rabinovich meint, der jüngst auch noch von einer anderen Richtung in der Musik fasziniert war, als er den Taktstock des Dirigenten ausprobierte unter Anleitung von Jospeh Swensen, Geiger und Dirigent des neu gegründeten Festivals U-Hac in Vermont )www.u-hac.com) : “Dirigieren öffnete viele Türen, was mein Denken bezüglich von Musik und mein Spielen betrifft. Es ist sicherlich etwas, was ich weiter erkunden möchte: das Ganze zu sehen und Verbindungen durch verschiedene Inputs herzustellen, ist faszinierend. Als Pianisten sind wir es gewohnt, Klang zu produzieren, plötzlich muss ich in der Lage sein, mein Verständnis von Klang zu übermitteln, diese Energie auf andere Leute nur durch Gesten und Körpersprache zu übertragen – ist immer noch eine surreale Erfahrung.” Um mehr Informationen über Roman Rabinovich und seine künstlerischen Arbeiten zu bekommen, besuchen Sie bitte folgende Website unter: www.romanrabinovich.net. Ilona Oltuski

Sunday, November 18, 2012

Offenbarungen zur Inspiration – Live aus der ‘New York Public Library’: Andrew Solomon im Gespräch mit Paul Holdengräber

In seinem bemerkenswert ergreifenden neuen Buch “Far from the Tree” (Weitab vom Baum), erinnert uns Andrew Solomon, “dass es nichts Wichtigers in der Entwicklung eines Kindes gibt, als die Liebe seiner Eltern " (Bill Clinton). In diesem Buch erkundet Solomon das menschliche Dasein, aufgrund der Andersartigkeit und zugleich Einzigartigkeit der Charaktere, die ihre Geschichte erzählen; seine Erkundung weisst über jede ihrer spezifischen Herausforderungen hinausreichend, in einen allgemein- menschlich verbindenden Bereich hinaus- viel mehr, als man es für möglich halten sollte. Das Buch ist in 10 Kapitel gegliedert und jedes von ihnen beleuchtet unterschiedliche kulturelle Gegebenheiten, die aus extremen Situationen erwachsen sind. Bewunderndswerterweise durchdringen die Abschnitte des Buches das Potential der Charaktere zu freudiger Offenbarung, die sie schließlich am Ende unendlicher, schmerzvoller Kämpfe bei ihrer Identitätsfindung und Bewältigung extremer Schwierigkeit und Unterschiedlichkeit finden. Angefangen von schwerer Behinderung bis zur einzigartigen Weltfremdheit von Wunderkindern, mit solchen Beispielen wie den Superstar-Pianisten wie Lang Lang und Evgeny Kissin, schließt „Far From The Tree“ Untersuchungen zu Zwergenwuchs, Kriminalität/strafbare Handlungen und transidentischen Identitätskonflikten mit ein. Salomons aufschlussreiche Beispiele helfen dem Leser die Möglichkeiten begreiflich zu machen, angesichts von elterlicher Liebe und Hinnahme, liebevollen Zusammenlebens und Akzeptanz mit den außergewöhnlichsten Bedingungen klar zu kommen. Anstatt das Unmögliche zu verodnen, arbeitet Solomon daran, Aufmerksamkeit und Bewußtsein zu schaffen und entwickelt mit Anmut und Leichtigkeit eine positive Vision von Verständnis und Akzeptanz. Er kreiert eine Welt, in der es machbar erscheint, die Unterschiede eines jeden zu zelebrieren, statt sich in Elend zu ergeben, das so überwältigend erscheint, als dass man es überwinden könnte. Als eine motivierende Einführung an der ‘New York Public Library’ letzten Sonntag, sind sowohl Paul Holdengräber als auch der Autor übereingekommen, dass ein grundlegendes Element zum Verstehen dieses Buches in der Anerkennung liegt, dass es von “Reife” handelt. In Widrigkeiten Stärke zu finden, ist die letzendliche lebensbejahende Botschaft des Buches, die der Autor auf die eigenen persönlichen Kämpfe mit Homosexualität und Depression gründet. Die bereichernde sinnstiftende Absicht des Buches wird klar, als Salomons “Antihelden’ sich mit Hilfe ihrer eigenen inneren Stärke und unermüdlicher Liebe wandeln, was die Geheimnise wahrer seelischer Katharsis in sich birgt. Andrew Solomon ist Schriftsteller und Dozent für Psychologie, Politik und Geisteswissenschaften; er ist Empfänger des nationalen Buchpreises, ein Fürsprecher für die Geisteswissenschaften und ein Aktivist für die LGBT Gemeinde, also setzt sich für die Rechte von Lesben, Schwulen, Bisexuellen und transidentischen Personen ein, wie auch für die psychisch Kranken.

Wednesday, November 14, 2012

Victoria Mushkatkol – Piano Konzert in Juilliards‘ Paul-Hall am 17.November, um 6 Uhr.



Die Konzertpianistin und Lehrerin Victoria Mushkatkol, die an Julliards ‘Pre-College’ Abteilung unterrichtet, wird ihre musikalischen Einsichten mit einem Publikum teilen, welches entsprechend ihrer Angaben die Publikumsmitglieder mit der größten Bewunderung , aber auch der geringsten Nachgiebigkeit miteinschließt: “Es ist immer wichtig bei Julliard für ein Publikum seiner Kollegen und Studenten zu spielen, mit denen man tagtäglich zusammenarbeitet und sie sind die liebenswertesten und dennoch strengsten Juroren .”

Das Programm wird die letzten beiden Werke von Schumann (Fantasiestücke Opus 11) und Beethoven (Sonate Opus 109) beinhalten – was einem einen Vergleich der reiferen Werke dieser beiden Künstler erlaubt. “Wie bei jedem Programm, für das ich mich entscheide, stellt dieses die Musik dar, die ich liebe und ich behalte den Zuhörer im Kopf, wenn ich die Auswahl treffe und Musik vorstelle, die in ihrer Vielseitigkeit von Parallelen und Unterschieden genossen werden soll. Was dieses Programm anbetrifft, das ebenfalls Schumanns Fantasie in C-Dur miteinschließt, wird dieses ein viel jugendlicheres Werk vorstellen, sozusagen von ‘der anderen’ Lebens-‘Seite’ des Komponisten,” sagt Mushkathol, die selbst eine jugendliche, energetische Auftrittskünstlerin mit maßgeblicher Erfahrung ist.

Nachdem sie im Alter von 10 Jahren ihr Debüt mit dem Philharmonischen Staatsorchester Kiew hatte, hat sie einen Ruf als talentierte Solistin aufgebaut; die Presse beschrieb sie als “bahnbrechend, dynamisch und von Weltklasse.” Sie erhielt ebenfalls Lob für ihre Kammermusik. Mushkhatol ist eine „feinfühlige und begeisterte Kammermusikerin“ und hat mit einem breitgefächerten Aufgebot von internationalen Künstlern zusammengearbeitet, einschließlich der Violinisten Evgeny Bushkov, Julia Bushkova und Charles Casselman, wie auch den Cellisten Karen Buranskas und André Emelianoff.
Als Protegé von Vladimir Nielsen am St.Petersburg Konservatorium, einem der hervorragenden Musikpädagogen Russlands, hat Mushkatol es sich zum Ziel gesetzt, das Vermächtnis ihres Lehrers weiter am Leben zu halten. Im Jahre 2007 wurde sie die Gründerin und künstlerische Leiterin des Vladimir Nielsen Piano Festivals in Sag Harbor, New York.

In ihrem Unterricht gründet Mushkatol viel von ihrem Stil auf die Anregung und Inspiration, die sie von Nielsen gewonnen hat. “In seinem Unterricht regte er Studenten dazu an, ehrfürchtig nach dem wahrhaftigsten Ausdruck der Absichten des Komponisten, vermittelt durch seine Artikulierung, seinen Tonfall und seine ausgekügelten rhytmischen, motivischen und harmonischen Beziehungen, Ausschau zu halten. Sein Credo war: Man muss vor dem Komponisten auf den Knien liegen.”
Mushkatkol empfindet, dass dieser scheinbar untergeordnete Ansatz tatsächlich die solide Basis ihrer individuellen Kreativität weiterentwickelt. Nielsens Credo: “Musik kommt an erster, das Instrument an zweiter Stelle” hat viele Berufsmusiker – von angesehenen Dirigenten bis zu Pianisten reichend – dazu bewegt, seine Anleitung zu suchen: “Wenn man Klavier spielt, kann man sich nirgendwo verstecken. Musikalisches Talent ist die Fähigkeit zum Sprechen, so dass einem Leute zuhören. WAS man zu sagen hat, zeigt, wer man ist.”
Mushkatkol ist vor Kurzem eingeladen worden, für Auftritte und Meisterklassen nach Russland zurückzukommen. Sie wurde auch als Gastkünstlerin im Rahmen der Internationalen Festivalwoche in St. Petersburg herausgestellt und hat ihre künstlerische Präsenz nach Peking und Shanghai ausgeweitet.

Monday, November 12, 2012

Nikolai Lugansky nimmt Rachmaninoffs 3.Klavierkonzert im Sturm

Nikolai Luganskyphoto:Nikolai Lugansky

Zufolge einiger „Pianoexperten“, die Nikolai Luganskys jüngstem Auftritt von Rachmaninoffs Klavierkonzert Nr. 3 in D Moll, Opus 30 in der Avery Fischer Hall beiwohnten, wurde geurteilt, er hätte nicht genug Gefühl gezeigt. Obwohl Lugansky das Konzert neben dem ‘New York Philharmonic’ unter der Leitung von Charles Dutoit mit äußerster technischer Perfektion spielte, beschwerten sich einige Kritiker: “Er war zu schnell!” “Es war zu kalt, zu mechanisch,” und “nicht üppig genug – und Rachmaninoff kann so unheimlich üppig sein!” so lauteten einige Kommentare innerhalb der New Yorker Gemeinde von Konzertbesuchern, von denen die meisten selbst mit unterschiedlichem Vermögen Klavier spielen. Kritik aus den eigenen Reihen sollte man sicherlich nicht auf die leichte Schulter nehmen, obwohl ich mich darüber wundere, warum ich das Konzert so anders als viele dieser Kritiker erlebt habe. Nach dem Stück schien der Applaus auch des allgemeinen Publikums total hingerissen zu sein. Das Konzert fand am 2. November statt, in der Folgezeit von Sandy, dem Sturm der viele Regionen im Gebiet der drei Bundesstaaten New York, New Jersey und Connecticut, in dem sich der Großraum New York befindet, verwüstete und die Hälfte von Manhattan ohne Elektrizität und ohne U-Bahn Verbindungen hinterließ und dennoch trotzten viele Konzertbesucher den stürmischen Launen der Natur aus Respekt vor dem Vermächtnis von Dutoit und dem von Lugansky, für den dies sein Debütauftritt in New York war; war es vielleicht wegen dieser psychologisch zerbrechlichen Situation, dass New Yorker nach einer emotional berührenderen Resonanz suchten? Der Konzertsaal war keineswegs in seiner Kapzität ausgelastet und vielleicht trug das ein bisschen zu der “kalten Akkustik” bei und dämpfte das Vermögen eines Klavier üppig zu klingen, eine Situation, die von Lugansky selbst bei unserem Treffen am nächsten Morgen kommentiert wurde. Vielschichtig verflochtene Verspätungen in die Stadt aufgrund des eingeschränkten Nahverkehrs und der Elektrizität machten es erforderlich, dass einige der Orchesterspieler ersetzt werden mussten. Charles Dutoit, der zusätzlich zu einigen Teilen seines Personals einige Probezeit verlor, glaubte, dass es notwendig wäre, das Programm zu ändern. Anstatt mit Claude Debussys Le Martyre de Saint Sébastien, gefolgt von Rachmaninoffs Rhapsody on a Theme by Paganini für Piano und Orchestra, Op 43, wurde das Publikum mit einer wohl-eingespielten und stürmischen Overtüre zu Glinkas Rusian and Ludmila (1842) bergrüßt. Lugansky und Dutoit hatten mehrmalig an Rachmanioffs Konzert zusammengearbeitet und es bot sich so unter den gegebenen Umständen als selbstverständlich an. Lugansky selbst hätte es nicht rechtzeitig geschafft, wäre nicht sein Freund gewesen. Beide hatten sich bemüht, einen nicht geschlossenen Flughafen in Hartford, Connecticut zu finden, um eine Verbindung zu bekommen. Er beeilte sich den Auftrittskünstler zum Flughafen in Florida zu bringen, so dass er nicht im ‘Sunshine State’ strandete. Zum Glück war Lugansky in der Lage, bei der einzigen Probe am Donnerstag anwesend zu. “Ich hatte gerade Paganini geübt, als eine Nachricht von Dutoit kam – „wir werden das Dritte Klavierkonzert spielen,” erläutert Lugansky in seiner ruhigen, ernsthaften, professionellen Art und Weise – schließlich gibt er jährlich 100 Konzerte. “Wir waren gerade zwei Wochen zuvor damit in Boston zusammen aufgetreten.” Mir war ganz klar, besonders bei Rachmaninoffs Drittem Klavierkonzert, dass Luganksy keine Mühe scheut, die Aufnahmen vom Meister selbst zu studieren, wobei er glaubt, dass es unmöglich ist, diese selbst zu kopieren. Sicherlich folgt er den Hinweisen von Rachmaninoffs notierten Tempi, die immer sehr rasch waren,” wie Lugansky bemerkt- wirklich schien er das Orchester bei der Aufführung etwas antreiben zu wollen. Lugansky bewundert auch die Interpretationen des gleichen Konzerts von Argerich und Kissin, ein Konzert das natürlich jeder Pianist sehr persönlich interpretiert. Das Konzert, das im Jahre 1909 für den gefeierten Pianisten Josef Hofmann komponiert wurde, ist dafür bekannt, unglaublich, wenn nicht gar technisch gesehen, monströs schwierig zu sein, wie das Programmheft auch andeutet. Lugansky, der sein amerikanisches Debüt im Jahre 1996 beim ‘Hollywood Bowl’ als Valery Gergievs Solist während dessen Kirov Tournee hatte und der neben vielen anderen den russlandweiten Rachmaninoff Wettbewerb im Jahre 1990 gewonnen hatte, ist auf jeden Fall mit allen Nuancen Rachmaninoffs Pianismus bekannt und seine Interpreatation keineswegs willkürlich getroffen. Lugansky erhielt ebenfalls den Preis der Deutschen Schallplattenkritik und den Echo Klassik 2005 Preis, für seine Aufnahmen von Rachmaninoffs Konzert Nr. 1 und 3. Diesen September veröffentlichte Lugansky Rachmaninoffs zwei Klaviersonaten auf dem Naïve – Ambroise Label, auf das sich der Künstler vor Kurzem verplichtet hat. Das Konzert selbst hatte ursprünglich in New York seine Premiere mit der damaligen ‘New York Symphony’, bevor sie sich im Jahre 1928 das ‘New York Philharmonic’ verschaffte und sich mit diesem zusammenschloss. Natürlich wurde es vom Komponisten selbst uraufgeführt, worauf Rachmaninoff immer bestand. Solche historischen Maßstäbe bleiben auch heute relevant, wir bewerten selbst die extravagantesten zeitgenössischen Auftritte daran, wie sie sich mit den Originalen vergleichen. Für Lugansky macht der Charakter der Musik alles aus; was am Ende zählt, ist die emotionale Bedeutung eines Werkes. Er glaubt, dass besonders dieses Konzert “eines der am schönsten geschriebenen Klavierkonzerte ist. Es ist voller Symbolik, wie ein Roman von Tschechow. Besonders das Finale ist, als ob sich der Himmel öffnen würde, die dunklen Kräfte verschwinden, fast gleich nach dem Angriff, Glocken verkünden die lebensbejahende Freude – seine gottgegebene Offenbarung. Es ist eine große Freude, dieses sehr pianistisch geschriebene, wundervolle Stück zu spielen:” Es gibt natürlich unterschiedliche Weisen, wie man wirkungsvoll spielt. Rachmaninoff wird immer Rachmaninoff sein: als zweifaches Genie; als Komponist, sich etwas auszudenken und seine wundervolle Botschaft aufs Papier zu bringen war er göttlich, und als Auftrittskünstler blieb er sich selbst treu. Es gibt einige Auftrittskünstler, die immer Qualitäten besitzen werden, die sie unmißverständlich einzigartig machen werden; sie bestechen durch bestimmte Techniken und Aspekte ihres Auftrittes und sie werden immer einen besonderen Stil haben, unabhängig davon, welchen Komponisten sie spielen. Glenn Gould war großartig, als er Bach, Scriabin, Schoenberg spielte; man konnte immer Gould darin erkennen, wenn er die Werke dieser Komponisten spielte und sein Publikum liebte ihn dafür. Ich habe zum Ziel, mehr wie die andere Art von Auftrittskünstler zu sein, der aus intellektuellem Antrieb agiert. Ich sehe Michelangeli als einen von ihnen, der fortwährend mit dem Auftritt eines jeden Komponisten das Rad neu erfindet. In seinen Auftritten gibt es weniger von ihm und mehr vom Komponisten selbst und jedes Mal war sein Stil unterschiedlich. Vielleicht ist das der Grund, dass er weniger Repertoires als seine Zeitgenossen spielt, aber jeder Auftritt war einzigartig für sein Verständnis eines bestimmten Komponisten.“ Und er spielte mit einer Brillianz die meiner Meinung nach schwer zu übertreffen sein dürfte, und, wenn auch keineswegs sentimental doch voller Dynamik. Lugansky sagt mir auch, dass er immer ein extrem schnell in seinem Studium war: ”Das erste Mal, als ich Rachmaninoffs Drittes Konzert spielte, spielte ich es für meine Lehrerin an der Zentralen Musikschule.” Lugansky war zu dieser Zeit 19 Jahre alt und er lernte es in drei Tagen. “Ich war von diesem besessen,” meint er. In meinen Augen ist es ihm sicherlich gelungen, Rachmaninoffs Drittem Konzert seine eigene, stilistisch präzise und individuelle Interpretation zu geben. Ich empfand, dass er es mit seinem Auftritt schaffte, die tiefgehende Emotion mit einer versierten, technischen Leichtigkeit zu vermitteln. Ich genoß die Wirkung von unauffälligem Minimalismus sehr, sebst wenn es sich von der süßen Üppigkeit unterschied, die andere offensichtlich zu hören erwarteten. Ilona Oltuski

Sunday, November 11, 2012

Abschied von einem großen Konzertmeister

Glenn Dicterow Konzertmeister der New York Philharmonic
Es ist tatsächlich nicht bis zum Ende der 2013-2014 Spielzeit, dass Glenn Dicterow, der derzeitige Konzertmeister bei der New York Philharmonic dem Ruf an die ‘Thornton’ Fakultät an der ‘University of Southern California’ in Los Angeles folgen wird.
Aber schon jetzt zollen New Yorker ihre Huldigung einer der ikonischsten Figuren beim ‘New York Philharmonic’, der nach einer Laufzeit von 32 aufeinander folgenden Jahren schmerzlich vermisst werden wird. Es wäre unmöglich, nicht Dicterows freundliches, gutmütiges und rundes Gesicht und seine allgegenwärtige väterliche Autorität wahrzunehmen. Immer zu einem kleinen Spass und einer netten Bemerkung bereit, schien er omnipräsent auf dem ersten Stuhl zwischen Dirigentenpult und dem Rest der Streichersektionen zu sein, den Frieden beim Ensemble wie den Kommunikationsfluss aufrechterhaltend.
Dicterow wird der erste Künstler sein, der dem Bereich Streichinstrumente – und Kammermusik gewidmeten neuen Robert Mann Lehrstuhl inne haben wird, der von Alfred Mann eingerichtet wurde, um die Erfolge seines Bruders als Gründer und erster Violinist des bekannten Julliard Streichquartetts zu würdigen. Dicterow und seine Frau, die Violistin Karen Dreyfus, mit der er zusammen mit der Cellistin Inbal Segev als Amerigo-Trio auftritt, werden ebenfalls Fakultätsmitglieder sein.
Amerigo Trio
Beide werden eine willkommene Ergänzung einer Anzahl außergewöhnlicher Künstler sein, einschließlich von Midori Goto, die den Jascha Heifetz Lehrstuhl für Violin an der USC inne hat. Heifetz war einer von Dicterows einflussreichsten Lehrern, den Dicterow als Teenager, als er in Los Angeles aufwuchs, treffen durfte. Dicterows Vater Harold Dicterow war für 52 Jahre der erste Sitz in der zweiten Violinensektion vom ‘Los Angeles Philharmonic Orchestra’. Im Alter von 11 Jahren spielte Glenn Tchaikovskys Violinenkonzert unter der Leitung von Zubin Mehta mit dem ‘Los Angeles Philharmonic’. Dicterow verbrachte mehrere Jahre als Musiker - und dann als Konzertmeister beim ‘Los Angeles Philharmonic’ unter der Leitung von Zubin Mehta, und wurde später im Jahre 1980, ebenfalls unter Mehtas Leitung, Konzertmeister des ‘New York Philharmonic’. Der andere große Einfluss in seinem Leben war sein Lehrer Ivan Galamian, mit dem er an der Julliard School in Galamians berühmten Studio, das Yitzchak Perlman miteinschloss, lernte. Dicterow machte es sich zur Regel, immer etwas von seiner Zeit Engagements zu widmen, die außerhalb seiner Rolle bei der ‘New York Philharmonic’ standen. Er trat als Solist mit anderen Orchestern auf und widmete sich stets der Kammermusik. Er war auch in der Lage, einen Lehrauftrag an der ‘Manhattan School of Music’ und der ‘Juilliard School’ aufrechtzuerhalten und dies machte es ihm auch möglich, einige Orchester Musiker beim ‘New York Philharmonic’ aus dieser Gruppe talentierter Studenten zu rekrutieren. Am 5. November gab Dicterow eine charmante Rede im der Öffentlichkeit zugänglichen ‘Atrium Space’ (61 West 62 Street). Es wurde sehr klar, dass seine Qualifikationen für diese Position, die er solange inne hatte, nicht ausschließlich in seiner außergewöhnlichen Gabe Violine zu spielen begründet liegen, sondern ebenfalls sein persönliches und lebhaftes Verständnis der Rolle eines Konzertmeiters miteinschloss. Zur Beendigung seiner Zeit an der "New York Philharmonic" meint er verschmitzt: “Als ich das Angebot erhielt, geschah es zu einem Moment, an dem ich es nicht ausschlagen konnte. Nach 34 großartigen Jahren werde ich hoffentlich mit meiner vollständig intakten Reputation gehen können.“
Glenn Dicterow und getClassical Ilona Oltuski
Ich nehme an, dass es sein Humor war, der es ihm erlaubte, durch eine lange Reihe von verschiedenen, wechselnden Direktoren , alle mit unterschiedlichem Charakter und Ego, zu gehen. Vom flamboyanten Bernstein bis zu Mehta, der: "mit seinen Händen wie ein Chirug war, so exakt, dass man auf keinen Fall ein Absenken des Taktstockes verpassen könnte…” bis Masur, einem “Meister der alten Schule,” der vielleicht persönlich kontrovers empfangen wurde, aber den Klang des gesamten Orchesters dahin gehend veränderte, das dieser eher deutsch und dunkler klang, da er sich nicht scheute, die Blasinstrumente im Zaum zu halten.” Dicterow setzte seine Karriere fort, indem er unter dem strengen, aber “unglaublich begabten Maazel” “diente”, bei dem “man wissen musste, wie man ihn zu nehmen hatte, aber wir kamen gut miteinander aus”, bis zum derzeitigen, viel jüngeren Alan Gilbert. Dicterow hat es geschafft, mit allen auszukommen und eine professionelle Beziehung aufzubauen, die auf gegenseitigem Respekt basierte. Sein Hauptanliegen ist es, einfühlsam zu sein und in der Lage zu sein, zwischen dem Dirigenten und den Sektionen zu kommunizieren, fast wie ein zweiter Dirigent. “Ich muss auf eine Weise spielen, dass andere sehen können, was ich tue.” In einem Orchester kann man sich, als Mitspieler nicht allein auf den Klang verlassen, sonst gibt es Verzögerungen. Man muss im Moment existieren – die Bewegung der Sektionen muss simultan erfolgen und diese Bemühung hängt genau so viel von den Augen wie von den Ohren ab, vielleicht sogar noch mehr. Ich hatte das Vergnügen, ein Interview mit Dictorow im Jahre 2010 http://english.getclassical.org/2011/02/02/first-fiddle-glenn-dicterow-concertmaster-of-nyc%e2%80%99s-ultimate-band-the-new-york-philharmonic-orchestra/) zu führen, indem er noch mehr über die Rolle als Konzertmeister erklärte, einschließlich der Notwendigkeit entsprechend bestimmter Entscheidungen während der Proben und Sitzarrangements, Bogenstriche in die Partitur des gesamten Orchesters einzutragen. Dicterows Verantwortlichkeiten schlossen auch solche Tätigkeiten mit ein, wie auf verschiedenen Ausschüssen zu sitzen, die für die Aufnahmekriterien, künstlerische Leitung und Planung zuständig sind.
Doch das schwierigste für ihn war ein Element seines Auftretens, wenn von ihm verlangt wurde, plötzlich verschiedene, amspruchsvolle Solo-Sektionen innerhalb großer Orchesterwerke zu spielen, wie bei der jüngsten Darbietung von Rimsky-Korsakovs’ Scheherazade. Bei diesen Momenten handelt es sich um die persönlichsten: “Alan sagte mir kürzlich, ‘Oh Glenn, dies ist das letzte Mal, dass du dieses, und dies ist das letzte Mal, dass du jenes spielst - genieße einfach nur den Moment … und das tue ich in der Tat.”

Dicterow spielt am(8-10) und auch am 13. November mit Cellistin Alisa Weilerstein Brahms' Doppelkonzert für Violin und Cello mit dem ‘New York Philharmonic’ unter der Leitung des emeritierten Direktors Kurt Masur. Ilona Oltuski

Friday, November 2, 2012

Das Israelische Philharmonie Orchester spielt auf: Carnegie Hall und Yuja Wang

Am 25. Oktober gab das Israelische Philharmonische Orchester ein ausverkauftes Konzert in der Carnegie Hall. Maestro Zubin Mehta führte durch ein Programm der spirituellsten Werke die mit jüdischer Liturgie in Zusammenhang gebracht werden können und demonstrierte kulturelle Eminenz, die das IPO zurecht einnimmt. Trotz einer kleinen Gruppe von anti-israelischen Demonstranten, die sich gegenüber dem Eingang in der 57. Straße versammelt hatten, zusammengerufen von Adalah-NY: der New Yorker Kampagne zum Boykott von Israel durch verschiedene Presseveröffentlichungen, war drinnen die Stimmung gut, als das Orchester das Konzert mit der amerikanischen Nationalhymne Star-Spangled Banner, gefolgt von der israelischen Nationalhymne Hatikva, eröffnete. Die Wohltätigkeitsveranstaltung, die von den Freunden des Israelischen Philhamonischen Orchesters organisiert worden war, wird die Tournee und das Bildungsprogramm unterstützen, ebenso wie die Renovierung ihres Zuhauses in Tel Avivs Heichal Ha’Tarbut, das im Mai 2013 eröffnet wird. Das Programm von Arnold Schoenbergs Kol Nidre und Noam Sherifs Mechaye Hametim (Revival of the Dead)hatte bereits bei den Salzburger Festspielen breite internationale Anerkennung erfahren, besonders angesichts der tragenden Rolle des Baritons Thomas Hampson, die von New York Times’ James R. Oestreich als “buchstäblich einen Propheten des alten Testament verköpernd“ beschrieben wurde. Von den zwei Werken ist Kol Nidre das bekanntere, doch Sheriffs symphonische Werke (New York Premiere), die in Erinnerung an den Holocaust und gleichzeitig als Tribut an die jüdische Kultur und den Nationalstolz in Auftrag gegeben worden waren, stellten sich als eine sehr organische Struktur heraus. Sie umfassten viele unterschiedliche musikalische Motive auf und bauten darauf auf. Hampson und dem ‘Collegiate Chorale’ gesellten sich der Mädchenchor von Manhattan und Tenor Carl Hieger hinzu; alle von ihnen traten in der Produktion in hebräischer und jiddischer Sprache in der Anwesenheit des Komponisten auf. Das ursprüngliche Programm war dahingehend geändert worden, dass es diese Werke miteinschloss, da sich diese in Salzburg großen Zuspruchs erfreut hatten und auch teilweise, weil der Collegiate Chorale, der im Jahre 1941 von Robert Shaw gegründet worden war und derzeit von James Bagwell geführt wird, bereits anwesen
Inmitten beider jüdischer, spiritueller Werke ergoss die
25jährige Yuja Wang ihre überwältigende Virtuosität
in Mendelssohns Klavierkonzert Nr.1 in G moll, Opus.25.
Als ihre erste Zugabe Rossini-Ginsburgs Figaro
Arie von einem noch stürmischeren, großartigen, von Horowitz inspirierten Carmen übertrumpft wurde, hatte sie das nach Luft schnappende Publikum
in ihren Händen.
Ganz in rot gekleidet, konnte sich das
Publikum an ihren stürmischen Hand- und Armbewegungen begeistern, die aus ihrem
schlanken, muskelösen Rücken hervorströmten. Wie bei der Choreographie eines olympischen Schwimmers, waren ihre
Bewegungen wenig ausladend, kontrolliert und super-schnell.
Obwohl er immer charmant ist, schien Zubin Mehta, der
während seiner nun mehr als fünfzigjährigen Laufbahn als Dirigent (er ist auf
Lebenszeit der Musikdirektor beim Israelischen Philhamonischen Orchester) viele
der großartigsten Auftrittskünstler geleitet hat, wahrhaftig von seiner phänomenal
talentierten Debütantin der Saison beindruckt zu sein. Ilona Oltuski

Wednesday, October 17, 2012

Pianistin Yael Weiss – Die kreative Verbindung zwischen der geschriebenen Partitur und dem Zuhörer

Yael Weiss besitzt ein seltenes Engagement, das sie dazu zwingt, in ihrem täglichem Leben ihre Verantwortung als Auftrittskünstlerin zu erkennen. “Selbst wenn ich allein bin, ist es mir äußerst wichtig, dass ich immer mein Bestes versuche, präzise zu sein, wenn es darum geht, die Intentionen des Komponisten aufzudecken und die Bedeutung zu finden, die sich hinter den Noten verbirgt,” sagt sie. “Es gibt ein Nachsinnen über Musik, das während des Übens stattfindet und natürlich auf der Bühne, eine nie endende Suche nach der Wahrheit in der Musik – dem Grund, warum ein spezifisches Stück so konzipiert wurde, wie es ist.”




Bei Musik gibt es, anders wie bei den anderen Künsten, eine Wechselwirkung der geschriebenen Partitur in Echtzeit - zwischen dem Künstler und den Zuhörern. “Es ist die Erkenntnis durch den Auftritt in diesem Moment, die den Auftrittskünstler zu einem so integralem Bestandteil der Gleichung macht – und der Zuhörer ist der andere Teil,” staunt Weiss. “Eine Partitur, die in der Bibliothek steckt, ist noch keine Musik; diese schwarzen Spots auf Papier sind noch nicht ausgeführt. Es handelt sich nur um Verweise auf die verschiedenen Ebenen, welche die Ideen eines gewissen Klangs angeben und darüberhinaus auf eine bestimmte Botschaft, die es erfordert, dem Zuhörer übermittelt zu werden. So ist es diese Übermittlung dieser tatsächlichen Noten in einen Klang und die Interpretation der Bedeutung, die sich hinter diesen Noten verbirgt, die ich jeden Tag betreibe, wenn ich mich am Klavier befinde.”



Wie im wirklichen Leben, sollte es bei einer musikalischen Erfahrung um ein Geben und Nehmen gehen. Weiss zögert nicht, etwas der Verantwortung für den Erfolg eines Auftritts auf den Zuhörer abzutreten, angesichts der passiven Rolle, die normalerweise das Publikum im Allgemeinen gewohnt ist ein Ansatz, der nicht als selbstverständlich betrachtet werden sollte. Weiss jedoch sieht die Interaktion zwischen dem Auftrittskünstler und dem Zuhörer als einen wahren Dialog an: “Ich glaube, dass Ihnen jeder Auftrittskünstler erzählen wird, dass sein Musizieren davon profitiert, sich auf der Bühne seinem Publikum zu stellen und damit wächst. Der Grad der Konzentration, Offenheit und Aufmerksamkeit auf der Seite des Zuhörers beeinflusst das Endergebnis ungemein. Die Übermittlung der geschriebenen Partitur ist eine geteilte Erfahrung, eine Vergegenwärtigung mit gemeinsamer Absicht,.”



Wenn sie unterrichtet, stellt Weiss fest, dass sich die Studenten oft über deren eigene Nervösität auf der Bühne Sorgen machen und sich der Kritik und dem persönlichen Urteil ausgesetzt sehen. Sie versucht, sie daran zu erinnern, dass sie sich auf die positive Energie konzentrieren sollten und darauf, mit dem Publikum durch die Musik zu kommunizieren, statt sich darüber Sorgen zu machen, was das Publikum von ihnen denkt. Die Bühne kann ein einsamer Ort sein, wenn es der Auftrittskünstler zulässt, dass Isolation das ergreifende Gefühl verdrängt, mit seinem oder ihrem Publikum in Verbindung zu treten, das von der gemeinsamen Erfahrung gespeist wird, welches der musikalische Auftritt nun mal ist.



In einem Versuch ein engagierteres und bewussteres Publikum zu schaffen, hat Weiss damit begonnen, eine Reihe von Podcasts auf iTunes zu laden, die sich Classical Minutes nennen und viele unterschiedliche informative, musikalische Agendas bereitstellen und eine große Bandbreite von Musikliebhabern, Berufsmusikern und Studenten ansprechen. Die Themen beziehen sich nicht spezifisch auf bestimmte Instrumente, vielmehr ist ihr Hauptgrund, Musiker auf verschiedenen Ebenen zu begeistern und zu motivieren und eine persönliche Perspektive des Lebens eines Auftrittkünstlers zu geben: Die täglichen Kämpfe, die Fragen hinsichtlich des täglichen Übens, Gedanken von vor, während und nach dem Auftritt und andere alltägliche Details aus der Welt des Auftrittkünstlers.



Weiss sagt, dass, ”wegen der zurückgezogenen Natur eines großen Teils des Lebens eines Auftrittkünstlers, die Podcasts auf täglicher Basis, kleine Extras und Tipps bereitstellen, um nach vorne schauen zu können, wenn man allein ist und feststeckt.” Sie meint, “als ich begann, darüber nachzudenken, diese Podcasts zu machen - wen sie ansprechen sollten und wen ich erreichen wollte - ertappte ich mich dabei, an einige meiner ehemaligen Studenten zu denken, die sehr empfänglich waren. Manchmal stelle ich mir in meinen Gedanken vor, sie anzusprechen und manchmal denke ich auch an Gespräche mit meinen Lehrern Richard Goode oder Leon Fleisher. Manchmal liefere ich Kommentare zu spezifischen Fragen, die von Leuten kommen, die E-mail zu den Podcasts versenden.”



Einige von Weiss’ täglichen Podcast-Streams mit den Titeln "CM61Giving and Receiving", “CM16 Truth or Beauty", CM57 Do You Have a "Rainy Day List"?" und "CM14 Are you feeling stuck? “, erhielten sehr viel Aufmerksamkeit, nachdem sie gesendet wurden.



“Oft bereitet man sich auf ein großes Projekt vor und wird davon völlig in Anspruch genommen; es ist leicht, die Perspektive zu verlieren. Am Ende fühlen sich viele Leute überwältigt. Also was macht man, wenn man sich nicht in Bezug auf sein physisches Wohlbefinden und seine durch Interpretaion generierten Einsichten verbessert? Hier ist eine der einfachsten Techniken, eine die völlig unterbewertet ist: man nehme sich zwei Tage von dem spezifischen Stück frei und übe mit einer Veränderung: Zum Beispiel wenn man eine Sonate des späten Beethoven übt, nehme man ein anderes Werk des Komponisten aus der gleichen Zeit, eines das unterschätzt wird und an dem man noch nicht vorher gearbeitet hat, eine andere Sonate, Kammermusikarbeit, eine Symphonie. Ohne eine Eingrenzung von irgendetwas zu empfinden, die einem über die Musik erzählt worden ist ... aber vor allem ohne Regeln einzubauen, die man vorher für sich selbst aufgestellt hat, übe man dieses Werk ‘eben ohne Einschränkungen’. Wendet man sich wieder dem Hauptstück zu, hat man die ursprüngliche Begeisterung neuer Entdeckung, etwas, was ein Auftrittskünstler immer mit auf die Bühne bringen muss.”



Man kann die Podcasts bei iTunes oder direkt über diesen Link abonnieren oder abrufen: The Classical Minutes Daily Podcasts on iTunes. Classical Minutes haben ebenfalls ihre eigene neue Webseite: classicalminutes.com. Weiss ist eine lebhafte Pädagogin, die Meisterklassen für verschiedene führende internationale Institutionen präsentiert hat. Sie war Fakultätsmitglied an der Indiana University und der ‘University of California‘ in Santa Barbara.



Als eine ernsthafte und konzentrierte Auftrittskünstlerin, die kürzlich auch einmal in meinem Wohnzimmer einen Durchlauf vor Antritt ihre Konzertreise gespielt hat, erfreut sich Weiss großer Nachfrage als Auftrittskünstlerin und Mentorin.



Mit ihrer starken musikalischen Präsens gelingt es ihr, die Aufmerksamkeit von ihrer Bühnenpersönlichkeit abzulenken und den Zuhörer in das Reich der Musik zu geleiten. Weiss ist auf vielen internationalen Konzertbühnen und Musikfestivals aufgetreten, einschließlich der Marlboro, Ravinia, Banff und Caramoor Festivals. Die bei einigen Wettbewerben preisgekrönte Pianistin, die von der New York Times für ihre “ausgezeichnete Technik und Musikalität im Dienste eines atemberaubenden Aufgebotes von Musikgelobt worden ist, setzt sich auch Seite an Seite mit dem Violinisten Mark Kaplan und dem Cellisten Clancy Newman für Kammermusik ein - mit ihrem Trio, das auf dem Bridge Label aufnimmt.



Weiss’ jüngste Projekte umfassen die Veröffentlichung von Robert Schumann: Piano Works, das selten aufgenommenes Material mit großer Einsicht, exzellenter Technik und sensibler Wiedergabe auf dem Koch Label vorstellt. Im Moment plant Weiss sich weiterhin eingehend mit Schumann zu befassen – einem Komponisten, der ihr sehr am Herzen liegt. Sie ist von Schumanns obskureren Seite fasziniert, die in einigen seiner schwierigeren Stücken zum Vorschein kommt– Werken, die oft von Künstlern gemieden wurden, wenn es darum ging, diese zu lernen oder sie auf das Programm zu setzen – was selbst für solche Verfechter von Schumanns Musik wie Clara Schumann oder Brahms gilt. Von den Geister-Variationen, zum Beispiel, hat Clara nur das Thema, nicht aber die Variationen veröffentlicht. Schumann komponierte dieses Werk in seinen späteren Jahren, nachdem er sich bereits im Anfangsstadium einer Geisteskrankheit befand, wie Weiss erläutert. Ihr ist nur eine alte LP Aufnahme der Geister-Variationen von dem österreichischem Pianisten Joerg Demus bekannt, was ihre Aufnahme zur ersten CD des Stücks macht.



Ausserdem konzentriert sich Weiss auch auf ein Projekt, das die 32 Beethoven Sonaten Seite an Seite neben zeitgenössische, von Beethoven inspirierte Stücke stellt.



Sie sagt, dass sie ihre Aufgabenstellung mit diesem Auftritt darin sieht, “Beethoven in unsere Zeit zu bringen, einen Kontext für Beethoven zu schaffen und zu zeigen, warum er heute ebenso relevant und entscheidend ist, wie vor 200 Jahren.” Zu diesem Thema meint Weiss: Während es viele wundervolle Musiker gibt, die sich auf neue Musik spezialisieren, mag ich es, meine derzeitigen Partituren mit historischen zu kombinieren. Die neueren Werke, die ich spiele, sind gewöhnlich von Komponisten, mit denen ich das Privileg hatte, direkt zusammenzuarbeiten. Ich empfinde die Beziehung zwischen dem Auftrittskünstler und dem zeitgenössischen Komponisten als solch eine interessante Kooperation, eine Zusammenarbeit, die natürlich mit den alten Meisterkomponisten nicht möglich ist. Mit dem Komponisten auf die Partitur zu schauen, stellt solch ein faszinierendes Erlebnis dar, was auf der Bühne mehr Flexibilität mit den Noten gewährleistet.”



Weiss hat große Freude daran, mit Komponisten zusammenzuarbeiten. Sie hatte wunderbare Erfahrungen u.a. mit den Komponisten Lera Auerbach und Paul Schonefeld. Weiss erinnert sich an einen Zwischenfall, wo etwas auf Leras Notenschrift nicht spielbar war und sie stattdessen einen anderen Akkord improvisierte - mit einem ähnlichen Effekt. Lera stimmte zu, dass dies eine gute Idee sei und gab ihr die Anweisung, mit der vorgeschlagenen Lösung weiterzumachen. “Es gibt viel Hin und Her” erläutert Weiss, als sie sich daran erinnert, wie sie ein Klavierkonzert probte, das für sie von Joel Feigin geschrieben worden war. “Am Tage seiner Weltpremiere besuchte der Komponist die Orchesterprobe und etwas war nicht richtig mit der Intonation der Klavier-Triller“. Ich schlug vor, einige der Akkorde neu zu gestalten und als ich es demonstrierte, machte er sich auf einem unbeschriebenen Blatt Papier Notizen und sagte: Ok, so werden wir es heute abend beim Konzert spielen.’ Durch solche Augenblicke lernt man verstehen, was der Einfluss des Auftretenden auf die Musik ist, wie flexibel der Komponist sein kann, wenn er versucht, es am besten klingen zu lassen. Es ist wichtig, das im Kopf zu behalten, wenn man historischen Komponisten zuhört, die in ihrem Leben die selben Kämpfe durchstanden haben. Eine Partitur ist ein lebendiger Organismus. Sie ist nicht in Stein gemeißelt.”



Mit einem genauen Verständnis dieser Botschaft und einer durchdringenden Sensibilität ausgestattet, lassen Weiss’ kraftvollen Klavierauftritte ihre Zuhörer zu Komplizen werden. Wie Weiss sagt, nichts ist in Stein gemeißelt. Vielleicht ist es die Erkenntnis dieser Flexibilität und Ungewissheit, die uns der Wahrheit näher bringt, die Schumann mit uns teilen wollte, selbst in seinen am meisten gepeinigten Werken.



Die Webseite der Künstlerin ist: www.yaelweiss.com Bitte schauen Sie hier nach den bevorstehenden geplanten Auftritten.

Monday, October 15, 2012

Pianistin Klara Min - Vertraute Mazurkas und einiges mehr


Klara Min scheint nicht so leicht nervös zu werden. Das erfuhr ich, als ich bei einem Gespräch mit dem Aufnahmeproduzenten Leszek Wojcik aus Anlass der Veröffentlichung ihrer Chopin Mazurkas CD, die Delos im nächsten Frühjahr herausbringen wird, zugegen war. Wojcik betreute Min seit 2011, als sie ihre erste Aufnahme koreanischer Komponisten auf dem Naxos Label machte. Beide CDs wurden im gleichen Studio an der ‘American Academy of Arts and Letters’ aufgenommen.

Als Wojcik beide Aufnahmen, die sich wahrhaftig auf entgegengesetzen Enden des Repertoires befinden , miteinander vergleicht, bringt er seine Überraschung zum Ausdruck, wie “westlich” die zuvor aufgenommenen koreanischen Kompositionen tatsächlich klingen. “Ich hatte eine große pentagonische Sache erwartet, ein Gefühl von folkloristischer Weisen. Stattdessen gab es da vielmehr eine Affinität zur zweiten Wiener Schule, Schönberg und Webern … und dennoch die Mazurkas hätten nicht in einem größerem Kontrast zur recht akademischen, komplexen und fast germanischen Struktur stehen können …. Hier gibt es eine vollständige Veränderung des Temperaments,” meint er und fügt sich an Min wendend hinzu, ”Sie waren mutig, so ein Vorhaben in Angriff zu nehmen. Die Mazurkas sind solch bekannte Stücke, die jedem am Herzen liegen und sie werden so oft aufgezeichnet und dennoch können sie auf so viele unterschiedliche Weisen interpretiert werden.”


Min trifft bei ihren Aufnahmen ihre eigene Auswahl und scheint, was diese angeht, zuversichtlich zu sein. “Ich fühlte mich von Anfang an von den Mazurkas angezogen, als ich ein Kind war und den gesamten Band durchlas”, erzählt sie. Erst später hörte ich viele verschiedene Aufnahmen. Die Musik klingt so einfach, wenn es um das Spielen geht. Ihr Rhythmus muss auf natürliche Weise kommen; er kann nicht wirklich großartig studiert werden.” Jede Mazurka ist so individuell, idiosynkratisch, jede mit ihren eigenen Polophonien und komplexen Harmonien, jedoch kann man nicht endlos üben und planen – man muss irgendwie ihre Frische und Spontanität bewahren, um ihre wahren Charakterzüge zum Vorschein zu bringen.”

Foto: Wojcik und Min

Wojcik, der ganz klar Gefallen daran hatte, Mins Spielen aufzunehmen, pflichtet ihr bei und fügt hinzu: ”Ja genau, genau darauf kommt es an. Sie sind höchst abstrakt, obwohl sie natürlich ein nationalistisches Thema haben und auf den drei Formen des Tanzes aufbauen: der Mazur, Oberek und dem Kujawiak aus Polen, aus verschiedenen Regionen in Polen. Sie sind nicht, wie oft gedacht wird, von Volksmusik inspiriert.“
Trotz einiger rhythmischer Ähnlichkeiten und vielleicht der Wiederholung der Motive, die von Chopin beibehalten werden, sind seine Mazurkas hoch stilisierte Salon-Versionen - mit komplexen Kompositionselementen. „...Und Sie haben völlig Recht; ihre Einfachheit erfordert einen gewissen natürlichen Gusto und die Balance direkt geradeaus zu spielen und unter der Verwendung des Rubatos. Und es gilt für den Auftretenden so viele Entscheidungen zu treffen, entsprechend seines persönlichen Geschmacks.”


Aber Min kennt hier anscheinend kein Zögern. “Mir gefällt die Verwendung des Rubatos, da es die Elastizität der Musik erzeugt …” und dann ergreift Wojcik das Wort, ”Die Mazurkas stecken sicherlich voller Einladungen ein Rubato zu verwenden.”
Das Gleichgewicht findet Min in “ihrer” Mazurka Version eines Rubatos, wie ich finde, hat sie die Fähigkeit, vieles zum Ausgleich zu bringen, denn ich habe sie spielen sehen und kann bezeugen, wie sie zur gleichen Zeit mal diesen, mal jenen Hut aufsetzt, in verschiedene Rollen schlüpft und unterschiedliche Aufgaben übernimmt.


Zunächst einmal ist sie die Begründerin der NYCA – ‘New York Concert Artists’, die seit ihrem Bestehen vielen jungen Künstlern Auftrittsmöglichkeiten gegeben haben. In der Stadt, die nie einen Taktstock auslässt, sind Musikauftritte klassischen Repertoires, für das sich Min bis jetzt eingesetzt hat, nicht schwer zu finden. Dennoch hat sie es geschafft, noch eine weitere Reihe mit Erfolg herauszubringen, in der sie selbst auftritt. Mit einem Orchester aufzutreten, ist, was die NYCA ihren Klavier-Solisten anbieten. Zusätzlich zu den Orchesterauftritten stellen die NYCA ihren Gewinner auch des Carnegie Hall Debut Konzertes vor. Die Vorauswahl findet in London, Paris, New York und Seoul statt.
“Manchmal fühle ich mich wirklich so, als ob ich unterschiedliche Persönlichkeiten hätte. Im Jahre 2006 organisierte ich viele Konzerte in Zusammenarbeit mit den Yamaha Artists Services, die in ihrem Ausstellungsraum und der Shepherd Church stattfanden. NYCA erwuchs aus meinen Erfahrungen, die ich im Jahr 2008 gesammelt hatte. Es war so eine Art, es auf ein höheres Niveau zu bringen. Ich verstehe es als eine Zusammenarbeit unter Künstlern – wie bei “Davidsbündler” sollen die künstlerischen Entscheidungen von den Künstlern und nicht von den Firmen getroffen werden. Pianisten sind es gewohnt, vornehmlich allein zu arbeiten. Es gibt einen wirklichen Bedarf, Vertrauen und Beziehungen aufzubauen, um zusammenzuarbeiten und sich gegenseitig zu helfen. Ich hatte die Vision, genau das auf kontinuierlicher Basis zu tun und sobald sich diese Zielvorstellung klar abzeichnete, entwickelten sich die Ideen, wie das auf die Beine zu stellen sei”, sagt Min.


Und da sie risikofreundlich ist und sich nicht scheut, um Hilfe zu bitten, wenn es um ihre Herausforderungen geht, ist es ihr gelungen, eine echte Anhängerschaft aufzubauen. “Ich klopfe immer an die Türen von kulturellen Stiftungen, Konsulaten und von Individuen, die die Bedeutung von Kunst in der Gesellschaft zu schätzen wissen. Als Künstler haben wir eine wirklich wichtige Rolle zu spielen, wir sind die Hoffnung für die Gesellschaft.” Sie erläutert: ”Wenn es um das Spenden geht, wenden sich die Leute gern an die entferntesten Orte auf der Welt um zu helfen – ich jedoch möchte etwas in meiner Stadt machen, meiner Gemeinde, wo ich bin.”

Und ich habe sie in Aktion gesehen – sie kennt jeden und streckt ihre Hand aus – um anderen dabei zu helfen, ihre Ziele in der Welt der Musik zu erreichen, einer Welt, die sie aus tiefem Herzen liebt und wo sie das Gefühl hat, dass sie viel geben kann.

In Japan als Koreanerin aufgewachsen und dann im Jahre 1989 zurück nach Südkorea gezogen, wo sie zur konkurrenzbetonten “Seoul Arts High School” ging, ist Min daran gewohnt, sich auf neue Situationen, unterschiedliche Leute und Mentalitäten einzustellen. “Ich musste lernen sensibel zu sein und mich im frühen Alter an eine andere Kultur anzupassen. Der starke Einfluss der unterstützenden Rolle meiner Mutter hat mich in all meinen Anstrengungen sehr ermutigt. Anders als bei vielen anderen jungen Pianisten, die immer von ihren Eltern angetrieben worden waren, hat mich niemals jemand angestoßen,” erinnert sie sich. Die frühzeitige Anerkennung ihrer Unabhängigkeit durch ihre Eltern hat ihr das Selbstvertrauen gegeben, selbst eigene Verantwortung zu übernehmen.
“Anders als bei vielen anderen Koreanern, haben meine Eltern mich nicht kontrolliert und ich hatte, als ich aufwuchs, viel Freiheit.” Sie beschreibt besonders ihre Mutter als eine Seelenverwandte, die – selber Musikerin – wusste, wie schwer es ist, eine Auftrittskünstlerin zu werden. Ihre Mutter fragte sie, “ist das wirklich, was du willst?” Aber sie hat sie immer darin bestärkt, ihrem Traum zu folgen.

Aus Seoul kam sie nach New York City und setzte ihre Klavierstudien bei Solomon Mikowsky an der Manhattan School of Music fort.
Ihre Unabhängigkeit wurde für Min noch akuter, als eine finanzielle Krise zuhause sie dazu zwang, auf ihre eigene Findigkeit zu vertrauen.
“Ich hatte gerade mein Studium mit einem Bachelor Abschluss beendet und war für eine kurze Zeit nach Korea zurückgekehrt, um Geld zu sparen und wieder finanziell auf meine Füße zu kommen, indem ich auftrat und unterrichtete. Das befähigte mich meinen ‘Master’- Abschluss schnell zu beenden, nachdem ich mich bei Sara Davis Buechner und Byron Janis eingeschrieben hatte,” fährt Min fort. “Ich mochte immer Lehrer, die selbst auftreten. Ich war so begeistert, dass ich alle meine Kurse in einem Jahr abschloss und im dritten Semester mich ausgiebig auf die Lehrstunden konzentrieren konnte.” Min setzte ihr Studium in Lübeck bei James Tocco fort, den sie sowohl wegen seines Unterrichts als auch seiner Persönlichkeit bewunderte.

Im Jahre 2002 gab sie ihr Weill Konzert beim Carnegie Hall Debut und eine Weltpremiere von Unsuk Chins Piano Etudes, was kennzeichnend für die Zeit war, in der sie damit begann, ihr Repertoire zu erweitern, um sich für gegenwärtige klassische Musik einzusetzen. Sie spielte bei diesem Konzert John Corigilianos Musik und dann im Jahre 2008 spielte sie sein Klavier Konzert mit den NYCA, als der Komponist während des Auftritts anwesend war.
Foto: Min mit John Corigliano

Min hat in jüngster Zeit die Charakterstücke des amerikanischen Komponisten Henry Martin in Auftrag gegeben und wird diese bald aufnehmen; diese basieren auf den Liedern des amerikanischen Songwriters Steven Foster.

Ihre erste Aufnahme mit dem Namen “Ripples on Water” (herausgegeben von Naxos), die die Werke fünf zeitgenössischer koreanischer Komponisten vorstellte, brachte ihr viele herrliche Kritiken für ihren Auftritt ein. ‘New York Concert Review’ schrieb, dass Klara Min “einen wunderbaren, nuancierten Klang, wirkliche Ausdruckskraft..exzellente Technik, Ausgelassenheit und Vitalität” besitzt.”


Min wird bei ihrem bevorstehenden Konzert in der Alice Tully Hall am 8. November ein Präludiuum uraufführen, das für sie von Uzong Choe komponiert wurde, dem jüngsten der koreanischen Komponisten, die gemeinsam auf der CD vorgestellt werden. Bei diesem Konzert werden ebenfalls Werke von Schumann, Chopin und Messiaen vorgestellt und es wird natürlich auch einige der in Ehren gehaltenen Mazurkas beinhalten.

Monday, October 8, 2012

Lernen von den Meistern




Murray Perahia Foto: Felix Broede
Klassen, gegeben von den meist bewunderten Meistern auf ihrem Gebiet, sind oft direkteste und effektivste Weg betrachtet, sowohl Studenten als auch Fans zu inspirieren. Als Ergebnis von Yoheved Kaplinskys (Direktor der Klavierfakultät an der ‘Julliard School’) diesbezüglicher Initiative, hat in dieser Woche der ehrwürdige Pianist Murray Perahia seinen aufgezeichneten Mini-Gastaufenthalt angetreten. Ara Guzelimian (Hochschulkanzler und Dekan) hat die Reihe so gestaltet, dass sie aus Vorlesung/Vortrag und drei Meisterklassen besteht, eine von ihnen mit Zutritt für die Öffentlichkeit. Weitere solche Gastaufenthalte in dieser Spielsaison beinhalten Richard Goode (öffentliche Meisterklasse am 24. Oktober) und Leon Fleischer (öffentliche Meisterklasse am 24. Februar 2013) in Juilliards ‘Paul Hall’.
Als ich mich der neu errichteten Brücke näherte, die Julliard mit dem größerem ‘Lincoln Center’ Komplex verbindet, dachte ich über die vielen Bemühungen von Julliard nach, sich über den ausgewählten Kreis hinaus an die Öffentlichkeit mit solch unterschiedlichen Programmen zu wenden, wie ihre an die Öffentlichkeit gerichteten sozialen ‘outreach’- Auftritte, die zusätzlich angeboten zu den Publikationen, den eigenen Klassen für Abendschüler und für die, die sich auf ein Hochschulstudium vorbereiten wollen.
Diese Meisterklassen sind eine wunderbare Bereicherung ihrer Programme. Neben der Gelegenheit weltbekannten Auftrittskünstlern aus der Nähe und persönlich zuzuhören, ist es natürlich der Traum eines jeden aufstrebenden Pianisten, die Geheimnisse (sofern es sie gibt?) eines jeden großartigen Auftrittskünstlers zu entlocken. In diesen Meisterklassen kann der Künstler zeigen, was seine Auftritte so einzigartig und erfolgreich macht, indem er Erfahrungen und aufschlussgebende Erläuterungen weitergibt, warum er diese und nicht eine andere Ausführung bevorzugt.
Die Frage für jeden Künstler besteht nicht so sehr darin, welcher Ansatz wohl als bester zu bewerten sei – es gibt viele, die Gültigkeit haben, die auf einer einfach unendlichen Anzahl von Variabeln beruhen, die in der Veranlagung, Technik und Persönlichkeit des Künstlers zu finden sind. So viele Diskrepanzen wie es sie im methodischen Streben nach dem letzendlichen musikalischen Ergebnis es auch gibt, was allein zählt, ist, dass der Auftritt in übereinstimmender Art und Weise überzeugend ist.
Also, wie vermittelt ein meisterhafter Musiker und freigiebiger Mensch, wie es Perahia zweifelsohne ist, seine Weisheit? Was für Ratschläge kann er speziell den gutvorbereiteten Studenten geben, die für ihn spielen?
Interessanterweise, der Rat, der als der aufrichtigste und als Ergebnis tiefstempfundener Zuneigung und härtester Arbeit zu bestehen schien, waren die Bemerkungen, die sich auf die Bedeutung von Musik selbst bezogen und direkt aus seinem Herzen kamen. Es stellte sich heraus, dass diese viel mehr Relevanz hatten, als ein jegliches Detail: “Musik ist eine Geschichte. Wenn man keine Geschichte erzählt, ist sie trocken. Die Geschichte muss dabei nicht unbedingt wörtlich genommen werden – sie erzählt manchmal weniger als die Noten selbst – obwohl es in einigen Fällen nichts an der thematischen Idee verkehrt ist. Einige Leute gehen sehr ins Detail konkreter Assoziation; was soll die Musik wiedergeben?... Ich denke nicht, dass das sehr hilfreich ist, obwohl es natürlich Stimmungen hervorrufen kann. Ich glaube nicht, dass es bei Musik um Handlungen geht – vielmehr geht es bei ihr um Gefühle – um den den Ausdruck von Gefühlen!”

Murray Perahia mit Karl Schechter
Zusammen mit seinem ehemaligen, bewunderten Lehrer Karl Schechter an der ‘Mannes School of Music’ diskutierte Perahia den Ansatz Schenkerianischer Theoretischer Analyse, einem Dauerbrenner in Julliards Curriculum, als einen Ansatz, der nicht seine Gültigkeit hat, Musik nicht nur aus dem Bauch aus zu erkunden, sondern mit Ideen und konzeptionellen Werkzeugen in der Hand:” Wir legen nicht nur einfach unsere eigene Persönlichkeit in das Spielen, der Auftrittskünstler hat die Verpflichtung auf den Grund der Partitur zu gehen. ‘Schenker’ ist eine Art sich dem organischen Ganzen der Komposition zu nähern.”
Indem er sich auf das größere Ganze bezieht, “erleichtert” dieser Ansatz die Harmoniestrukturen zu analysieren, auf denen die Musik beruht:” das Erkennen der Antrieb gebenden Elemente in der Musik.”Dennoch wie Perahia selber zugibt, ist er [der Schenker Ansatz] als recht komplex bekannt und, obwohl er über Schecker schon früh in seinen Studententagen lernte, versetzte er sich erst dann tief darin hinein, als er durch eine Handverletzung gezwungen war, ab und zu mehr Zeit fern vom Klavier zu verbringen.
Als er während der Meisterklassen am Klavier großzügig etwas veranschaulichte, was der Himmel für die Fans war, bestand er darauf:”Macht nicht, was ich mache – seid frei!” Ebenso gab er guten, soliden Rat, wie: “Denkt immer musikalisch, wenn ihr technisch übt, ansonsten wird es beim Auftritt technisch – wie bei einer Etüde. Der musikalische Ausdruck findet immer seinen Weg in die Geste, man muss es am Klavier zum Ausdruck bringen.” Er befürwortet, aufgeschlossen zu sein: “…und hier magst du durch die Pausen in die Pedalen treten”, sagt er einem seiner Meister-Studenten. ”Trotz meines Lehrers, der immer gesagt hat:”Man kann nie durch die Pausen treten” – trete hier durch!”
Die Juilliard Studenten und Alumni hatten einige enthusiatische Reaktionen. Eine von ihnen, Alexandra Joan, beindruckte mich besonders in ihrer vorbehaltslosen Reaktion auf das Programm. Als Seelenverwandte, vertraute die junge Pianistin mir an, dass Veranstaltungen wie diese ihren Aufenthalt in New York lohnend machen würden. Sie meinte, “sein Unterrichten ist unglaublich inspirierend. Ich mag sehr die Tatsache, dass er immer zuerst eine Frage über das Stück an die Studenten richtete, um unabhängiges Denken fast auf eine väterliche Art anzuregen… es ist kein Zufall, das er ein solch großartiger Interpret ist, wie er wirklich mit seinen Gedanken vieles tief durchdringt, um bedeutungsvolle Verbindungen in der Musik zu finden.”

Murray Perahia mit dem inspirierten Fan Alexandra Joan
Als Auftrittskünstlerin, die am Pariser Konservatorium studierte, bevor sie nach New York kam, um an der ‘Julliard School’ ihr Studium fortzusetzen, ist sie von einem solchen wissbegierigen Ansatz fasziniert, aber interessanterweise findet sie:”Schenker ist nicht trocken wie ein Bibliothekar; sein Schreiben ist sehr romantisch und idealistisch. Tatsächlich veröffentlichte er zuerst sein Buch anonym unter dem Titel: “Neue Musikalische Theorien und Fantasien von einem Künstler.” Wenn ich ein Stück beginne, halte ich nach seiner DNA Ausschau und Schenker hilft mir dabei, die versteckte Struktur in den Noten zu erkennen. Selbst dann, wenn man es intuitiv macht, ist es sehr anders und zugänglich – jedoch als eine einzigartige harmonische Struktur - weiß man über das Warum Bescheid, Es bringt es – sicher, ich weiß, dass ich ein Idealist bin – auf eine höhere, ja göttliche Ebene.”

Wie wundervoll solche Leidenschaft zu wecken! Das ist es letztendlich, worum es beim Lernen vom Meister geht: Die Einsichten weiterzugeben, die durch ihre eigene Arbeit und Errungenschaften gewonnen wurden und um dadurch, wie Perahia sagt, unsere Perspektive zu verändern: ”Schenker hat meine eigene Arbeit beinflusst, er regte mich an und ich wollte Ihnen das mitteilen – es verändert einen sehr, indem man bewusster ist. Analysiert man mit diesem Ansatz eine Partitur, erfährt man etwas über den Auftritt – ihr vorgegebenes Tempo (abgesehen von Markierungen) und die vorausgesetzte Richtung, die die Partitur nimmt; ein Verständnis, das man nicht notwendigerweise ohne ihn bekäme. Und da es [dann] weniger beliebig ist, was man am Klavier machen soll, gewinnt man größeres Selbstvertrauen.”