Thursday, December 26, 2013

Huang Ruos Oper ‘Dr. Sun Yat-Sen’ – ein zeitgenössisches Meisterstück gibt asiatischer Fusion neue Wertschätzung

Foto: Huang Ruo bei der ‘Asia Society’ (GetClassical)

Als Vorschau auf die bevorstehende amerikanische Premiere präsentierten am 2. Dezember der Komponist Huang Ruo und sein kreatives Team von der ‘Santa Fe Opera’ Ausschnitte der auffallend lyrischen, modernistischen Oper, die sowohl in Mandarin – Chinesisch als auch im kantonesischen Dialekt gesungen wird, bei der “Asia Society.’
Im Rahmen einer Podiumsdiskussion, die von dem Journalisten Ken Smith moderiert wurde und den Komponisten Huang Ruo vorstellte, diskutierten Bühnenregisseur James Robinson, Kostümbildner James Schuette, Choreograph Sean Curran und die Dirigentin Carolyn Kuan die der Produktion innewohnenden Herausforderungen; kreative Lösungen zu diesen wurden von den unterschiedlichen Perspektiven all der beteiligten Künstler beleuchtet.
“Die Oper entwirft ein Bild von der historischen Figur Dr. Sun Yat-Sen, dem Gründungsvater des modernen China …” erklärt Ken Smith.
Der Inhalt der Oper basiert größtenteils auf wirklichem historischem Material, wie Sun Yat-Sens politische Reden, Briefen und Fotografien. Dennoch dient seine Stellung als politischer Revolutionär nur als farbenfrohe Kulisse für das seinen Ausgang nehmende persönliche Drama, das in drei Akten, die jeweils unterschiedliche Schauplätze darstellen, auf die Bühne gebracht wird: “Es handelt sich um eine recht persönliche Lebensgeschichte, die ich zeigen wollte und die recht unbekannt ist,“ sagt Ruo, “seine leidenschaftlich und revolutionäre Persönlichkeit.”
Und es ist die sehr ergreifende, künstlerische Ausdruckskraft in solch feinfühligen Arien wie Lu Muzhens (Sun Yat-Sens verlassene erste Frau) Klagelied, die die Erkenntnis einer menschlichen Binsenweisheit, persönlichen Glauben, Trauer und Erfüllung darstellen, die Sun Yat-Sens persönliche Geschichte charakterisieren. “Diese abgebundenen Füße können nicht mit der Zeit mithalten,” singt Lu Muzhen und bringt damit die grundlegende Wahrheit des Einflusses historischen Wandels mit ihrer eigenen Geschichte einer persönlichen Transformation in einen direkten Zusammenhang, die mit Sensibilität durch die Helden und die Opfer der Saga verallgemeinert werden. Foto: Zhou Yi, Pipa und Guqin (GetClassical)

In traditioneller chinesischer Oper – und es gibt eine Vielzahl verschiedener Opernstile – werden die Charaktere explizit durch ihr äußeres Erscheinungsbild symbolisiert; Ruo erklärt, wie man anhand einer unmissverständlichen Illustrierung nicht unbedingt die Geschichte kennen muss, um die Persönlichkeiten der auf der Bühne Anwesenden zu erkennen. Mit Wagners ‘Leitmotiven’ vergleichbar stellt Ruo die musikalische Einleitung mit dem Erscheinen einer jeden Figur in Zusammenhang, indem er bestimmte musikalischen Phrasen nutzt, um eine ästhetische Verbindung zwischen dem musikalischen Thema und der dramatischen Darstellung der Charaktere zu erzielen. “Man hört die Figur bevor man ihn oder sie auf der Bühne sieht,” stellt er abschießend fest.
Die Produktion der Oper  eröffnet einige interssante Gesichtspunkte: Nachdem diese von der ‘Opera Hong Kong’ im Jahre 2011 in Auftrag gegeben worden war, hatte sie das ‘Hong Kong Culture Centre Theatre’ mit dem ‘Hong Kong Chinese Orchestra’ im Oktober 2011 uraufgeführt und schuf damit die allererste Oper im westlichen Stil, die von einem vollständigem Orchester mit chinesischen traditionellen Instrumenten begleitet wird. Es gibt zwei Versionen der Partitur, die geistreich von Ruo unterschieden werden: “Dies sind nicht zwei grundverschiedene Partituren, es handelt sich vielmehr um unterschiedliche Instrumentalversionen des Gleichen. Eine für ausschließlich chinesische Instrumentierung, die andere ist zusätzlich zu den traditionellen chinesischen Instrumenten an eine Westliche angepasst. Ich würde dies als eine spiegelbildliche Transkription beschreiben: Man hält den Spiegel hoch und das eigene Bild im Spiegelbild erkennen.” Foto: Huang Ruo (GetClassical)

Zusätzlich wurde der Text der Partitur verändert und Teile der gesprochenen Zeilen wurden zugunsten einer erfolgreichen Darstellung von Ruos Dimensionalität, der von ihm angewandten Kompositionsmethode, gestrichen. Die Produktion hatte mit Sicherheit auch die Geduld eines westlichen Publikums im Auge, das die kantonesischen Dialekte nicht beherrschte. Ruo beschreibt diese Art Musik zu kreieren und wahrzunehmen als eine Weise, vielschichtige musikalische und textliche Bedeutungsebenen zuzulassen: “Ich habe nicht absichtlich versucht, eine stilistische Fusion zu schaffen. Ich habe mir einfach das Libretto angeschaut und nachgedacht, wie es klingen sollte und wie jede Zeile zu interpretieren sei. Zurückschauend kann ich feststellen, dass ich es weder als Darstellung einen strikt westlichen Opern- noch als einen chinesischen Volksmusikstil betrachte. Obwohl ich es für westliche Stimmvarianten schrieb, wird es durch das Singen chinesischer Wörter zu einer einzigartigen Kombination.“
Der erste Akt der westlichen Version der Oper hatte im Jahre 2011 bei der ‘New York City Opera’ seine Vorpremiere.
Im Januar 2012 dirigierte Ruo ein von ihm gegründetes Ensemble mit dem Namen FIRE bei der Konzertversion von Ausschnitten im ‘Le Poisson Rouge’, gefolgt von einer Vorstellung bei der ‘Asia Society” im Mai 2012.
Um was für ein außergewöhnliches Unterfangen es sich bei Ruos Meisterstück sowohl in den USA als auch in China bei Santa Fes geplanter vollständiger Produktion von Dr. Sun Yat-Sen handelt, machte das Erhaschen eines kurzen Blickes in diesem Dezember klar. Das Konzert in Hongkong kennzeichnete die erste Aufführung einer zeitgenössischen Oper mit einem vollständigen Orchester bestehend aus traditionellen chinesischen Instrumenten. “Es motivierte mich diese Oper zu schreiben, um so etwas dem kleinen Repertoire an zeitgenössischer Oper, das in Chinesisch geschrieben ist, hinzuzufügen. Schließlich handelt sich bei Chinesisch um eine sehr rhythmische und musikalische Sprache. Obwohl China einen lange, reiche Geschichte traditioneller Opern hat, ist diese Tradition mit dem Schwinden eines Publikums und dem Mangel an einem neuen Repertoire in Gefahr geraten,” sagt Ruo, und drückt damit eine Besorgnis aus, die sicherlich international eine Entsprechung hat.
Dr. Sun Yat-Sen wird in der vollen Länge an der ‘Santa Fe Opera’ am 26. Juli 2014 aufgeführt werden.
Ilona Oltuski

Ausscnitte aus 'Dr.SunYat-Sen' 

Thursday, December 5, 2013

Yuja: “Ich mach’ mein eigenes Ding”


Es gibt viele großartige Auftrittskünstler, die ihr Publikum auf eine persönliche Reise in die Tiefen der Welt eines Komponisten mitnehmen, und dann ist da Yuja Wang, die diese musikalische Welt mit ihrer ganz eigenen Lebendigkeit erlebbar macht. Ihr letzter Auftritt in der Carnegie Hall im Oktober 2013 war ein perfektes Beispiel dafür – ein genialer Wurf und ein Bravourstück virtuosen Repertoires, das die junge Pianistin mit großartiger Beherrschung meisterte. Darüber hinaus war es die von ihr ausgehende innere Vitalität, die das Publikum in ihren Bann zog und Yujas eigene Wahrheit durch die Musik vermittelte.
            Zum Interview mit dem 26-jährigen Superstar trafen wir uns bei ‘Indies’, einer kleinen Lounge, wo wir beide Stammkunden sind und die nicht weit entfernt von ihrer New Yorker Wohnung in der Nähe des Lincoln Centers ist.
            “Ich reagiere sehr auf das Publikum und lebe von der Energie, die ich im Saal empfinde”, meint Yuja. “Ich bin schon immer aufgetreten, von früh an, und ich lerne mein Repertoire durch meine Auftritte, durch das Spielen kennen – und das hat sich nicht wirklich verändert. Ich muss auftreten, um mich lebendig zu fühlen. Jedesmal ist es anders, es ist ganz organisch. Wenn ich mit anderen Künstlern auftrete, kommen verschiedene Seiten von mir zum Vorschein. So kann ich jeweils eine andere Person sein.”
           Ihre Bühnen-Outfits mögen dies ab und zu reflektieren, und so gibt es denn auch immer wieder kritische Kommentare zu Yujas äusserem Erscheinigungsbild, wie zum Beispiel anlässlich ihres sexy 'Hollywood Bowl' Auftritts. Yujas Antwort darauf? “Ich bin wie ein Chamäleon; ich reagiere auf meine Umgebung und passe mich dementsprechend an.” Und: “Diese Kritik sagt viel mehr über die Kritiker als über meine Kleiderwahl aus.”
            Ihre Freimütigkeit mag etwas mit der Tatsache zu tun haben, dass sie nicht wirklich über den Kritiken brütet: “Ich lese sie nie – was vorbei ist, ist vorbei”, sagt sie mit sonnigem Lächeln. Sie zeigt auch eine erstaunliche Gleichgültigkeit gegenüber der Masse an Publicity, die sie umgibt. Von dem ganzen Zirkus unberührt vermittelt ihre selbstbewusste Persönlichkeit eine leidenschaftliche Unabhängigkeit und fast exzentrische Glaubwürdigkeit, die es ihr erlaubt, ihr verletzliches Selbst zu verstecken und zu schützen. “Ich mag nicht wirklich zu viel über mich selbst in einem Interview preisgeben,” sagt sie, “und irgendwie werde ich sowieso nie ganz korrekt zitiert.”
            Für Yuja liegt die Wahrheitsfindung in der Musik: “Ich spiele am besten, wenn ich aufrichtig bin”, erklärt sie. “Genau dann gelingt es mir, mein Publikum zu bewegen. Aber die Wahrnehmung kann sich leicht verändern: als ich zum Beispiel mit dem Aufnehmen begann, war das, was ich zu spielen glaubte, anders als das, was ich dann in der Aufnahme hörte. Manchmal hatte es gar nichts mit dem zu tun, was ich fühlte – es ist so eine Art Schmetterlingseffekt.”
            Yuja beschreibt den Prozess, die von ihr angestrebte Aufrichtigkeit in ihrem Spielen zu finden: “Ich spiele, und wenn ich es dann höre, hasse ich es. Ich denke mir, dass ich so viel besser spielen könnte. Dann probiere ich es dreimal, viermal, fünfmal und höre erneut zu, und vergleiche es dann ... nur um herauszufinden, dass das erste Mal das Beste war.”
            Ein anderer Stein des Anstoßes für Kritiker ist, was sie als ‘reißerischen‘ Stil ihrer Interpretationen bezeichnen - eine Kritik die Yuja so beantwortet: “Ich habe gelernt, Beethoven zu spielen, und ich habe Bach gelernt, aber nie war ich so hingerissen wie bei Rachmaninoff.” Trotzdem wird Yuja im Februar 2014 Beethovens Konzert Nr. 3 zusammen mit dem ‘London Symphony Orchestra’ während ihrer Residenz bei dessen ‘Artist Portrait Series’ spielen.
            “Virtuose Partituren haben nicht unbedingt etwas mit einem reißerischem Stil zu tun”, erklärt sie. “Meine Veranstalter planen all diese romantischen und post-romantischen Werke zwei Jahre im voraus, und ich möchte mein Bestes auf die Bühne bringen. Wenn mich aber ein Stück reizt … je mehr es mich persönlich anspricht, umso besser kann ich es spielen und mein Publikum fesseln. Das bedeutet nicht, dass ich nicht manchmal bei soviel Feuer ermüde, das ist sicherlich so. Und man kann immer noch soviel lernen.”
            Im Sommer 2014 wird Yuja wieder mit dem Violinisten Leonidas Kavakos zusammenarbeiten; dieses Mal stehen Sonaten von Brahms für Violine und Piano auf dem Programm. Durch Kavakos lernte sie auch den legendären, ungarischen Pädagogen Ferenc Rados kenne; für Yuja ist Rados, der schon als Lehrer für Andràs Schiff bekannt wurde, ein Genie. “Auf der Grundlage seines inhärenten Veständnisses von harmonischen Zusammenhängen gewährt er einen völlig anderen musikalischen Einblick in ein Stück und wie es zu strukturieren ist,“ schwärmt sie bewundernd.
            Bei jährlich über 80 Konzerten und Aufnahmeterminen auf der ganzen Welt bleibt Yuja eher wenig Gelegenheit, Zeit an einem Ort zu verbringen. “Irgend jemand fragte mich kürzlich: ‘Wo fühlen Sie sich zuhause?’ Und ich antwortete: ‘Mein Wohnzimmer ist in New York, mein Studio ist in Paris, und in Deutschland nehme ich auf,’ aber letztendlich geht es nicht so sehr um Orte, sondern um die Menschen.”
            Sie genießt es, Weltbürgerin zu sein, und es gibt viele Abenteuer jenseits des Klaviers, die sie gerne erleben würde, wie zum Beispiel nach Indien zu reisen und dort eine Weile ohne Internet zu leben. Gleichzeitig weiß sie, dass es jede Menge Mut erfordern würde, sich von ihrem rigorosen Auftrittskalendar frei zu machen. “Trennungsangst” nennt sie es. Und das ist ziemlich genau das, was die 14-jährige Yuja empfunden haben mag, als sie vor 12 Jahren ihre Familie in Peking verließ.
            Damals hatte Yujas Lehrer am Zentral-Musikkonservatorium in Peking eine Fortsetzung ihres Studiums am ‘Curtis Institute of Music’ in Philadelphia empfohlen, in der Hoffnung, sie würde mit dem bedeutenden Pädagogen Claude Frank studieren können. Als Yuja schließlich bei Curtis zu einem Probespielen ankam, war es Gary Graffman, der sie unter seine Fittiche nahm.    
            “Er liebt die chinesische Kultur und er ist ein großer Sammler chinesischer Kunst”, sagt sie über Graffman, der auch den Superstar-Pianisten Lang Lang betreute. “Er lehrte mich vieles über chinesische Geschichte und Kultur. Obwohl er einer anderen Generation angehört, haben wir eine wunderbare Beziehung.” Und zu seinem Lehrstil sagt sie folgendes: “Künstlerisch gab er mir sehr viel Freiheit und mochte es sehr, wenn ich etwas Unerwartetes in der Musik fand. Sein Gesicht leuchtete dann auf und ich liebte diese Reaktion. Ich ‘arbeitete’ daran und fühlte mich inspiriert, ihn erneut zu überraschen.” Graffman, zu dessen 85. Geburtstagsehrung sie im März 2014 am Curtis Institut auftreten wird, ging 2008 als Präsident von Curtis in den Ruhestand. “Ohne ihn wäre meine Karriere gar nichts,” sagt sie. “Er inspirierte mich zutiefst, und stellte durch seine pianistische Traditionsverbundenheit eine direkte Verbindung zur gesamten europäischen Klassik für mich her  … Als ich jung war, träumte ich davon, in Europa zu studieren … bei Curtis spielte ich dann für Künstler, die mich indirekt mit diesen grossartigen Traditionen in Kontakt brachten. Schließlich habe ich auch für Claude Frank, Pamela Frank und Leon Fleisher und viele andere gespielt.”

            Yuja schätzt es, dass Curtis Wert darauf legt, Freundschaften statt Wettbewerb unter den Studenten zu fördern. “Curtis bietet eine erstaunliche Umgebung; es ist eine kleine Schule, super-freundlich und einladend. Und alles dreht sich darum, Musik zu entdecken und neugierig zu machen. Sie behandeln jeden als sei er die grosse Ausnahme. Curtis hat einen ganz besonderen Platz in meinem Herzen.”
            Und wie ist es, nicht mehr Teil einer Gruppe von Studenten zu sein? Yuja lächelt und sagt in Gedanken verloren: “Ich bin oft einsam, aber daran bin ich gewöhnt. Selbst als Kind habe ich selten mit anderen Kindern gespielt. Ich war nicht sehr sozial, war aber auch nicht unglücklich darüber. Ich übte und machte mein eigenes Ding.”
            Und genau das macht sie immer noch, und nach wie vor sehr erfolgreich.





Yuja Wangs fünfte Aufnahme mit der Deutschen Grammophon: Piano Concertos, Rachmaninov #3 und Prokofjews Konzert Nr. 2, Op. 16 mit dem Simón Bolívar Symphony Orchestra of Venezuela unter Gustavo Dudamel ist ab Januar 2014 im Handel erhältlich.

Wednesday, December 4, 2013

Joshua Bell läutet die Feiertage zum Ende des Jahres mit einem live-übertragenen Konzert ein – von seinem Zuhause direkt in das Ihre

Foto: Joshua Bell, Renée Fleming  (Clint Spaulding/Patrick McMullan.com)
Um ein einzigartig erfreuliches, musikalisches Erlebnis zu bieten und die im Oktober erfolgte Veröffentlichung von Joshua Bells neuem Album Musical Gifts zu feiern, haben WFYI Public Media und Adrienne Arsht eine besondere Veranstaltung in Bells New Yorker Privatwohnung gesponsert. Diese besondere Veranstaltung fand am 26. November statt und stellte den außergewöhnlich begabten Geiger zusammen mit einigen der auf dem Album Mitwirkenden beim Spielen einer buntgefächerten Auswahl feierlicher Weihnachts- (und Hanukkah) Melodien vor. Mit dabei im Kreis der illustren Vortragenden waren: Renée Fleming, Michael Feinstein und Frankie Moreno, Rob Moose und der ‘Young People’s Chorus of New York City’. Dies war die erste Ausstrahlung dieser Art überhaupt: “Musikalische Geschenke: Joshua Bell und Freunde – Live aus Joshuas New Yorker Zuhause.” Der Webcast dieser Veranstaltung wird bis zum 31. Januar 2014 bei ‘Medici.tvzum direkten Ansehen abrufbar sein.
Die Gruppe der Auftrittskünstler versammelte sich ungezwungen um einen antiken Steinway Konzertflügel in der Mitte von Bells großem, länglich ausgedehnten Wohnzimmer, während die Kinder des ‘Young People’s’ Chores dekorativ entlang der kerzenerleuchteten Treppe saßen, die auf die Dachterrasse hinaufführt. Die herzerwärmenden Auftritte bezogen Sänger, Pianisten und sogar einen Harfenspieler mit ein, die sich alle abwechselten, um mit Bell zusammen zu musizieren, der humorvoll von der leichten Anspielung als einem der Sache innewohnenden Exhibitionismus spricht, der einen begnadeten Auftrittskünstler ein Leben lang begleitet:  “Er bemerkte bzgl. seiner Stellung im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit und der Tatsache, dass er bei jedem Stück mitmachte: letzten Endes”... handelt es sich ja schliesslich um mein Haus.”
 (Foto: Clint Spalding/Patrick McMullan.com)
Während mein Mantel an der Garderobe der bemerkenswerten Wohnung Bells im New Yorker ‘Flatiron’ Distrikt abgegeben wurde, konnte ich mir nicht verkneifen, seine persönliche Autogrammsammlung zu bewundern, die solche ikonenhaften Persönlichkeiten wie Albert Einstein beinhaltet, der zusammen mit Bronislaw Huberman, dem Begründer des ‘Palestine Symphony Orchestra’ und Vorgänger des ‘Israel Philharmonic Orchestra’ posiert. Huberman ist auch der frühere Besitzer der dreihundert Jahre alten Stradivarius, die Bell heutzutage spielt und liebevoll als seine teuerste und kostbarste Habe würdigt.
Heidi, die seit mehr als 10 Jahren als persönliche Assistentin von Bell tätig ist, gab eine Führung über die zwei Etagen und die Dachterrasse von Bells luxuriösem Penthouse, in dem er nunn auch schon ein Jahrzehnt, wenn er in New York ist,  lebt. Sie erklärt: Es ist vom großartigen amerikanischen Architekten Charles Rose entworfen und für solche Abende wie dem heutigen, im Sinn ausgelegt worden. Der Raum bietet Platz für ungefähr 150 Gäste.” Wie ich den sparsam dekorierten Medienraum auf der unteren Etage durchschritt, wo sich die  ‘Medici.tv’ Crew mit einem wilden Kabelgewirr niedergelassen hatte, erspähte ich eine weitere von Bells Obsessionen. Wenn er nicht gerade mit Auftritten beschäftigt ist, reist oder für Auftritte probt, ist Bell, der am 9. Dezember seinen 45-jährigen Geburtstag feiert, auch ein fanatischer Fan von ‘American Football’ und zeichnet jedes Spiel auf, um auch nicht nur ein einziges zu verpassen. Er ist besonders, zufolge Heidi,  ein eingeschworener Fan seiner Heimmannschaft: den ‘Indianapolis Colts’.
Fund-raiser Veranstaltungenund andere musikalische häusliche Abendveranstaltungen, die sowohl großartige Musik als auch kulinarische Köstlichkeiten einem gemischten Schwarm an Gästen, einschließlich von Prominenten, der Presse, Musikern, Freunden und Kollegen, anbieten, sind keine Seltenheit in Bells Heim.
 (Foto: Clint Spalding/Patrick McMullan.com)
Offensichtlich lässt dieser Grammy prämierte Künstler, der im Alter von vier Jahren begann, Geige zu spielen, nicht seine Liebe im Stich, auch jenseits der Vorhänge der Welt andere an seiner Musik teilhaben zu lassen, sondern hat er vielmehr den Hang, seine privaten Räumlichkeiten in seine eigene persönliche Spielstätte zu verwandeln, was an den Stil der großen Salons erinnert.
Bells Begeisterung für ein Erleben aus unmittelbarer Nähe bei der Herstellung und der Präsentation von Musik inmitten einer vertrauten Umgebung kleinerer Presentationen, um einen direkteren, intensiveren und vertraulicheren emotionalen Austausch zu erzielen, stellt einen derzeitigen Trend in der klassischen Musikwelt dar.
Selbst die ‘New York Philharmonic’ hat das Potenzial eines neuen Interesses an kleineren, eklektischeren Vorstellungen realisiert, indem es am New Yorker Downtown Veranstaltungsort SUBCULTURE, der sich dem Ansturm klassischer Musikveranstaltungen bei Downtown Musikdrehscheiben wie Le Poisson Rouge und Joe’s Pub angeschlossen hat, Konzerte plant. Veranstaltungen des ‘Classical Salon’ wie GetClassical werden ebenfalls in ästhetisch anspruchsvollen und dennoch herausragend ‘cool’ wirkenden Lounges des Downtown New Yorker Nachtlebens, wie der ‘Gramercy Park Hotel Rose Bar‘ besonders herausgestellt. Diese neuen Veranstaltungsorte bringen klassische Musik einem neuen Publikum nahe und steigern das Erleben durch den Faktor einer entspannten Umgebung; sie fügen ebenfalls die verlockende Aussicht hinzu, während eines Auftritts und nicht nur während der Pause ein Glas Wein genießen zu können. 
Foto: GetClassical - Salon in der Rose Bar, Gast: pianist Evgeny Kissin  (Alex Federov)
Das persönliche Element dieser neuen Darbietungen klassischer Musik ist etwas, das in der Luft liegt und das ohne Zweifel von dem charmanten Franzosen Hervé Boissière, dem Gründer von ‘Medici.tv’, aufgegriffen wurde und ihn und Joshua dazu inspirierte, diese Veranstaltung zu planen. Dieses Programm stellt die erste Übertragung von Bell durch ‘Medici.tv’ in New York dar und die erste Übertragung des Senders direkt aus einem Privathaus: “Zuvor hatte ich Joshuas Auftritte beim Verbier Festival und anderen internationalen Bühnen übertragen. Die Entscheidung, diese Idee nun in die Tat umzusetzen, wurde im Mai getroffen, als wir ihn das letzte Mal ausstrahlten, während er in Deutschland konzertierte, “sagt Hervé.
‘Medici.tv’ wurde im Jahre 2008 ins Leben gerufen, aber war bereits in Europa wohlbekannt, bevor es sich auch in Amerika einen Namen machte.  Das innovative ‘Medici.tv’ Team benutzt ferngesteuerte Kameras, um einen direkten Fokus auf die Auftretenden und eine Nahaufnahme der instrumentalen Details während der Live Übertragung zu ermöglichen. Indem es auf Abonnement Basis durch eine technologisch versierte Live Übertragung von Konzerten und eine vielfältige Video-Bibliothek auf Abruf eine weltweite Gemeinde von Musikliebhabern zusammenbringt, besitzt ‘Medici.tv‘ nun Amerikanische Universitäten als Kunden, einschließlich ‘Stanford’, dem ‘Massachusetts Institute of Technology’, ‘Columbia’, der ‘Juilliard School’ und der ‘Manhattan School of Music’.
(Facebook Foto) Hervé arbeitet eng mit seinen Teamkollegen zusammen, von denen die meisten, darunter der Produktionsverantwortliche, Teil seiner französischen Crew sind; sein Team besteht in der Regel vorwiegend aus Leuten vom französischen Personal von ‘Medici.tv’, selbst dann, wenn in den USA gedreht wird. Aber langsam ändern sich die Dinge: “Anfangs brachten wir die gesamte Mannschaft aus Frankreich rüber, aber in der Zwischenzeit waren wir auch in Zusammenarbeit tätig. Diesmal sind in Zusammenarbeit mit ‘WFYI Public Media’ fünf von den Crew Mitgliedern und Produzenten in Amerika beheimatet und wir brachten nur 10 Leute unserer ursprünglichen Gruppe mit.”
Die Gewährung öffentlichen Zugangs zur Nähe eines privaten Konzertauftritts, wie dem der “Musical Gifts” zu gewähren, erscheint als ein optimales Gegenmittel müder Publikumsmassen und ein magisches Anziehungsmittel für energetische Konzertbesucher.
Ilona Oltuski

Sunday, December 1, 2013

Konzert-Ankündigung mit einem Twist – die Interpretation des Pianisten Jonathan Levin von PR-trivial pursuits





“Er ist so vielseitig, er wird Ihren Rasen mähen,” verkündigt lobend diese ausgelassene Konzertankündigung, die von dem sehr talentierten Pianisten Jonathan Levin erstellt wurde, den ich, nachdem ich diese sah, unbedingt treffen musste. Bedauerlicherweise schaffte ich es nicht zu seinem “sehr bedeutenden Konzert,” aber machte mir auf dem Internet ein Bild von seinem Spielen und glaube wirklich, dass dieser Absolvent der ‘Manhattan School of Music’ mehr Aufmerksamkeit, als er, wie er behauptet, verdient bekommt.  

 

Obwohl er bisher der Entdeckung durch Record Labels und Management entkommen ist, hat er – über die ausgezeichnete Klavierkunst hinaus – etwas sehr Brauchbares zu bieten: Bescheidenheit und zurückhaltenden Humor, der ihn auf dem Boden der Tatsachen lässt, und er hat ein äußerst ungekünsteltes Auftreten, während er untentwegt seine Träume verfolgt: Und das ist das Klavierspielen, Komponieren, Unterrichten... und er produziert in seiner Heimatstadt Clayton in North Carolina ein Klavierfestival, das sich nun seiner dritten Saison nähert. Damit das Festival an Schwung gewinnt, hat er soeben einen Dokumentarfilm fertiggestellt, der Jonathans Vision und die Ziele des Festivals beschreibt: klassische Musik für jedes Publikum zugänglich und erfahrbar zu machen.

“Ich denke die meisten Leute, egal ob sie regelmäßige Konzertbesucher sind oder nicht, nähern sich klassischer Musik mit etwas, das eher einer Befürchtung ähnelt, erklärt Jonathan.” Es gibt ein Gefühl, dass sie etwas nicht verstehen oder sich unangenehm fehl am Platz fühlen. Mein Ziel ist es, ihnen ein bisschen die Angst zu nehmen und ihnen das Gefühl zu vermitteln, dass sie ‘mit dabei’ sind.”

Jeder der Auftritte des zweiwöchigen Piano-Festivals hat spezifische Themenstellungen und beinhaltet eine Erzählung der Auftretenden. Sie teilen ebenfalls ihre eigenen Gefühle über die Darbietung dieser Werke mit und beziehen dabei das Publikum mit ein, um so das ganze Gesamterlebnis zu verbessern.




“Es gibt keinen Druck, viel über Musik vorab wissen zu müssen… und das Publikum kann auf diesem Weg ein neues Lieblingsstück oder einen neuen Lieblingskomponisten entdecken. Live-Auftritte sind ein zentraler Bestandteil dieser Kunstform …das gemeinsame Erlebnis kann nicht anders als einfach magisch sein.”

 

Für weitere Informationen über das Clayton Piano Festival und Jonathan Levin