Friday, December 16, 2011

Gleicht eine hohe Platzierung in Wettbewerben einem auf “Nummer sicher gehen”?


Alexander Schimpf Photo:Balazs Borocz Pilvax Studio

Der Klavierabend in Carnegies Zankel Hall am 5. Dezember war Teil des ersten Mixon Preises, der dem Gewinner des diesjährigen Cleveland Wettbewerbs, dem sympathischen deutschen
Pianisten Alexander Schimpf, verliehen wurde. Im Alter von 29 Jahren war er
unter den Reiferen in der Runde von 28 Wettbewerbsteilnehmern.
Seine Repertoireauswahl, Beethovens Piano Konzert Nr.4, das einzige sich im Angebot
findende klassische Stück, mag dabei geholfen
haben, die Jury zu beeindrucken.

Es half ihm sicherlich dabei, mit den anderen drei Mitstreitern in der letzten Runde in Cleveland zu konkurrieren und brachte ihm den ersehnten Vorschuss bei den
Juroren wie auch hohes Lob bei den Kritikern ein.

In der Zankel Hall reichte Schimpfs genereller Ton von lobenswert bis schön, zeitweise in feiner,
filigraner Ausführung. Er meisterte sein vollständig deutsches Repertoire mit
all seinen Nuancen, von dem Insichgekehrtem bis zum Andächtigen, mit
verlässlichem Zutagetreten der inneren Stimmen.

Es war bei den ausdrucksvolleren Passagen, die eine größere dynamische Bandbreite erfordern,
wo es Schimpf an Klangqualität und Kraft fehlte.
Indem er es unterließ Momentum aufzubauen, als er sich dem Crescendo annäherte,
klang seine Darbringung entweder harsch, weil er zu plötzlich am Höhepunkt angelangte oder nicht kraftvoll
genug. Der ein wenig monotone Charakter seiner Programmauswahl half ihm dabei
nicht. Ich hätte ihn gern gefragt, ob es das Klavier gewesen sei, das es ihm schwer machte oder die Akustik des Konzertsaals, die ihm eine falsche Vorstellung davon vermittelte, wie seine Aufführung vom Publikum im Saal wahrgenommen wurde. Es erschien mir
fast so, als wolle er vielleicht einen Lehrer nicht enttäuschen, der ihn einst
dafür gerügt haben mag, zu laut und hämmernd in die Tasten zu greifen.

Seine ‘lauteren’ Passagen hätten voller sein müssen, freier und mit mehr Charisma gespielt
werden müssen – er schien sich zurückzunehmen –
vielleicht um auf “Nummer sicher zu gehen”?

Selbst im zeitgenössischen Stück “…und schon erglüht” das vom jungen deutschen Komponisten Adrian Sieber für ihn geschrieben
wurde, und auch dessen“Fantasie II”, schien
relativ wenig Aufbau der Dynamik zu sein. Zwar nicht total im Widerspruch mit den abrupten Modi des Stückes stehend, stellte dies
hingegen bei Schuberts Sonate in B Dur, D.960 ein fast unentschuldbares Zurückhalten dar, die ansonsten hätte recht verfeinert sein können.

Da der emotional ernste und sensible Umgang mit dem Klavier bei Herrn Schimpf
recht offensichtlich ist, besonders bei Bachs Englischen Suite Nr.3 und der glückseligen Bach - Zugabe, mag man sich
wundern, ob bestimmte Qualitäten, wie das ‘Auf Nummer Sicher Spielen’, bei
Wettbewerben generell unterstützt werden und bei den stressvollen Runden zur
Anwendung zu kommen. Gibt es etwa eine fehlverstandene Angst, nicht zu virtuos
zu klingen?

Man mag sich fragen, ob das Spielen und Gewinnen von Wettbewerben seinen ganz eigenen
Maßstäben folgt, welche scih ganz sicher von denen unterscheiden, die dann zur Anwendung
kommen, soll ein Publikum in Bann gezogen werden. Und was muss eine Jury hören,
wenn sie Wettbewerbsteilnehmer beurteilt, also etwas, was im Gegensatz zu einem
Konzert steht, das die Aufmerksamkeit des Publikums fesselt? Aber warum sollte sich das voneinander unterscheiden, wenn
es der letztendlichste Grund eines Pianisten ist, die Strapaze eines Wettbewerbs auf sich zu nehmen, um eine gute Reputation aufzubauen und die Aufmerksamkeit von Kritikern und der Öffentlichkeit auf sich zu ziehen, was wiederum zu neuen
Auftrittsgelegenheiten führt.

Es mag viele unterschiedliche Antworten auf diese Frage geben, die zum großen Teil davon
abhängig sind, wer seinen Standpunkt äußert. Es gibt auch Künstler, die sich weigern bei Wettbewerben zu spielen, trotz der Gelegenheiten, die diese an Sichtbarkeit darstellen mögen.

Was Herrn Schimpf betrifft, hat das Gewinnen einer der wichtigsten Wettbewerbe ihn in die Zankel
Hall gebracht, aber es wird ihm auch die Gelegenheit geben, weltweit 50
Konzerte zu spielen.Weitere Informationen zu Schimpf
findet man hier: http://www.alexander-schimpf.de/main_en.html

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